Stiftungen
1. April 2019

Stiftung und (Wohnungs-)Unternehmen

Stiftungszweck der Evangelischen Stiftung Pflege Schönau ist der Bauunterhalt von Kirchen und Pfarrhäusern. Für diesen wird das Vermögen, neben Forst, ebenfalls in Immobilien angelegt – und zwar in einen Wohnungs-Direktbestand, in Erbbaurechte und in Immobilienfonds. Auch in Sachen IT entwickelt sich die Stiftung weiter.

Thema Erbbaurechte: Die Klosterkammer Hannover und die ESPS sind die größten ­Erbbaurechtgeber in Deutschland. Um ­welche Rechte handelt es sich und wie setzt sich  dieses Portfolio zusammen?

Für die Nutzung unserer Erbbaurechtsgrundstücke zahlt der Erbbaurechtsnehmer ein Nutzungsentgeld, den Erbbauzins. Wir ­haben insgesamt circa 13.000 Erbbaurechte, darunter auch circa 300 gewerblich genutzte ­Verträge. Der Großteil der Erbbaurechte der Stiftung dient privatem Wohnen. Rund die Hälfte sind Wohnungserbbaurechte (Wohnungseigentümergemeinschaften) und die andere Hälfte Einfamilien-, Doppel- und ­Reihenhäuser. Für das Grundstück bekommen wir jährlich immer im November im ­Voraus den Erb­bauzins. Bei Neuvergabe liegt er bei vier ­Prozent bezogen auf den Bodenwert ohne Erschließ­ungskosten.

Vier Prozent sind als Anfangsrendite im ­Vergleich zu Wohnungsvermietungen nicht schlecht. Im Lauf von 99 Jahren können aber einige Mieterhöhungen die Mietrendite ­deutlich steigern.

Vier Prozent, das ist viel, könnte man ­denken. Aber als die Zinsen noch höher lagen, haben wir auch vier Prozent aufgerufen. Grund­sätzlich ist der Zins indexiert. Ansonsten ­käme es über die Jahrzehnte zu einer kompletten Entwertung.

Vergleichen lassen sich Renditen aus Miete und Erbbauzins aus unserer Sicht nur schlecht. Beispielsweise fallen für ­Mietobjekte auch Instandhaltungskosten an, die sich auf die Rendite auswirken und die es im Erbbaurecht nicht gibt. Es handelt sich hierbei um unterschiedliche Assets mit unterschied­lichen Rendite-Risikoprofilen.

Ich vermute aber, dass über 70 Prozent der Verträge unterhalb des Marktniveaus liegen. Darunter verstehe ich die Relation der ­aktuellen Werte von Boden und Erbbauzins. Für den Erbbaunehmer ist es sehr vorteilhaft, hier im SAP-Einzugsgebiet beispielsweise für 500 Quadratmeter Grundstück lediglich 500 Euro pro Jahr zu zahlen. Der Marktwert liegt aber bei circa 3.000 Euro. Das Delta ist also riesig. Dadurch können die Erbbaurechtsnehmer ihre Häuser wesentlich teurer verkaufen. Das sehen wir immer wieder. Wie bei langlaufenden Mietverträgen ist es auch bei dieser Vertragsart wichtig, regel­mäßig Anpassungen vorzunehmen. Sonst entsteht diese große Spanne zum Marktwert.

Bei den älteren Verträgen hatten wir noch kein leistungsfähiges IT-System, um jeden Vertrag einzeln steuern zu können. Die ­neueren Verträge sind an den Verbraucherpreis-Index gekoppelt. Wir nehmen alle fünf bis acht Jahre Anpassungen vor. Unserem Selbstverständnis als kirchliche Stiftung ­entspricht aber, dass wir über den Bodenwert nicht signifikant hinausschießen.

Was passiert nach 99 Jahren?

Erbbaurechte sind ein schönes Konstrukt. Der Erbbaurechtnehmer kann das Grundstück vererben oder verkaufen. Dann treten die neuen Immobilieneigentümer in einen bestehenden Vertrag ein, wovon wir nach der Protokollierung erfahren. Nach 99 Jahren wird es sehr spannend. Wenn die zweite oder dritte Generation keine Verlängerung will, stehen gemäß Erbbaurechtsgesetz Entschädigungsregelungen in Höhe von zwei Drittel der Immobilie an.

Unsere Strategie ist, bereits im Vorfeld ­gemeinsam die weitere Entwicklung zu ­planen. Dafür müssen wir Personal und Rückstellungen aufbauen. Knifflig wird es im Fall von Wohnungseigentümergemeinschaften, da derartige Beschlüsse der Einstimmigkeit bedürfen. Im Schnitt laufen unsere ­Verträge aber noch 60 Jahre.

Und was sagt das Finanzamt nach 99 Jahren?

Nichts. Als kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts sind wir steuerprivilegiert.

Wie stark sind Wohnungen und ­Erbbaurechte korreliert?

Wohnimmobilien und Erbbaurechte partizipieren an der Bodenwertentwicklung. Da der Erbbaurechtsmarkt nicht transparent ist, fällt es aber schwer, diesen Wert zu beziffern. Wenn die Grundstücke mit Erbbaurechten belegt sind, partizipieren wir an der Bodenwertentwicklung über lange Zeit nicht mehr.

Der Prozess, Erbbaurechte zu vergeben, scheint mir viel schlanker als zu vermieten. Schließlich muss man sich um die Immobilie 99 Jahre lang nicht mehr kümmern.

In der Bewirtschaftung sind Erbbaurechte wesentlich effizienter. Aber wir haben mit Erbbaurechten ein ­Asset, in dem das Kapital für 99 Jahre ­gebunden ist. Wir können ­strategisch nichts ­steuern. Aktuell gibt es ­einen großen ­Bestand an Verträgen, der zu geringe Renditen ­abwirft.

Die Lösung liegt in der Mischung. Die Erbbaurechte sind für uns ein stabiler Anker, mit dem wir im Wesentlichen unsere Stiftungsverpflichtungen bestreiten. Mit unserem Wohnungsportfolio und den Fonds sind wir in Märkten mit unterschiedlichen ­Volatilitäten und Fristigkeiten.

Würden Sie auch Umkehrhypotheken ­vergeben? Dabei kauft man älteren Leuten für relativ geringes Geld deren Wohnungs­eigentum ab und kompensiert dies mit einem Nießbrauchrecht auf Lebenszeit. Diese ­Spekulation auf die Lebenserwartung des Nießbrauchnehmers peppt dessen Rente auf und hilft dem Investor, günstig an ­Wohnungen zu kommen.

Für die Stiftung wäre das zu kleinteilig. ­Gerade bei einer breiten regionalen Ver­teilung der Objekte wäre der Betreuungsaufwand zu hoch.

Möglicherweise wäre das von den Größen her etwas für kleinere ­Stiftungen. Aber: Bei Immobilien darf man den Instandhaltungsaufwand nicht unterschätzen. Stiftungen sind für die Ewigkeit angelegt, deren Knowhow schwankt allerdings sehr stark mit dem Kommen und Gehen der Protagonisten. ­Immobilien benötigen aber eine konstante Betreuung. Am langen Ende könnten für kleinere Stiftungen bei Immobilien die Risiken größer als die Chancen sein. Hilfreich könnten Fonds sein. Wir versuchen die ­Gesellschaften zu motivieren, kleinere ­Ticketgrößen zu machen.

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