Altersvorsorgesysteme durch Zunahme privater Märkte herausgefordert
Anzahl börsennotierter Unternehmen sinkt stark. Studie des CFA Institute identifiziert vier Handlungsfelder.
Das CFA Institute stellt in seiner Untersuchung ausgewählter europäischer Altersvorsorgesysteme fest, dass die sinkende Marktkapitalisierung börsengelisteter Unternehmen Altersvorsorgeeinrichtungen zunehmend vor große Herausforderungen stellt. Ausgangspunkt ist dabei die Entwicklung, dass laut Zahlen der Weltbank die Zahl börsennotierter Unternehmen in Deutschland in den Jahren 2007 bis 2018 von 761 auf 465 um fast 40 Prozent gesunken ist. Dies entspricht einem Rückgang von 61,5 Prozent auf 44,5 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt. Außerbörsliche Finanzierungen (inklusive Private Equity) haben sich dagegen in diesem Zeitraum verfünffacht, schätzt die Studie.
Speziell im Fokus standen dabei Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge, die zusammen mit der privaten Altersvorsorge rund 25 Prozent des gesamten Beitragsaufkommens ausmachen. Die Deckungsmittel der bAV umfassen circa 613 Milliarden Euro, wichtigste Durchführungswege sind dabei Direktzusage mit ungefähr 49,5 Prozent und Pensionskassen mit 27,5 Prozent. Defined-Contribution-Schemes (DC-Schemes), die international auf dem Vormarsch sind, machen auch nach Einführung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes nur einen sehr kleinen Marktanteil aus.
Fokus auf Kosten und Transparenz
In Deutschland seien Private Assets etwa über die Nutzung von privaten Private-Equity- und Infrastrukturfonds vergleichsweise gut in institutionellen Portfolios verankert. Als Grund nennt das CFA Institute die regulatorische Ausgestaltung, welche die Schonung von Solvenzkapital erlaubt. Dennoch seien Verbesserungen speziell auf vier Handlungsfeldern möglich. Zum einen könnten die Kosten zunehmend in den Blick geraten, speziell die von Verwaltung, Vertrieb und Garantien. Bezüglich des Anlageuniversums erlaube die deutsche Regulatorik bereits eine recht breite Abdeckung an Asset-Klassen, allerdings würden sich durch bei einer Ersetzung von Garantiemodellen durch beitragsorientierte Systeme weitere Spielräume eröffnen. Zudem solle die Transparenz hinsichtlich Kosten, Gebühren und Leistungen erhöht werden, um die Einbindung in Altersvorsorgesysteme zu erleichtern. Schließlich stellt das CFA Institute fest, dass ein Pooling kleinerer Anbieter notwendig sein könnte, um eine gewisse Größe zu erreichen.
Sviatoslav Rosov, CFA, Studienautor und Direktor Kapitalmarktpolitik EMEA des CFA Institute kommentiert: „DC-Programme und deren Investitionen in private Märkte sind angesichts der Herausforderungen der Rentensysteme aktuelle Themen. Allerdings müssen insbesondere Liquiditätsaspekte und Gebührenstrukturen, die für hochregulierte Pensionssysteme von Bedeutung sind, genauer durchleuchtet werden.“
Peter Nies, CFA, Arbeitsgruppe Altersvorsorge der CFA Society Germany sagt dazu: „Die Abhängigkeit von staatlichen Rentenleistungen liegt in Deutschland fast 15 Prozentpunkte über dem OECD-Mittel. Die gesetzliche Rente muss immer mehr durch die betriebliche und private Altersvorsorge ergänzt werden. Dabei gewinnen beitragsorientierte Systeme in der bAV an Bedeutung. Ein Blick über den Tellerrand ist wichtig, um Anregungen für Gestaltungsoptionen in der Altersversorgung aus dem Ausland zu gewinnen.“
Autoren: Tim BüttnerSchlagworte: Betriebliche Altersversorgung (bAV) | private Altersvorsorge | Private Debt | Private Equity | Zielrente / Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG)
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