Pension Management
25. Januar 2019

Zurück in die Zukunft

Was in Chile nach 37 Jahren aus dem rein kapitalgedeckten System der Rentenversicherung geworden ist, kann aus Sicht der Bürger nur als ein Beispiel dafür dienen, wie man es nicht machen soll. Allerdings gehört der Pensionsmarkt in Chile zu den am schnellsten wachsenden Märkten weltweit.

Nach Schätzungen der Privatbank Berenberg wird die durchschnittliche staatliche Pro-Kopf-Renten-Zahlung in der EU und den USA in den kommenden Jahrzehnten um circa 30 Prozent sinken. Dafür sorge der demografische Wandel, die Zahl der über 65-Jährigen werde in den kommenden zwei Jahrzehnten in Europa um 49 Prozent ansteigen, schreibt das Investmenthaus in einer Pressemitteilung. Das wiederum mache deutlich höhere Einsparungen durch die Verbraucher notwendig, die in der Konsequenz privat mehr für ihre Rente vorsorgen müssten, so die Schlussfolgerung.

Das umlagefinanzierte System der gesetzlichen Rente in Deutschland steht immer wieder in der Kritik – doch ein Blick nach Chile zeigt, dass auch das kapitalgedeckte Verfahren keine Garantie für eine gute Rente im Alter bietet. Denn Chile setzt schon seit 1981, also seit 37 Jahren, auf eine komplett individualisierte, ausschließlich kapitalgedeckte Altersvorsorge (Eine Ausnahme bilden Militär und Polizei, die ein umlagefinanziertes System haben, das auskömmliche Pensionen bietet). Doch die ausgezahlten Renten sind niedrig.

Von den aktuell rund 18 Millionen Chilenen zahlen circa zehn Millionen in ein privates, kapitalgedecktes System ein – rund zehn Prozent ihres Gehalts. Die Beiträge werden vom Arbeitgeber abgeführt und über Verwaltungsgesellschaften in fünf verschiedenen Investmentfonds angelegt. Für die Arbeitnehmer sind die Beiträge verpflichtend, erst seit einigen Jahren zahlen auch Selbstständige (circa 25 Prozent der Beschäftigten) in das System ein. Doch die den Einzahlern aus ihren Beiträgen erwachsenden Renten liegen oft kaum über dem gesetzlichen Mindestlohn. Wie die New York Times berichtet, lag die durchschnittliche Rente im Jahr 2016 bei circa 315 US-Dollar. Für die Chilenen bedeutet das, dass die ihnen ausgezahlte Rente in der Regel nur 34 Prozent ihres Arbeitseinkommens kurz vor der Pensionierung ausmacht. Im Jahr 2008 wurde eine steuerfinanzierte, so genannte „Solidarische Rente“ eingeführt, die Personen auffangen soll, die aufgrund von Fehlzeiten nicht genug Rente aus dem kapitalgedeckten System erhalten. Doch die lag laut New York Times 2016 bei nur 140 US-Dollar und reicht im Chile mit hohen Verbraucherpreisen auch nicht zum Leben.

Protest gegen die Verwaltungsgesellschaften

Dass solche Ergebnisse zu wenig sind, finden viele. So gibt es seit Jahren massive Proteste der Bevölkerung gegen das chilenische Rentensystem. In 2016 und 2017 kam es zu Massendemonstrationen auf den Straßen der Hauptstadt Santiago. Unter dem Motto: No+AFP (AFP steht für Administradoras de Fondos de Pensiones, das sind die sechs Gesellschaften, die das Pensionsaufkommen der Bürger verwalten) versammelten sich Hundertausende immer wieder zu Protestaktionen und Demonstrationen. Denn vielen Rentnern erlaubt es die erzielte Rente nicht, sich zur Ruhe zu setzen. Sie gehen weiter arbeiten oder verdingen sich in Gelegenheitsjobs. Die Wut der Chilenen richtet sich vor allem gegen die privaten AFPs, sie werfen ihnen vor, zu hohe Gebühren zu kassieren und mit ihrem Geld nicht gut zu wirtschaften. Die Vorwürfe aus der Bevölkerung erzählen von Betrug und Korruption, denn Chile ist ein Land, dass von Korruptionsskandalen immer wieder geschüttelt wird. Der Verband der AFPs (Asociación de Administradoras de Fondos de Pensiones) wendet sich gegen die Vorwürfe. In 2016 erklärte ihr damaliger Präsident, Rodrigo Perez, gegenüber der New York Times, die AFP hätten niemals Geld verloren, gestohlen oder seien Pleite gegangen. Doch beim National Center for Alternative Development Studies (Centro de Estudios Nacionales de Desarollo Alternativo – Cenda) heisst es in dem Artikel, das von den AFPs eingesammelte Geld sei doppelt so viel wie die ausgezahlten Renten. Ein Punkt für ein umlagefinanziertes System?

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