WTW: Pensionswerke trotzen Corona und Niedrigzinsen
Pensionsverpflichtungen sinken um 1,8 Prozent. Diskontierungszinssatz bei 0,80 Prozent.
Die Pensionsverpflichtungen der Dax-Unternehmen sind 2020 um 1,8 Prozent auf 409 Milliarden Euro gesunken (2019: 416 Mrd. Euro). Der Ausfinanzierungsgrad blieb mit 65 Prozent nahezu stabil. Zu diesem Ergebnis kommt das Beratungshaus Willis Towers Watson in einer Untersuchung der Geschäftsberichte der Dax-30-Unternehmen zum 31.12.2020. Auch die Pensionsvermögen liegen niedriger als im Vorjahr: Sie sanken um 3,9 Prozent auf 266 Milliarden Euro (2019: 277 Milliarden Euro). Dies ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass Unternehmen mit hohen Pensionsverpflichtungen und -vermögen wie die Lufthansa den Dax verlassen haben, während Unternehmen mit geringeren Pensionsverpflichtungen und -vermögen (Delivery Hero und Deutsche Wohnen) nachrückten. Hierdurch wurden Effekte, die aus den Rahmenbedingungen an den Kapitalmärkten beeinflusst wurden, überkompensiert: Der noch weiter gesunkene Diskontierungszinssatz (0,80 Prozent; -31 Basispunkte) ließ den Umfang der Pensionsverpflichtungen weiter ansteigen, während gute Erträge (eine durchschnittliche Rendite von 3,8 Prozent) die Pensionsvermögen vergrößerten. Der spezifische Ausfinanzierungsgrad blieb dennoch nahezu stabil. Er sank 2020 im Vergleich zum Vorjahr um einen Prozentpunkt auf 65 Prozent. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „Dax-Pensionswerke 2020“ der Unternehmensberatung Willis Towers Watson. „Angesichts eines von der Corona-Krise deutlich geprägten volatilen Aktienjahres sowie des verschärften Zinsdrucks hätte man durchaus einen stärkeren Rückgang des Ausfinanzierungsgrads erwarten können“, sagt Dr. Heinke Conrads, Leiterin Retirement Deutschland und Österreich bei Willis Towers Watson.
„Tatsächlich wurden die Pensionswerke aber sehr stabil gemanagt“, so Conrads. „Dies bestätigt den Erfahrungswert, dass viele große Unternehmen ihre Pensionswerke wetterfest aufgestellt haben und klug managen, so dass sie auch bei schwierigeren externen Rahmenbedingungen stabil laufen. Dass die Pensionsverpflichtungen und auch Pensionsvermögen 2020 in Summe niedriger sind als 2019 ist im Wesentlichen auf die Änderungen im Index zurückzuführen.“ Die Pensionsvermögen der Dax-30-Unternehmen sind im Jahr 2020 um etwa vier Prozent gesunken, was vor allem der geänderten Indexzusammensetzung (Lufthansa) liegt. „Gleichzeitig haben die Dax-Unternehmen insgesamt höhere Dotierungen vorgenommen als im Jahr zuvor: Das ist ein klares Bekenntnis der Unternehmen zur betrieblichen Altersvorsorge“, so Conrads. Gemäß der bisher vorliegenden Geschäftsberichte im Dax 30 wurden insgesamt 7,8 Milliarden Euro den Pensionsvermögen zugeführt (Vorjahr: 7,6 Milliarden Euro).
Erträge auf Pensionsvermögen bei 9,9 Milliarden Euro
Nachdem an den Aktienmärkten zu Beginn der Corona-Krise deutliche Kursverluste in Höhe von etwa 30 Prozent zu verzeichnen waren, erholten sich die Kurse auf Basis der umfangreichen fiskalischen und geldpolitischen Veränderungen rasch wieder, so dass das Kalenderjahr mit leichten Kursgewinnen zu Ende ging. Dies schlägt sich auch in den Erträgen auf die Pensionsvermögen nieder, die 9,9 Milliarden Euro betrugen. Dies ist weniger als im Vorjahr (30,2 Milliarden Euro), was aber mit Blick auf das gute Aktienjahr 2019, in dem zudem Erträge auf wesentlich höhere Pensionsvermögen erwirtschaftet wurden, nicht erstaunt. Tatsächlich konnten die Dax-Unternehmen ihre eigene Renditeerwartung für ihre Pensionsvermögen 2020 (3,4 Milliarden Euro) deutlich übertreffen.
Aktuell setzen die Dax-Unternehmen im Median einen Rechnungszins von 0,80 Prozent. Das sind 31 Basispunkte weniger als im Vorjahr (2019: 1,11 Prozent). Eine Zinswende ist angesichts der Kapitalmarkt-Stützungsmaßnahmen der Notenbanken vorerst nicht zu erwarten. „Kurz zusammengefasst bedeutet das: Auskömmliche Renditen für die bAV lassen sich mit den herkömmlichen Garantiemodellen nicht mehr erzielen“, sagt Hanne Borst, Leiterin Actuarial Consulting bei Willis Towers Watson. „Das Sozialpartnermodell ist eine mögliche Alternative. Zudem erarbeiten Versicherer und Unternehmen neue Modelle, die reduzierte Garantien und damit höhere Renditechancen beinhalten.“
Vor allem ältere Beschäftigte favorisieren Garantien
Allerdings bevorzugen zwei Drittel aller Mitarbeiter (66 Prozent) Garantien in der bAV gegenüber hohen Ertragschancen. Borst sagt dazu: „Im aktuellen Zinsumfeld lassen sich mit den herkömmlichen Garantiemodellen garantiert nur niedrige Erträge erwirtschaften. Es gilt also, Mitarbeitern das Für und Wider von Garantiemodellen nahezubringen, damit sie gute Entscheidungen für ihre Altersvorsorge treffen können. Hier besteht noch viel Handlungsbedarf.“ Immerhin: Jüngere Mitarbeiter sind offener für eine neue Balance von Sicherheit und Renditechancen. Von den unter 25-Jährigen, die im Niedrigzinsumfeld großgeworden sind, präferiert nur die Hälfte (51 Prozent) Garantien, während es bei den über 55-Jährigen, die auf eine lange Hochzinsphase zurückblicken, 74 Prozent sind, wie der Global Benefits Attitudes Survey von Willis Towers Watson zeigt.
Die Studie „Dax-Pensionswerke 2020“ basiert auf den Geschäftsberichten der Dax-Unternehmen, einschließlich der Anhangsangaben zu den Pensionsverpflichtungen sowie weiterer öffentlich zugänglicher Daten. Per 23. März 2021 hatten 27 Indexmitglieder ihre Zahlen für das Geschäftsjahr 2020 vorgelegt. Bei Delivery Hero, Eon und Deutsche Wohnen, deren aktuelle Daten noch nicht veröffentlicht sind, hat Willis Towers Watson die Vorjahreswerte berücksichtigt und damit Hochrechnungen durchgeführt. Die der Auswertung zugrunde liegende WTW-Datenbank ermöglicht Vergleiche bis ins Jahr 1999.
Autoren: Daniela EnglertSchlagworte: Betriebliche Altersversorgung (bAV) | Pensionsfonds/CTA
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