Statement Artikel
23. Juni 2023

VC-Renditen besser als die anderer Private-Equity-Segmente

Interview mit John Gardner, Partner, NGP Capital

Wie sind die Zeiten für Venture Capital (VC)? Gut oder schlecht?

Wir leben in einer sehr attraktiven Zeit für VC-Investitionen. Erstens: Die Bewertungen wurden deutlich attraktiver. ­Zweitens: Unternehmer profitieren ­gegenwärtig von Gelegenheiten, die durch langfristige Trends entstehen, wie die ­digitale Transformation der globalen ­Industrie, das Aufkommen neuer ­Technologien in den Bereichen künst­liche ­Intelligenz, Konvergenz, Biotech­nologie, Quantencomputer, et cetera als auch der Nachfrage nach innovativen ­Lösungen für Probleme wie Klima/Erneuerbare Energien, Nachhaltigkeit und erschwingliche Gesundheitsversorgung. Drittens: Wir sehen einen extrem großen Pool an klugen und ehrgeizigen Gründern, die diese Chancen erkennen und nutzen wollen.
Die Geschichte hat gezeigt, dass die ­besten Risikokapitalrenditen mit Investitionen erzielt wurden, die im Anschluss an eine größere Marktkorrektur ­erfolgten. Investitionen, die in den nächsten zwölf bis 36 Monaten getätigt werden, gewinnen in drei bis fünf Jahren an Wert, also weit nach dem kurz- und mittelfristigen makroökonomischen Gegenwind, der die Dynamik des Marktes beeinflusst.

Wie aufgeschlossen sind deutsche Investoren (Limited Partners, „LPs“) für Investments in Venture Capital?

Wie ein berühmter Wirtschaftswissenschaftler einmal sagte: „Es kommt darauf an“. Die meisten deutschen LPs scheinen zu wissen, dass sie einen erheblichen ­Anteil ihres Portfolios in alternativen ­Anlagen haben sollten – sicherlich mehr als in der Vergangenheit. Allerdings ­haben viele LPs ihre Allokationen für ­alternative Investitionen auf Buyouts, ­Private Debt und Immobilien beschränkt, und es gibt eine gewisse Zurückhaltung, Venture Capital in den Mix einzube­ziehen. Ein Grund dafür könnte der Irrglaube sein, dass Risikokapital von Natur aus riskanter sei als andere ­Anlageklassen. Tatsächlich ist das Risiko einer Fehlinvestition in ein einzelnes Start-up zwar sehr hoch, doch auf der Ebene der Risiko­kapitalfonds erzielen selbst Manager mit ­unterdurchschnittlicher Performance in der Regel eine Rendite von mindestens 1,0x des investierten LP-Kapitals. Diese Diversifizierung auf Fondsebene bedeutet, dass der Kapitalerhalt bei VC auf Fonds- und insbesondere auf Dachfonds-Ebene tatsächlich recht hoch ist.
Es ist auch zu beachten, dass ­Risikokapital langfristig andere Anlageklassen tendenziell übertrifft, während es gleichzeitig – stärker als andere Anlageklassen – mit den öffentlichen Märkten (und anderen Investitionen) invers korreliert. Allerdings ist Risikokapital illiquide – Anleger müssen bereit sein, ihre Positionen ­sieben bis zwölf Jahre lang zu halten.

Ein Vorteil eines Dachfonds ist die Diversifizierung. Wie äußert sich die Diversifizierung in der Anzahl der für den Dachfonds ausgewählten ­Manager? An wie vielen Portfolio­unternehmen würde sich ein LP in einem Dachfonds indirekt beteiligen?

Ein fokussierter Dachfonds im Vergleich zu einem breit angelegten würde in der Regel durchschnittlich zehn bis 20 ­Millionen Euro in einen bestimmten Fonds ­investieren. Die Fonds selbst ­investieren in der Regel in 20 bis 30 ­einzelne Unternehmen. Dies bedeutet, dass ein 250-­Millionen-Euro-Fonds wahrscheinlich in etwa 20 Fonds investiert und sich in 400 bis 500 zugrundeliegenden Port­foliounternehmen engagiert.

Um einen Vergleich zu ermöglichen: Wie würden sich diese Zahlen für einen typischen Buyout-Fonds aufschlüsseln?

Es ist schwierig, einen direkten Vergleich anzustellen. Buyout-Dachfonds sind in der Regel größer und gehen größere ­Verpflichtungen pro Fonds ein, und auch die einzelnen Buyout-Fonds sind in der Regel größer, insbesondere im Vergleich zu VC-Fonds, die in Unternehmen in ­früheren Phasen investieren. Allerdings investieren die einzelnen Buyout-Fonds selbst in der Regel viel mehr pro Unternehmen. Ich würde schätzen, dass ein 350 bis 500 Millionen Euro schwerer Dachfonds im Vergleich zu einem ­ähnlich großen VC-Dachfonds nur halb so viele Portfoliounternehmen betreut.

Wie sensibel sind General Partner bezüglich der Tatsache, dass NGP-Fonds enge Beziehungen zu anderen Fonds haben können?

Die Risikokapitalbranche ist größtenteils ein „Ko-Wettbewerb“-Geschäft. Nahezu jede Investitionsrunde in ein durch Risiko­kapital finanziertes Start-up erfolgt auf der Grundlage von Syndizierungen. Wenn ein erfolgreiches, durch Risikokapital finanziertes Start-up an die Börse geht, sitzen in der Regel mindestens zehn institutionelle VC-Fonds mit am Tisch. Das bedeutet, dass die meisten VC-Geber ebenso daran interessiert sind, ein Netz von kooperativen Co-Investoren zu schaffen.
Darüber hinaus haben Untersuchungen gezeigt, dass im Laufe der Zeit ein ­Großteil der leistungsstärksten Risikokapitalfonds von jüngeren, kleineren, sehr disziplinierten Fonds stammt, die sich auf Start-ups in der Frühphase konzen­trieren, wo die Zusammenarbeit mit ähnlichen und ergänzenden Investoren noch wichtiger ist als bei reiferen Start-ups.

Daten zeigen, dass Risikokapital­investitionen in den USA besser abschneiden als in Europa. Warum investieren Sie in Europa?

Historisch betrachtet mag diese Diskrepanz zutreffen, aber die Trenddaten ­zeigen, dass sie sich rasch verringert. Zweitens besteht das Ziel eines fokussierten Fonds darin, Manager zu identifi­zieren, die eine überdurchschnittliche Leistung erbringen, und nicht nur einen „Teil des Risikomarktes“ liefern, sei es geografisch oder anderweitig. Es gibt ­viele Manager in Europa, die wiederholt bewiesen haben, dass sie in der Lage sind, nicht nur die europäischen, sondern auch die leistungsstärkeren US-amerikanischen Wettbewerber zu übertreffen. Drittens gibt es zwar erhebliche Gemeinsam­keiten zwischen den US-amerikanischen und den europäischen Risikomärkten, doch beide korrelieren nicht einstimmig miteinander, sondern unterscheiden sich in Bezug auf makroökonomische, politische und technologische Maßnahmen. Wir sehen zum Beispiel, dass die ­proaktive Klimapolitik in Europa die ­Innovation in diesem Bereich beschleunigt. Das Klima ist eine wichtige Wachstumschance, und wir wollen die besten Manager in diesem Sektor unterstützen. Europa scheint derzeit besonders ­attraktiv für Klima-Investitionen zu sein.

Jeder Dachfonds im Bereich Private Equity („PE“) behauptet, Zugang zu Top-Quartil-Fonds zu haben. Ist der Zugang zu Top-Performern im VC-Bereich wichtiger als in anderen Private-Equity-Anlageklassen oder weniger wichtig?

Untersuchungen zeigen, dass die ­Renditen von Venture Capital im Laufe der Zeit tendenziell besser sind als die anderer PE-Anlageklassen. Außerdem ist der Unterschied zwischen den Top-Performern im VC-Bereich und denjenigen im unteren Quartil – und sogar zwischen den Top-Performern und dem Durchschnitt – viel ausgeprägter als in anderen PE-Anlageklassen. Die „Persistenz“, das heißt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Top-Quartil-Performer eines früheren Jahrgangs auch im aktuellen Jahrgang zu den Top-Quartil-Performern gehört, ist im VC-Bereich ebenfalls wesentlich ausgeprägter als in anderen Anlageklassen. Die Fähigkeit, die Top-Quartil-Performer zu identifizieren und Zugang zu ihnen zu erhalten, ist also bei VC wichtiger als in anderen Private-Equity-Sektoren.

Apropos „Persistenz“: Sie haben erwähnt, dass die aufstrebenden Manager eher überdurchschnittliches Alpha produzieren als etabliertere Manager. Wie wählen Sie Emerging Manager angesichts ihrer relativ kurzen Erfolgsbilanz aus?

Gute Frage. Es ist eine Herausforderung, und diese gestaltet sich immer schwie­riger, weil die Zahl der aufstrebenden ­Manager von Jahr zu Jahr wächst. Auch hier ist die Auswahl wichtig: Eine Top-Quartil-Dachfonds-Performance kann man nicht erzielen, indem man sich einfach auf eine Teilmenge des VC-Marktes fokussiert. Man muss einen Weg finden, um die Spreu vom Weizen zu trennen.
Wir sind der Meinung, dass es äußerst wichtig ist, so viele ­Daten wie möglich zu verwenden. Es reicht nicht aus, nur aktuelle Werte zu ­betrachten, da ein Großteil der Renditen im Portfolio eines aufstrebenden Managers per Definition noch nicht realisiert wurde. Ein kleinerer Fonds kann einen großen Gewinner haben – ist das Glück oder sind die Manager begabt? Wir ­stützen unsere Entscheidungen auf Prognosen sowie auf historische Daten und kombinieren dies mit einem disziplinierten Verständnis dafür, wie ­Gleichgesinnte und Gründer die Erfolgschancen eines aufstrebenden Managers einschätzen.

Wie groß ist das Problem der ESG-Berichterstattung?

Man sollte meinen, dass es für Start-ups mit ihren knappen Ressourcen schwierig ist, diesen hohen Aufwand zu bewältigen. Meiner Ansicht nach ist ESG eine Reise, kein Ziel. Am Anfang wird es mühsam und umständlich sein. Die ­Verfolgung einer Vielzahl von Leistungs- und Aktivitätsdaten ist etwas, das alle Start-ups extrem gut beherrschen müssen, wenn sie erfolgreich sein wollen. Punkt. Ein stark datengesteuertes Unternehmen ist eine Grundvoraussetzung. Herauszufinden, wie man die Daten­analyse-Infrastruktur des Unternehmens für ESG-bezogene Daten effizient nutzen kann, sollte keine allzu große zusätzliche Aufgabe sein und schließt sicherlich nicht den Aufbau des nächsten „Unicorns“ aus.

Autoren:

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert