Recht, Steuer & IT
22. Februar 2023

Verbände kritisieren Esma-Leitlinien

Kritik an Schwellenwertansatz und Namensgebung für nachhaltige Fonds. Efama: Greenwashing-Probleme werden nicht angegangen.

Verbände der Fondsindustrie üben Kritik an den Esma-Leitlinien für die Namensgebung nachhaltiger Fonds. Die Konsultation der Esma bezieht sich laut BVI vor allem auf Fonds gemäß Artikel 8 der EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) und soll irreführende Bezeichnungen verhindern. Die Esma ist die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, die den Anlegerschutz verbessern soll.

Mitglieder der European Fund and Asset Management Association (Efama) zeigen sich besorgt über den vorgeschlagenen numerischen Schwellenwertansatz, „da dieser möglicherweise nicht die grundlegenden Greenwashing-Probleme angeht, mit denen unsere Branche aufgrund des derzeitigen Mangels an Klarheit über viele Schlüsselkonzepte der nachhaltigen Finanzwirtschaft konfrontiert ist“. Sollte die Esma mit dem numerischen Schwellenwert-Ansatz fortfahren, gibt es aus Efama-Sicht eine Reihe von wichtigen Elementen, die noch angesprochen werden müssen. Nach Meinung des europäischen Branchenverbands sollten Barmittel, Barmitteläquivalente und Derivate, die zur Absicherung verwendet werden, von der Berechnung der 80-Prozent-Quote ausgenommen werden, um ein effizientes Fondsmanagement zu ermöglichen, insbesondere bei außergewöhnlichen Marktbedingungen. Zudem stelle die mangelnde Klarheit darüber, was genau als nachhaltige Investition im Sinne der SFDR gilt, die Angemessenheit eines separaten Schwellenwertes von 50 Prozent in Frage.

Die Efama befürworte zwar die Festlegung gemeinsamer Regeln, um irreführende Informationen zu vermeiden und das Vertrauen und die Klarheit auf dem Markt zu stärken, insbesondere in der sich schnell entwickelnden ESG-Landschaft. Der Verband schlägt jedoch vor, dass die Esma ihre vorgeschlagenen Leitlinien verschiebt, bis der Mangel an Klarheit darüber, was eine „nachhaltige Investition“ ist, behoben ist und sie mit der Europäischen Kommission zusammengearbeitet hat, um Interoperabilitätsprobleme zwischen den Leitlinien und SFDR, Mifid/IDD und so weiter zu lösen.

Anyve Arakelijan, Beraterin für Regulierungspolitik bei der Efama, erklärte: „Es ist unwahrscheinlich, dass eine Methodik, die auf einer unklaren rechtlichen Definition aufbaut, das Verständnis der Anleger für ESG-Fonds verbessern und Greenwashing-Bedenken adäquat begegnen wird. Anstatt einen Schwellenwert festzulegen, wäre es angemessener, die aufsichtsrechtlichen Leitlinien der Esma zu Nachhaltigkeitsrisiken und -angaben widerzuspiegeln, indem sichergestellt wird, dass die Verwendung von ESG-bezogenen Begriffen durch ausreichende Belege für Nachhaltigkeitseigenschaften in den Anlagezielen und der Strategie des Fonds untermauert wird.“

BVI kritisiert Timing der Esma

Aus Sicht des BVI ist zwar die Stoßrichtung der Initiative gut, weil sie den EU-weiten Flickenteppich in der Verwaltungspraxis bei den Anforderungen an die Fonds beenden würde. Allerdings habe die Esma einen schlechten Zeitpunkt gewählt. Wie der BVI mitteilt, plant die EU-Kommission offenbar im Sommer eine öffentliche Konsultation über verschiedene regulatorische Optionen, unter anderem die Einführung von freiwilligen EU-weiten ESG-Siegeln für alle Finanzprodukte im Sinne der SFDR. „Die Festlegung von aufsichtlichen Kriterien nur für Fonds würde die geplante offene Diskussion zur SFDR vorwegnehmen und wäre aus unserer Sicht kontraproduktiv. Stattdessen sollte die Esma die Erkenntnisse aus der aktuellen Konsultation in die bevorstehende öffentliche Debatte einbringen“, so der deutsche Branchenverband.

Generell sind die Vorschläge der Esma für den BVI teilweise zu ambitioniert und zu einseitig auf klassische Wertpapier-, insbesondere Aktienfonds ausgelegt. Die Praktikabilität der Ansätze für Multi-Asset- und Dachfonds, aber auch für Immobilien- und Infrastrukturanlagen, wie etwa im Rahmen des reformierten Eltif, müsse noch einmal auf den Prüfstand.

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