Betriebsrente auf die smarte Art
Neben alternativen Kapitalanlagen kommt es für die institutionellen Anbieter der bAV auch auf effiziente digitale Verwaltung der Prozesse, Verträge und Ausrichtung künftiger Geschäftsmodelle an. Da tut sich endlich was im Markt.
Die Basis jedes digitalen bAV-Projekts ist die Automatisierung der Datenverarbeitung. Dabei geht es um beträchtliche Potenziale, sind doch mit den Produktgebern, dem Arbeitgeber, den Arbeitnehmern und den bAV-Beratern vier Partner zu einer meist komplexen arbeitsrechtlichen Zusage im Boot. Jeder erfolgreiche Schritt bei der Digitalisierung bringt Schnelligkeits- und Effizienzvorteile. Der Makler und bAV-Berater Aon Hewitt sieht noch einen weiten Weg bis zur neuen digitalen bAV-Welt. Derzeit umfasst die Digitalisierung drei Bereiche: die elektronische Verwaltung, die organisatorischen Prozesse, die Abläufe des bAV-Geschäfts ändern und drittens darauf aufbauend künftige neue Geschäftsmodelle. „Derzeit beschäftigt uns vor allem der zweite Punkt, die Verbesserung der digitalen Organisation, um wirtschaftlicher und kostensparender zu arbeiten“, sagt Aon-Geschäftsführer Fred Marchlewski. Um das zu erreichen, hätten vor allem die Versicherer als wichtigster Produktgeber der bAV sowie Pensionskassen, U-Kassen, Pensionsfonds und Fondsgesellschaften eigene Erwartungen formuliert. Viele bAV-Anbieter sind von einem Datenaustausch in Echtzeit noch weit entfernt, ergänzt Aon-Partner und bAV-Experte Thorsten Teichmann. Doch der analog kaum noch zu bewältigende Aufwand, etwa in den Personalabteilungen, führte bereits zur Implementierung von Schnittstellen, die sicherstellen, dass die richtigen Daten an den jeweiligen Stakeholder gehen und das alles unter Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen, so Teichmann.
Höhere Informationsbedürfnisse melden auch die Mitarbeiter an. „Die Möglichkeit eines digitalen Mitarbeiterportals über das Firmen-Intranet ist mittlerweile Standard und auch die Nutzung mobiler Endgeräte hierfür wird immer öfter gefordert“, so Teichmann. „Eine digitale bAV-Akte bei einem professionellen Anbieter führt zur Entlastung des HR-Bereichs und sorgt für Transparenz, Schnelligkeit und Nachhaltigkeit“, sagt der Experte.
Info per Firmen-Intranet ist Standard
Anbieter wie die E-Vorsorge Systems GmbH, die XbAV AG oder Smart-bAV der Smart-Cloud-Services AG sieht Teichmann als „notwendige Treiber, die das digitale Geschäftsmodell voranbringen“. Beispiel XbAV, wo „alle Produktanbieter angebunden werden können und daran partizipieren“, wie CEO Martin Bockelmann verspricht. Die Plattform sei unabhängig und werde im Software-as-a-Service-Modell betrieben. Sie helfe dabei, Arbeitgeber zu gewinnen, Arbeitnehmer zu beraten und Neuverträge digital abzuschließen. Zusätzlich sollen alle Bestandsverträge zentral und digital verwaltet werden können.
Das hört sich technisch an und ist es auch. Technologisch geht es um die Bündelung von mehreren Kernfunktionen, wie die Studie „Digitalisierung in der bAV-Administration 2019“ des bAV-Dienstleisters Willis Towers Watson (WTW) zeigt, der die bAV-Verwaltung von rund 300 Firmen mit 1,5 Millionen Begünstigten betreut und zudem auch einen überbetrieblichen Pensionsfonds betreibt. Die Befragung von 54 Firmen ergab, dass ein Drittel bis zu 30 Prozent seiner Administrationsbudgets für Digitalisierungsprojekte verwendet (2018: ein Fünftel).
Die Studie offenbart vier Kernfunktionen innerhalb der bAV-Geschäftsprozesse, die in bisher nicht gekannter Weise von der Digitalisierung verändert würden:
– Die Kommunikation mit Anwärtern und Leistungsempfängern wird digital.
– Die Projektion wird zunehmend digital. Laut WTW erfolgt die elektronische Simulation der bAV-Ansprüche in 35 Prozent der befragten Firmen digital und bei 43 Prozent noch nicht. Eine elektronische Gesamtfinanzplanung der Altersvorsorge wird nur von 15 Prozent der Firmen digital unterstützt.
– Das Reporting für Auswertungen und bei Standardreports erfolgt laut Studie zu 49 Prozent digital, bei Adhoc-Abfragen und Prognosen zu 41 Prozent.
– Zur Administration verwenden 49 Prozent der Befragten automatisierte bAV-Schnittstellen und 41 Prozent bieten bereits automatisierte bAV-Prozesse, etwa zur Ermittlung von Rentenansprüchen.
Mehr als vier Fünftel erwarten für die Zukunft eine noch stärkere Automatisierung der Administrationsplattformen. Aber auch die Erwartungen ihrer Mitarbeiter im Hinblick auf Self-Service, Verständlichkeit und intuitive Bedienbarkeit der entsprechenden Plattformen spielen bei den geplanten Investitionen eine wesentliche Rolle. „Firmen ziehen die längst überfällige Modernisierung der bAV-Verwaltung nach“, berichtet Michael Paulweber, Leiter Technology and Administration Solutions bei WTW. Insgesamt sei der Digitalisierungsgrad der bAV-Administration aber noch niedrig. „Das hängt neben der Budgetsituation wesentlich von der jeweiligen bAV-Landschaft im Unternehmen ab“, so Paulweber. „Wir alle sind es gewohnt, im Online-Shopping schnell und unkompliziert Produkte zu vergleichen und Kaufentscheidungen umgehend zu treffen und zu übermitteln“, erinnerte der Experte. Die bAV-Kommunikation könne mit diesen Standards bislang nicht mithalten. Derzeit kommuniziere nicht einmal die Hälfte der Firmen (48 Prozent) digital mit bAV-Anwärtern und nur 17 Prozent mit Leistungsbeziehern. WTW sagt aber einen regelrechten Digitalisierungsschub der bAV-Administration voraus.
Berater scheuen noch Portallösungen
Auf der Beraterseite entfallen zwar über 30 Prozent des aktuellen Geschäftsumsatzes auf die bAV, doch digitale Beratungs- und Verwaltungsportale stehen bei den Vermittlern noch nicht im Fokus, ergab kürzlich die Studie „Trends IV/2019“ der BBG Betriebsberatung. 30 Prozent der Befragten kennen keine Portallösungen für das bAV-Geschäft und lediglich 38 Prozent setzen überhaupt ein bAV-Verwaltungsportal ein. Bei vielen regieren offenbar immer noch Zettelwirtschaft und Postverkehr.
Den größten Bekanntheitsgrad hat der Münchener Technologieanbieter XbAV, den 75 Prozent der Befragten der BBG-Studie kennen, gefolgt vom Anbieter Firmen-Online der Allianz (51 Prozent) sowie E-Pension (21 Prozent), E-Vorsorge (19 Prozent) und Smart-bAV (15 Prozent). Relevant in Sachen Nutzung sind allerdings nur die ersten beiden Portale: 57 Prozent nutzen XbAV als Portallösung und 54 Prozent Firmen-Online. Alle sonstigen Portallösungen landen unter zehn Prozent.
Anbieter setzen auf End-to-End-Lösung ohne Systembruch
„Digitalisierung kann das Werkzeug für eine hohe bAV-Verbreitung und mehr Kosteneffizienz sein“, sagt Martin Bockelmann. Der Vorstandschef von XbAV arbeitete lange als bAV-Makler und gründete 2007 wegen der immer aufwendigeren Administration die Firma. Technologieanbieter müssten alle Beteiligten vernetzen zu einer End-to-End-Lösung – ohne Systembrüche und aus einem Guss. Neben maximalem Datenschutz und maximaler Sicherheit erwarten Institutionelle gut verständliche Oberflächen und Benutzerführung für ihre Kunden und im eigenen Bestandsführungssystem.
Und wie kommt die neue digitale Welt bei der traditionell konservativen Vorsorgebranche an? Mehr als 30 bAV-Produktanbieter nutzen bereits mindestens ein Modul der digitalen Plattform-Lösung von XbAV, darunter HDI, Nürnberger, WWK, Ergo oder Signal Iduna. „Die institutionellen Kunden sparen durch automatisierte Prozesse viel Zeit und Geld, steigern ihr Neugeschäft und profitieren vom positiven Netzwerkeffekt“, weiß Bockelmann. Wie hoch die Gewinne ausfallen, hängt vom Einzelfall ab. Daneben stehe der Kompetenzausweis für die Institutionellen, wenn Arbeitgeber plötzlich kaum noch Administrationsaufwand haben. Beispiel Ergo: Das Tool „bAVnet“ ermöglicht Arbeitgebern, zu bAV-Gruppenversicherungsverträgen der Ergo Vorsorge Leben in wenigen Klicks alle Verträge und Bearbeitungsstände einzusehen, Namen, Adressen und Beiträge zu ändern, entgeltfreie Zeiten, Krankheiten oder Elternzeit zu melden. „Das spart viel Zeit und Geld“, so Wilhelm Leers, Projektleiter im Produktmanagement bAV der Ergo.
Ähnliche Effekte beschreibt René Wördemann, Abteilungsleiter Produktmanagement Leben der Signal Iduna. Der Versicherer nutzt „bAVnet“ von XbAV seit zwei Jahren. „Zuvor waren für die typischen Änderung von Vertragsdaten mehrere Schritte notwendig.“ Der Arbeitgeber habe entweder angerufen oder eine E-Mail geschickt, jetzt gingen Änderungen per Knopfdruck. Nicht zu vergessen: „Kunden schätzen die komplett digitale Beratung, inklusive Abschluss und digitaler Unterschrift“, so Wördemann. Insbesondere die virtuellen Darstellungen zur Gehaltsabrechnung kämen sehr gut an und überzeugten Arbeitnehmer leichter von der bAV. Immer mehr Produktanbieter erkennen, dass sie mit einer digitalen bAV nicht nur Effizienzgewinne erzielen, sondern auch ihr Neugeschäft kräftig ankurbeln können. „Den nächsten Meilenstein haben wir erreicht, wenn das Meldewesen in der bAV zwischen Arbeitgebern und Produktanbietern so automatisiert läuft, wie wir das vom Meldewesen zwischen Firmen und Sozialversicherungen kennen“, blickt Bockelmann voraus
Autoren: Detlef PohlSchlagworte: Digitalisierung | Pensionsfonds/CTA | Pensionskassen
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