Unternehmen kritisieren Taxonomie-Verordnung
Studie zu Transformation und Berichterstattung unter Dax-Unternehmen. ESG-KPIs gewinnen an Bedeutung.
Unternehmen stehen hinter der Nachhaltigkeitstransformation, wünschen sich aber eine schlankere Regulierung. Dies ergibt sich aus der Studie „Unternehmen & ESG – Transformation oder nur Berichterstattung?“, die das Deutsche Aktieninstitut gemeinsam mit der Rechtsanwaltskanzlei Hengeler Mueller heute vorgestellt hat. Die Studie basiert auf einer Umfrage bei Aufsichtsrats- und Prüfungsausschussvorsitzenden sowie Finanzvorständen von Unternehmen der Dax-Familie. An dieser haben 114 Personen teilgenommen, was einer Rücklaufquote von knapp 30 Prozent entspricht.
Laut Henriette Peucker, Mitglied der Geschäftsführung des Deutschen Aktieninstituts, sehen die Unternehmen, welche Chancen mit der Nachhaltigkeitstransformation verbunden sind. „Allerdings vermissen sie in der europäischen Regulierung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung die notwendige Zielgenauigkeit und Effektivität, um die Transformation wirksam zu unterstützen.“
„Trotz der Herausforderungen, die mit der Berichterstattung verbunden sind, schreitet die Transformation aber voran. So ist positiv zu vermerken, dass Unternehmen schon jetzt Key Performance Indicators (KPIs) aus den Bereichen Environment, Social und Governance (ESG) in der Unternehmenssteuerung verwenden. Auch in der Vorstandsvergütung spielen ESG-KPIs bereits eine wichtige Rolle“, betont Dr. Daniela Favoccia, Partnerin bei Hengeler Mueller.
Im ersten Teil der Studie standen Governance-Fragen im Vordergrund. Gefragt wurde unter anderem, was die Unternehmen antreibt, nachhaltiger zu wirtschaften, und welche Maßnahmen die Unternehmen ergreifen, um die selbstgesteckten Ziele im Bereich ESG voranzutreiben und zu nachzuhalten.
Die Einschätzung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu den europäischen Vorgaben zur Nachhaltigkeitsberichterstattung stand im zweiten Teil der Studie im Fokus. Gefragt wurde nach den Vorgaben der Corporate Sustainability Reporting Directive, den European Sustainability Reporting Standards und der EU-Taxonomie-Verordnung, nicht aber nach der noch nicht verabschiedeten Lieferkettenregulierung.
Kritik an Berichterstattung
Bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstandards sehen die Unternehmen Herausforderungen vor allem bei der Granularität der Vorgaben, der Datenerhebung entlang der Wertschöpfungskette und der unklaren Berichtsvorgaben.
Vor allem die EU-Taxonomie-Verordnung sehen die Unternehmen kritisch. Dem großen Berichterstattungsaufwand nach der Taxonomie-Verordnung steht nur für wenige von ihnen ein echter Nutzen gegenüber. Transitionspläne, mit deren Hilfe Unternehmen ihren Weg zur Klimaneutralität beschreiben und entsprechende Ziele setzen, sehen Unternehmen deutlich positiver. „Die Studie zeigt: Die Dichte der Berichterstattung ist deutlich zu hoch und nicht zielführend. Ein erneutes Nachdenken und eine praxisgerechte Überarbeitung wären notwendig“, warnt Favoccia.
„Man darf Kritik an der Nachhaltigkeitsberichterstattung aber nicht mit der Kritik an der Transformation verwechseln“, hebt Peucker hervor. „Es gibt ein sehr großes transformatorisches Engagement bei den Unternehmen. Die aktuellen Transparenzregeln unterstützen das aber nicht ausreichend. Dies liegt vor allem daran, dass die Unternehmen keinen Effekt bei der Finanzierung sehen.“
Verschlankung und Praxisorientierung gewünscht
Um die Unternehmen in ihrem Engagement zur Nachhaltigkeitstransformation zu unterstützen, sind nach Ansicht der Studienmacher nachfolgende Anpassungen in der Berichterstattung zielführend:
- Eine deutliche Verschlankung der europäischen Nachhaltigkeitsberichtsstandards
- Eine praxisorientierte Überarbeitung der Taxonomie-Berichterstattung durch die nächste EU-Kommission in enger Abstimmung mit den Unternehmen
- Engagement der EU-Kommission für einen internationalen Leitfaden für Transitionspläne, der eine weltweite Fragmentierung in diesem Bereich vermeidet.
Näher am Thema Interessierte finden die Studie hier.
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: ESG-Berichtspflichten | Nachhaltigkeit/ESG-konformes Investieren
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