„Wald ist unterbewertet“
Waldpreis bei 12.880 Euro pro Hektar stabil auf Niveau der Vorjahre. Colliers-Forstexperte: Leistungen wie CO2-Speicherung, Wasser und Biodiversität nicht eingepreist.
Ein Hektar deutscher Wald kostete im Jahr 2020 im Durchschnitt 12.880 Euro pro Hektar – so hat es das Immobilienberatungsunternehmen Colliers in einer Studie erhoben. Dabei greift Colliers auf Daten des Arbeitskreises der Oberen Gutachterausschüsse, Zentralen Geschäftsstellen und Gutachterausschüsse in Deutschland (AK OGA) zurück, die alle zwei Jahre veröffentlicht werden, zuletzt in 2021. Auf den Quadratmeter gerechnet ergibt das einen Durchschnittspreis für Wald in Deutschland von rund 1,29 Euro. Nach einem Marktbericht von Savills aus dem Jahr 2018 waren es 1,32 Euro pro Quadratmeter Wald. Colliers hatte vor zwei Jahren von durchschnittlichen Preisen von 12.700 Euro pro Hektar berichtet. In den vergangenen Jahren hat sich damit der Durchschnittspreis für Wald in Deutschland kaum verändert.
Je nach Lage und Standortqualität der Waldflächen wichen die Preise allerdings stark voneinander ab. Das Spektrum reicht laut Colliers von durchschnittlich 7.400 Euro pro Hektar in Thüringen bis zu 25.000 Euro pro Hektar in Bayern, teilweise würden auch noch deutlich höhere Liebhaberpreise gezahlt.
Anstieg in zehn Jahren um 67 Prozent
Auf zehn Jahre betrachtet, haben sich die Preise für forstwirtschaftliche Flächen jedoch in allen Bundesländern deutlich nach oben entwickelt. Die Preise sind seit 2011 um circa 67 Prozent gestiegen. Besonders deutlich ist der Preisanstieg pro Hektar Waldfläche laut der Studie im Jahr 2015. Wesentlicher Grund hierfür ist, dass Ende 2014 der Großteil der Waldprivatisierung durch die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) abgeschlossen wurde.
Kleine Transaktionsgrößen
Der jährliche (Wald-)Flächenumsatz bleibt auf einem stabilen Niveau von rund 36.000 Hektar pro Jahr. Dabei werden Werte der Jahre bis 2020 zugrunde gelegt. Die durchschnittliche Transaktionsgröße liegt bei unter zwei Hektar, wobei deutliche regionale Unterschiede zwischen Ost und West zutage treten. In den nach der deutschen Wiedervereinigung hinzugekommen Bundesländern seien die Transaktionen großflächiger.
Funktionen für den Klimaschutz bisher nicht berücksichtigt
Bemerkenswert scheint den Forstexperten von Colliers auch, dass bisher Leistungen des Waldes im Hinblick auf den Klimwandel in die Waldbepreisung bislang nicht einbezogen werden: So kommentiert Nils von Schmidt, Co-Head Land & Forst bei Colliers: „Wichtige positive Leistungen des Waldes in den Bereichen CO2, Wasser und Biodiversität haben aktuell noch keinen Eingang in die Preisbildung von Waldflächen gefunden. Wald ist unterbewertet. Nachweis und Monetarisierung dieser Ökosystemleistungen erfolgen durch Zertifizierungssysteme, die sich momentan im Aufbau befinden. In anderen Ländern, wie zum Beispiel Neuseeland und Großbritannien, in denen wir auch aktiv sind, werden solche Zertifizierungen bereits seit Jahren in die staatlichen Klimaschutzziele eingebunden.“
Vermehrt Kahlschläge
Der Klimawandel hat in Deutschland durch Stürme, Trockenheit und die daraus resultierende massive Vermehrung des Borkenkäfers zu Kahlschlägen mit einer Größe von 500.000 Hektar (ursprünglich geschätzt: 300.000 Hektar) geführt, die wiederaufgeforstet werden müssen. Dies entspricht der doppelten Fläche des Saarlandes. Die Kosten dieser Wiederaufforstung liegen bei etwa fünf Milliarden Euro. Hinzu kommen noch weitere fünf Millionen Hektar Wald, die klimaresilient umgebaut werden müssen. Diese Kosten können durch die Forstbetriebe, deren durchschnittliche Rendite in Deutschland bei 1,5 Prozent pro Jahr und damit unter der von landwirtschaftlichen Betrieben liegt, nicht gedeckt werden.
Nur jeder fünfte Baum ist laut Studie frei von Schäden. Ferner ist die Absterberate in den letzten Jahren erheblich angestiegen. Die Veränderungen sind bei der Fichte am deutlichsten zu sehen. Hier liegt die Absterberate am höchsten bei über vier Prozent im Jahr 2020.
CO2-Speicher Wald
Eckbrecht von Grone, Co-Head Land & Forst bei Colliers: „Ohne zusätzliche staatliche Finanzierung kann diese milliardengroße Finanzierungslücke nicht geschlossen werden und die Klimaschutzziele Deutschlands, zu denen der deutsche Wald erheblich beiträgt, werden mit ziemlicher Sicherheit verfehlt. Aktuell speichert der deutsche Wald in Bestand und Holz circa 90 Millionen Tonnen CO2 jährlich und gleicht damit knapp elf Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen aus. Aufgrund der starken Waldschäden ist die Möglichkeit zur Kohlenstoffspeicherung aktuell erheblich niedriger anzusetzen.“
Auch Colliers selbst trage seit dem Frühjahr 2023 durch Wiederaufforstungen dazu bei, die Lücke zu schließen. „Der Prozess des Waldumbaus ist in Deutschland bereits vor Jahrzehnten eingeleitet worden, braucht aber viel Zeit. Meist werden dabei der Laubbaumanteil und die Vielfalt der Baumarten erhöht. Angesichts des Klimawandels werden vermehrt langfristig klimaresiliente Baumarten wie zum Beispiel Douglasie oder Roteiche gepflanzt“, kommentiert Nils von Schmidt.
Der Wandel der Baumarten hat auch Auswirkungen auf den Holzmarkt, denn Bau- und Konstruktionsholz wird aus Nadelholz hergestellt, Laubholz überwiegend energetisch genutzt. Die Nachfrage nach Holzprodukten steigt, weil Holz einerseits ein besonderes nachhaltiges Material ist und andererseits die Verwendungsmöglichkeiten durch Forschung, insbesondere in Europa, immer vielfältiger werden. Die komplette Studie können Interessierte hier herunterladen.
Autoren: Daniela EnglertSchlagworte: Deutschland | Forstwirtschaft | Klimaschutz | Klimawandel
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