Klimarisiken bei Büroimmobilien nicht berücksichtigt
AEW: Transitionsrisiko langfristig größeres Problem als physische Risiken. Auswirkungen auf Preisgestaltung.
Der Immobilienmanager AEW hat mittels Daten und Modelle der Münchener Rück sowie des Carbon Risk Real Estate Monitor (CRREM) die Auswirkungen von Klimarisiken auf europäische Büroimmobilien untersucht. Zentrale Erkenntnis ist, dass Klimarisiken von Marktteilnehmern noch immer nicht eingepreist werden. Dabei legte AEW einen besonderen Fokus auf Transitionsrisiken, die gegenüber physischen Risiken zuletzt einen geringeren Stellenwert in der öffentlichen Wahrnehmung eingenommen hätten. Diese könnten jedoch langfristig die größeren Auswirkungen entfalten, so AEW. Konkret kommt AEW zu dem Ergebnis, dass Gebäude in mehreren Sektoren in Europa voraussichtlich gegen künftig strengere Emissionsintensitäts- und Energieverbrauchstandards verstoßen werden, die zur Einhaltung des Zwei-Grad-Ziels bis 2100 notwendig sind. Investoren liefen weit vor 2100 Gefahr, aufgrund einer rückläufigen Nachfrage und gesetzlichen Standards die Gebäude nicht mehr verkauft oder vermietet werden können. AEW stellt fest, dass auch im Falle verzögerter gesetzlicher Verschärfungen das Risiko von sogenannten gestrandeten Vermögenswerte bestünde, wenn nämlich Investoren und Mieter unabhängig von der Gesetzeslage in Übereinstimmung mit den Pariser Klimaverträgen handeln. Auf Länder und Sektoren bezogen stellt AEW fest, dass Frankreich und die nordischen Länder vergleichsweise gut positioniert sind, während Polen, Tschechien und das Baltikum hinterherhinkten. Hotels und Büros hätten zudem eine größeren CO2-Fußabdruck als Wohn- und Logistikimmobilien.
Aktuelle Gebäudezertifizierungen unzureichend
Aktuell bestehende grüne Gebäudezertifizierungen sind dabei kein ausreichender Schutz gegen diese Risiken, da sie die Emissionen zu gering berücksichtigen, so AEW. Das voraussichtliche Umdenken seitens des Gesetzgebers hin zu einer weiteren Reduzierung der Treibhausgasemissionen könne zu einem geringeren Interesse von Investoren für grüne Prämien auf hoch zertifizierte Gebäude führen. Stattdessen läge der Fokus zunehmend auf Klimarisikoprämien und der für alle Gebäude erforderlichen Renditen.
Hans Vrensen, Managing Director, Head of Research & Strategy bei AEW kommentiert die Ergebnisse der Studie wie folgt: „Die jüngsten Schlagzeilen zu Überschwemmungen in Folge von Stürmen und den Buschbränden in Australien haben die Aufmerksamkeit der Medien, Investoren, Behörden und der Öffentlichkeit auf die Themen Umwelt, Soziales und die Frage einer guten Unternehmensführung gelenkt. Im Rahmen unserer Analyse wird das Risiko deutlich, dass sich Immobilien angesichts steigender Versicherungs- und Anpassungskosten bereits kurzfristig nicht mehr verkaufen oder vermieten lassen. Jedoch könnte langfristig gesehen ein Verstoß gegen künftige Energieziele und Ziele bei der Reduktion der Treibhausgasintensität einen noch größeren Einfluss haben, auch wenn wir damit rechnen, dass diese Ziele auf nationaler Ebene erst mit einer gewissen Verzögerung angewandt und durchgesetzt werden. Die Tatsache, dass Investoren dieses Risiko bei Akquisitionen derzeit nicht vollständig berücksichtigen, könnte in Zukunft interessante Auswirkungen auf die Preisgestaltung haben. Die Branche wird dabei von speziell für den Immobilienmarkt entworfenen Analyse-Tools profitieren, mit denen sich eine präzisere Bepreisung von Gebäuden, die zukünftige Einhaltung strengerer Regeln und eine bessere Anpassung an den Klimawandel sicherstellen lässt.“
Autoren: Tim BüttnerSchlagworte: Büro | Immobilien | Klimawandel | Nachhaltigkeit/ESG-konformes Investieren
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