Awards
24. November 2023

„Wir sind zukünftig risikoärmer ausgerichtet“

Marcus Wilhelm blickt zurück auf den Gewinn des portfolio institutionell Awards 2023 in der Kategorie „Bester Pensionsfonds/CTA“. Im Interview veranschaulicht der Chairman of the Board des Airbus Pension Trust, wie sein Team auch vom Zinsanstieg profitiert.

Herr Wilhelm, der Airbus Pension Trust e.V. hat in diesem Jahr zum ersten Mal an den Awards von portfolio institutionell teilgenommen und als Pensionstreuhandmodell auf Anhieb in der Kategorie „Bester Pensionsfonds/CTA“ gewonnen. Wenn Sie heute auf die Bewerbungsphase zurückblicken: Wie groß war der zeitliche Aufwand für Sie und Ihr Team, was das Ausfüllen des obligatorischen Fragebogens betrifft?

Marcus Wilhelm: Der Arbeitsaufwand konnte überschaubar gehalten werden, da wir auf zahlreiche ­vorhandene Dokumente und Beschreibungen aus unserer Governance- und Prozessdokumentation zurückgreifen konnten. Umgekehrt können wir die Antworten zum Fragebogen auch intern verwenden, beispielsweise für unsere Treasury-Kollegen.

Der Airbus Pension Trust e.V. ist Treu­händer von rund 62.000 Versorgungs­ansprüchen in der Direktzusage. Das ­Thema „Betriebsrente“ ist von wachsender Bedeutung für Berufstätige. Es ist aber auch komplex und erklärungsbedürftig. Wo setzt der Airbus Pension Trust e.V. in diesem Spannungsfeld mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Schwerpunkte?

Die betriebliche Altersvorsorge ist neben dem Entgelt die wichtigste Leistung, die ­unsere Beschäftigten von Airbus beziehen. Alle neu eintretenden Mitarbeiter werden daher im Rahmen der Airbus-Onboarding-Veranstaltungen über den Airbus Pensions Plan informiert. Weitere aktive Informa­tionskanäle sind Betriebsversammlungen ­sowie jährliche Informationen über den ­jeweils erreichten Anspruch.
Darüber hinaus bietet das Airbus-Vorsorgeportal mit seiner 24/7 Erreichbarkeit allen Beschäftigten die Möglichkeit, sich zu jeder Zeit umfassend über Themen der betrieb­lichen Altersversorgung strukturiert zu ­informieren. Fragen, die das Portal nicht zufrieden­stellend beantwortet, können vom Mitarbeiter bequem über ein Kontakt­formular an Pension Services beziehungsweise unsere Hotline adressiert werden.

Ein Sieg bei den Awards von portfolio institutionell ist für alle Preisträger etwas Besonderes und kann auch in der internen Kommunikation genutzt werden. So kann man den Menschen vor Augen führen, dass man nicht nur in der Luft- und Raumfahrt, sondern auch in der Betriebsrente erfolgreich operiert. Aber hat allein schon das Ausfüllen des Fragebogens einen Nutzen für ­Ihre Organisation und Ihr Team bewirkt?

Das Ausfüllen des Fragebogens ist eine gute Gelegenheit, sich Gedanken über die gegenwärtige Ausrichtung und die Strategie vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Situation zu machen. Die Teilnahme an dem Wettbewerb regt auch dazu an, sich mit ähnlichen Unternehmen zu vergleichen und zu schauen, ob es noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt.
Darüber hinaus ist der Sieg natürlich eine Vorlage, die sich in der internen Kommunikation gut nutzen lässt: Die bAV ist ­komplex, und für Kollegen ist es daher kaum möglich die Qualität unserer Tätigkeit zu beurteilen.

Welche Philosophie liegt der Kapitalanlage Ihres Pensionstreuhandmodells zugrunde und wie groß ist das Anlagevermögen?

Unsere langfristige Pensionsstrategie zielt darauf ab, einen Ausfinanzierungsgrad von über 90 Prozent durch eine Kombination aus Asset Performance, Zuführungen – welche abhängig sind von operativen KPIs der Träger – und dem Rückgang der Pensionsverpflichtungen aufgrund steigender Zinsen zu erreichen. Unsere Kapitalanlage­philosophie basiert auf einer soliden und klaren Governance sowie einem strukturierten, fundamentalen Top-Down-Ansatz.
Die kurzen Entscheidungswege innerhalb unserer Governance-Struktur ermöglichen uns eine zeitnahe Umsetzung unserer  Entscheidungen. Unser strukturierter, fundamentaler Top-Down-Ansatz erlaubt uns, gute und risikokontrollierte taktische Asset-Allokationsentscheidungen zu treffen.
Zum Stand Ende September 2023 beträgt unser Anlagevermögen 7,2 Milliarden Euro in CTA und U-Kasse. Demgegenüber ­stehen Zahlungsverpflichtungen der Anspruchsberechtigten in Höhe von 8,5 Milliarden Euro.

Beim Airbus-CTA kommt ein von der Verbindlichkeitsseite getriebenes Kapitalanlagekonzept zum Einsatz. Wie unterscheidet sich das dafür aufgesetzte Teilportfolio von den anderen Kapitalanlagen, die vermutlich mehr Risiken tragen können?

Unsere Anlagestrategie ist nun stärker auf die Verbindlichkeiten ausgerichtet, wir ­verfolgen hier nun eine Liability-Driven Investment-Strategie (LDI). Im Anschluss an unsere letzte ALM-Studie Ende 2022 haben wir den Anteil sowie die Duration unserer Assets im Liability-Matching-Portfolio sukzessive deutlich erhöht.
Zusätzlich haben wir ein Zinsderivate-­Portfolio aufgebaut, um die Durations-Lücke zwischen Assets und Liabilities weiter zu verringern. Zu ­beachten ist, dass Asset-Management-Strategien im Bereich ­Liability Matching nicht zwangsläufig ­risikoärmer sind, sondern dass die eingegangenen ­Asset-Risiken sich nun an den ­Risiken der Liabilities – Zins-, Inflations- und Spread-Risiken – orientieren. Aus einer reinen ­Asset-Perspektive sowie aus HGB-Sicht erhöht sich dadurch das Risiko.

Im Rahmen der Award-Gala 2023 in Berlin wurde deutlich, dass Sie und Ihr Team den LDI-Ansatz weiterentwickeln und diesen durch eine Inflationsabsicherung ergänzen werden. Wie gehen Sie dabei konkret vor?

Hier gehen wir mit unserer bewährten ­Strategie vor, die wir bereits auf der Zins­seite angewendet haben. Wir setzen so viel Inflationsabsicherung mit physischen Anleihen um, wie praktikabel möglich ist; erst danach setzen wir Inflationsderivate ein, um den Gleichlauf zwischen Assets und ­Liabilities weiter zu erhöhen.
Unsere Kern-KPI, das Inflation Hedge ­Ratio, können wir im Bereich von zehn bis 70 Prozent variieren. Derzeit empfinden wir die am Inflationsmarkt gehandelten Preise, die Inflation Breakevens, für Bonds und ­Derivate nur bedingt interessant. Wir gehen davon aus, dass wir im Jahr 2024 deutlich attraktivere Levels sehen werden und würden dann gegebenenfalls das Inflation Hedge Ratio schrittweise erhöhen.

Spiegelbildlich zum Zinsanstieg sinkt der Barwert der bilanzierten Pensionsverpflichtungen von Corporates wie Airbus. Wie macht sich der Zinsanstieg beim CTA – und hier insbesondere beim Ausfinanzierungsgrad – bemerkbar?

Da wir vor dem Zinsanstieg bewusst ein ­relativ niedriges Zins Hedge Ratio gewählt hatten, konnten wir von dem Zinsanstieg überdurchschnittlich profitieren. Gemäß ­einer Studie von Aon verbesserte sich der Ausfinanzierungsgrad im Jahr 2022 im Dax-Durchschnitt um sieben Prozentpunkte (von 72 auf 79 Prozent) während er bei ­Airbus um 14 Prozentpunkte (von 68 auf 82 Prozent) anstieg. Im Laufe der Jahre 2022 und 2023 haben wir die Zinssicherung dann zu deutlich besseren Konditionen sukzessive auf das aktuelle Niveau von ­zuletzt 60 Prozent erhöht. Damit haben wir uns einen Teil des Vorteils höherer Zinsen permanent gesichert und sind zudem zukünftig risikoärmer ausgerichtet.

Welche Auswirkungen hat der rasante Zinsanstieg der vergangenen knapp zwei Jahre konkret auf Ihr Portfolio gehabt und welche Schlussfolgerungen haben Sie daraus gezogen?

Wie wahrscheinlich alle Pensions­einrichtungen hatten auch wir eine ­negative Rendite im Jahr 2022 zu be­klagen. Dank ­einer ausgewogenen Diversifikation und der gezielten Steuerung der Duration konnte dieser Verlust jedoch begrenzt werden.
Darüber hinaus war unsere innovative ­Implementierung des LDI-Portfolios über Anleihen und Derivate sehr erfolgreich. Es hat sich ausgezahlt, dass wir diese Strategie für den Fall eines Zinsanstiegs bereits vor einigen Jahren erarbeitet hatten und somit in den Jahren 2022 und 2023 auf eine ­solide Basis zurückgreifen konnten.

ESG-Kriterien spielen in Ihrer Kapital­anlage eine zunehmend wichtige Rolle. Welche Themen stehen hier auf Ihrer To-do-Liste?

Wir betrachten ESG als eine Reise. Wir ­haben uns bereits frühzeitig mit diesem Thema beschäftigt und uns eine entsprechende Strategie genehmigen lassen.
Diese sieht zum einen diverse Ausschlusskriterien, zum anderen Portfoliovorgaben für die vergebenen Mandate vor. Drittens investieren wir im Bereich „ESG Impact“ in Projekte wie beispielsweise Wasserstoff, Dekarbonisierung und SAF (Sustainable Aviation Fuels, deutsch: nachhaltige Flugkraftstoffe) die auch für unser Träger-­Unternehmen Airbus wichtig sind. Diese Investments wollen wir weiter ausbauen. Wir arbeiten hier eng mit unseren Kollegen aus Toulouse zusammen. Auf der anderen Seite müssen Investitionen einen ange­messenen Ertrag bringen. Es ist uns daher auch bei ESG-Themen wichtig, immer die wirtschaftliche Perspektive im Auge zu behalten.

Die Fragen stellte Tobias Bürger.

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