Versicherer erstmals mit zweistelliger Immobilienquote
Durchschnittliche Quote liegt bei 10,3 Prozent. Trend zu riskanteren Investments.
Die durchschnittliche Immobilienquote der Versicherungen befindet sich auf einem historischen Höchststand und liegt mit 10,3 Prozent erstmals im zweistelligen Bereich. Das berichtet EY Real Estate in seinem aktuellen Trendbarometer Assekuranz 2019. Für die zwölfte Auflage der Studie wurden im Mai und Juni 24 führende Unternehmen der Assekuranz befragt. „Dieser Höchststand der Immobilienquoten der Versicherer spiegelt die herausgehobene Rolle wider, die Immobilienanlagen in Zeiten eines risikolosen Zinses nahe null eingenommen haben“, sagt Dietmar Fischer, Partner bei EY Real Estate und Autor der Studie. „Der Wertsteigerungsanteil spielt für die Assekuranz und deren Geschäftsmodelle eine nachgelagerte Rolle. Entscheidend ist die Cashflow-Rendite, mit der Versicherer ihre Garantiezinsversprechen auch im anhaltenden Niedrigzinsumfeld halten können.“
70 Prozent der Befragten wollen der Studie zufolge ihre Immobilienbestände weiter erhöhen. Rund drei Viertel geben zudem an, dass die Anlageklasse Immobilien bei ihnen am stärksten ausgebaut werde. Entsprechend sehen 80 Prozent der Versicherer Unternehmen der eigenen Branche als stärkste Konkurrenz – gleich nach privaten Investoren und Family Offices (84 Prozent).
Core+ statt Core
Zunehmend tätigen die Unternehmen der Assekuranz auch risikoreichere Immobilieninvestments. Mehr als 70 Prozent der Befragten halten diesen Trend für unumkehrbar. Risikoärmere Immobilieninvestments im bei Versicherungen traditionell beliebtesten „Core“-Bereich seien heiß umkämpft, und aufgrund des mangelnden Angebots werde die Suche nach geeigneten Objekten immer schwieriger. So sei mittlerweile die mit höherem Risiko behaftete Klasse „Core+“ die bevorzugte Risikokategorie, so die Studie. Insgesamt gaben rund zwei Drittel der Versicherer an, heute mehr Risiko in Kauf zu nehmen als noch vor zwei Jahren.
„Das maßgeblich von der Niedrigzinspolitik verursachte sehr hohe Preisniveau treibt die Versicherungen in riskantere Investments, um ihre Renditeziele zu erreichen“, sagt Fischer. Entsprechend werden auch Value-Add-Investments (hohe Renditeerwartung bei hohem Ausfallrisiko) für 70 Prozent der Umfrageteilnehmer interessanter. Investitionen in der riskantesten Kategorie „Opportunistic“ lehnen mehr als 60 Prozent der Befragten dennoch ab.
Offene Immobilienspezialfonds vorne
Knapp zwei Drittel des Immobilienbestandes werden direkt der Studie zufolge gehalten. Die Renditeerwartung für indirekte Bestände liege allerdings mit rund fünf Prozent höher als die für direkte Bestände (rund 4,5 Prozent). Zum ersten Mal sind offene Immobilienspezialfonds die beliebteste Anlageform; sie werden von mehr als 70 Prozent der Befragten präferiert – noch vor fremdgenutztem Direktbestand (70 Prozent). Auch geschlossene Immobilienfonds (60 Prozent) und alternative Immobilieninvestments (52 Prozent) gewinnen an Bedeutung.
Traditionell liegt der Fokus der Assekuranz auf Büroimmobilien. Das ist der Studie zufolge auch in diesem Jahr ausnahmslos der Fall. Trotz bereits hoher Preise blieben jedoch auch Wohnimmobilien für drei Viertel der Befragten attraktiv. Während ein steigendes Interesse an Logistikimmobilien erkennbar sei (74 Prozent), würden Einzelhandelsobjekte weniger stark nachgefragt (48 Prozent). Sogar Infrastrukturinvestments seien beliebter (58 Prozent).
Digitalisierung wichtiges Thema
Eine entscheidende Rolle bei Immobilieninvestments spielt für die Assekuranz die steuerliche Gestaltung. Steuerliche Aspekte beeinflussen bei rund 60 Prozent der Unternehmen die Investmententscheidungen. 86 Prozent erwarten bei ihren Investments, dass künftige Anforderungen an eine intelligente Infrastruktur erfüllt werden. Die Digitalisierung erfordert für 86 Prozent der Versicherer ein Umdenken, etwa durch aktuelle Trends wie Co-Working im Bürosegment. Auch nachhaltige Investments geraten zunehmend in den Fokus.
Deutschland sinkt in der Gunst
Der Investmentfokus der befragten Versicherungsunternehmen liegt laut Studie klar und deutlich auf Europa (59 Prozent), gefolgt von Asien und Ozeanien (31 Prozent) und Nordamerika (30 Prozent). Afrika wie auch Zentral- und Südamerika spielen für die Assekuranz hingegen keine Rolle. Innerhalb Europas werden klar West- (74 Prozent) und Nordeuropa (65 Prozent) bevorzugt. Deutschland bleibt der favorisierte Markt (96 Prozent), während das einst so beliebte Großbritannien offenbar unter dem anstehenden Brexit leidet: Nur noch 19 Prozent schätzen den britischen Immobilienmarkt als attraktiv ein. Allerdings wird auch Deutschland überwiegend nur noch als „attraktiver“ und nicht mehr als „sehr attraktiver“ Markt angesehen. „Auch im europäischen Vergleich sinkt die Attraktivität des deutschen Marktes durch das mittlerweile vergleichsweise hohe Preisniveau“, sagt Fischer.
Autoren: Daniela EnglertSchlagworte: Gewerbeimmobilien | Immobilien | Immobilienfonds
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