Investoren
1. September 2022

Pläne für mehr Vielfalt im Asset Management

Investoren in den USA achten mehr und mehr auf eine gewisse Diversität in den Reihen ihrer Asset Manager. Für mehr Durchblick bei der Renditebetrachtung macht sich eine Studie stark. Und die Ergebnisse wichtiger Anlageklassen waren zuletzt „weniger effektiv als erwartet“. Das alles bringt Anleger weiter.

Das zweite Quartal 2022 war für viele institutionelle Anleger ein Quartal, an dessen Ende unter dem Strich ein dickes Minus stand. Der Aktienindex MSCI World beispielsweise verlor in den drei Monaten April, Mai und Juni insgesamt 16,1 Prozent.

Für Anleger im Euroraum reduzierte sich das Minus dank des starken US-Dollars nach Berechnungen des Kölner Vermögensverwalters Flossbach von Storch zwar auf 10,8 Prozent. Schmerzhaft ist aber auch dieser Rückgang.

Unter Druck standen nicht nur einzelne Anlageklassen, sondern auch gemischte Portfolios, die aus Aktien und Anleihen bestehen. Denn die Rentenseite bot – aufgrund des Anstiegs von Zinsen und Renditen – keinen Puffer gegen die Verluste der Aktien. Gemessen am Bloomberg Euro Government Index, der sich auf Investment- Grade-Staatsanleihen aus der Eurozone stützt, lag das Minus bei 7,2 Prozent.

Über 20 Prozent Rendite mit Real Assets

Einigermaßen gut über die Runden kamen in der kurzfristigen Rückschau jene Großanleger, deren Portfolios über Aktien und Zinsträger hinaus breit diversifiziert sind, wie das California Public Employees‘ Retirement System (Calpers). Für den 440 Milliarden US-Dollar schweren Pensionsfonds für Mitarbeiter im öffentlichen Dienst markierte der 30. Juni das Ende eines durchwachsenen Geschäftsjahres.

Erstmals seit der globalen Finanzkrise verbuchte der zweitgrößte US-amerikanische Endanleger – hinter dem Federal Retirement Thrift Investment Board – im Zwölf-Monats-Turnus einen Verlust. Vorläufigen Zahlen zufolge liegt die Nettorendite bei minus 6,1 Prozent.

Resultate bei illiquiden Anlagen stützen das Portfolio

Allerdings ist das Bild nicht so negativ, wie es scheint. Es gibt eine gute und eine schlechte Seite. Während die Investitionen von Calpers und seiner externen Manager in globale Aktien mit minus 13,1 Prozent rentierten, büßten die festverzinslichen Anlagen sogar 14,5 Prozent ein. Die Investments, die sich dahinter verbergen, betreffen die öffentlichen Märkte und machen etwa 79 Prozent der Anlagebestandes aus.

Dass die Nettorendite des Megaportfolios dabei nicht auch im zweistelligen Bereich gelandet ist, ist kein Wunder, sondern geht auf den Bestand illiquider Assets zurück. Der mächtige US-Pensionsfonds ist nach eigenen Angaben einer der größten Investoren in Private Equity. Und die Private-Equity- und Real-Asset-Investments warfen im abgelaufenen Geschäftsjahr eine imposante Rendite von 21,3 beziehungsweise 24,1 Prozent ab – was für ein Kontrast im Vergleich zu den gelisteten Assets!

Investmentchefin Nicole Musicco konstatiert nüchtern: „Dies ist ein einzigartiger Moment an den Finanzmärkten, und wir haben eine Abweichung von einigen Anlagegrundlagen festgestellt. Zum Beispiel waren unsere traditionellen Diversifizierungsstrategien weniger effektiv als erwartet, da sowohl öffentliche Aktien als auch festverzinsliche Anlagen gleichzeitig zurückgingen.“ Das schwache Anlageergebnis von Calpers fällt mit Blick auf den langfristigen Anlageerfolg der Nordamerikaner jedoch kaum ins Gewicht. In den vergangenen zehn Jahren verbuchte der Pensionsfonds im Schnitt ein jährliches Plus von 7,7 Prozent. Über zwei Dekaden hinweg – also inklusive der Finanzkrise – liegt die Rendite bei 6,9 Prozent pro Jahr. Und in den vergangenen drei Jahrzehnten sind es im Schnitt wieder 7,7 Prozent, die die Kalifornier mit ihrem Investmentkonzept herausholen konnten.

Bedeutende Schnittstelle im Asset Management

Hinter dem Anlageerfolg oder auch -misserfolg institutioneller Investoren stehen häufig externe Investmentmanager, die die Handelsentscheidungen treffen und regeln, ob Positionen mit Derivaten abgesichert werden. Und genau an dieser in der Öffentlichkeit wenig beachteten Schnittstelle geht der eine oder andere Prozentpunkt Rendite verloren. Diesen Eindruck vermittelt eine aktuelle Untersuchung („Fundamental return attribution“) des vom Investment Consultant WTW (ehemals Willis Towers Watson) gesponserten Thinking Ahead Institute. Die Mitglieder dieser Gesellschaft für Investmentforschung und Innovation setzen sich dafür ein, bei Investoren eine längerfristige Anlageperspektive zu verankern. Zu diesem Zweck hat die Organisation mit Hilfe der Asset Manager Baillie Gifford und MFS und dem Indexanbieter S&P Dow Jones Indices eine neuartige Methodik entwickelt und einen Open-Source-Computercode veröffentlicht. Sie liefern Investoren das Rüstzeug, neu über ihre Anlageperformance nachzudenken. Dabei geht es um die Trennung von kurzfristigen und langfristigen Renditekomponenten einer Anlagestrategie.

Der neuartige Zuordnungs- und Überwachungsrahmen unterteilt die Renditen eines Portfolios in drei Hauptkomponenten: Renditen, die sich aus Änderungen der Marktstimmung ergeben (Mehrfachrendite), das Wachstum der sogenannten fundamentalen Merkmale des Portfolios (Wachstumsrendite) und die Änderung dieser grundlegenden Merkmale aufgrund von Änderungen in den Beständen des Portfolios (Aktivitätsrendite).

Rendite wird in drei Komponenten unterteilt

Die Zerlegung in diese drei Komponenten sorgt nach Einschätzung der Denkschmiede für ein tieferes Verständnis, wie eine Anlagestrategie tatsächlich Renditen erzeugt. Mit seiner Aufschlüsselung will das Thinking Ahead Institute nicht nur eine längerfristige Perspektive fördern, sondern auch den „Dialog zwischen Vermögenseigentümern und Vermögensverwaltern verbessern“. Denn der Ansatz lenkt die Gespräche auf die langfristigen Renditetreiber einer Anlagestrategie, insbesondere in Zeiten einer Underperformance, meint das Institut.

Tim Hodgson, Co-Leiter des Thinking Ahead Institute, erläutert, dass die Untersuchung eine erhebliche langfristige Investitionsprämie von bis zu 1,5 Prozent pro Jahr identifiziert habe. Institutionelle Anleger könnten diese vereinnahmen und mit den Begünstigten teilen. „Die Branche hat sich jedoch an kurzfristige Leistungsmessungen gewöhnt, die durch traditionelle Berichtsmethoden fortgeschrieben werden, was dazu führt, dass viele Anlagemandate aus den falschen Gründen und zum falschen Zeitpunkt beendet werden.“

Hodgson hofft, dass sich dies bald ändert, „da institutionelle Anleger mit neuen Tools ausgestattet werden, die ihnen helfen, anders zu denken, während sie ihren Fokus auf die Entscheidungsfähigkeit von Vermögensverwaltern und die grundlegenden Renditetreiber verlagern“. Craig Baker, globaler Investmentchef bei WTW, ergänzt: „Wir nutzen diese Methode bereits, um Aktienmanager über den traditionellen Rahmen hinaus zu bewerten, und gehen davon aus, dass wir sie auf andere Anlageklassen ausweiten werden.“ Es sei besonders hilfreich, zu verstehen, was die Performance angetrieben hat, „wenn es eine Divergenz der Fundamentaldaten und der Aktienkursentwicklung auf dem breiteren Markt gegeben hat“, so Baker weiter. Der neue Open-Source-Code ist auf der Entwicklungsplattform Github.com frei verfügbar.

Mehr Vielfalt auf Managerseite

Mit Blick auf die Zusammenarbeit institutioneller Endanleger mit Asset Managern ist auch eine aktuelle Untersuchung der Knight Foundation interessant. Darin rückt die Non-Profit-Organisation aus Florida einen Aspekt ins Blickfeld, der in Deutschland bislang kaum berücksichtigt wird: die Diversität der mandatierten Vermögensmanager. Ein Vorreiter auf dem Gebiet ist die privat finanzierte Stanford University. Die kalifornische Kaderschmiede, deren Stanford Management Company (SMC) ein Milliardenvermögen verwaltet, hat die höchsten Diversitätswerte im Asset Management verglichen mit den anderen Teilnehmern der Knight-Foundation-Studie. „Wir haben das Glück, mit einer Reihe sehr talentierter, vielfältiger Anlageverwalter zusammenzuarbeiten, die ihrerseits maßgeblich zur Performance der Stiftung beigetragen haben“, sagte Charles C. Moore, erfahrener Berater für Private Equity und Geschäftsführer für Stakeholder Engagement bei der Stanford Management Company.

Als Teil einer laufenden Forschungsreihe zur Untersuchung der Diversität in der Vermögensverwaltung haben die Knight Foundation und die Beratungsfirma Global Economics Group im vergangenen Herbst eine Studie gestartet. Mit den so gesammelten Erkenntnissen wollen sie bewerten, inwieweit die wohlhabendsten 25 privaten und öffentlichen Colleges und Universitäten der USA Investmentfirmen mandatieren, die Frauen gehören oder auch ethnischen Minderheiten, um ihr Stiftungsvermögen zu verwalten.

Stanford University will divers geführte Asset Manager mandatieren

Es ist davon auszugehen, dass dieses Thema weiter an Bedeutung gewinnen wird. Die Stanford University hat bereits angekündigt, vielfältigere Bewerber für den Personalstamm zu suchen und mehr „divers“ geführte Asset Manager mandatieren zu wollen. Der Plan sieht einerseits vor, die Beteiligung von unterrepräsentierten Minderheiten in der Vermögensverwaltung zu erweitern. Andererseits sei man mehr denn je auf der Suche nach den „talentiertesten Kollegen und Partnern für unsere Investitionsarbeit in allen Bereichen unserer Gesellschaft, unabhängig von Rasse, ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht, sexueller Orientierung oder Religionszugehörigkeit“. Calpers wiederum blickt auch nicht nur auf die Nettorendite, sondern arbeitet laut Geschäftsbericht 2021 mit anderen Investoren (zum Beispiel dem California State Teachers‘ Retirement System, auch bekannt als „Calstrs“) zusammen, um die Diversität in Unternehmensvorständen zu verbessern und Unternehmen um die Offenlegung von Daten zu ihren Diversitätsbemühungen zu bitten.

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