Spezialversicherer mit Kapitalanlage-Spezialitäten
Wolfgang Hofbauer erklärt Patrick Eisele, was einen Spezialversicherer speziell macht. Eine Rechtsschutzversicherung muss sich selbst vor Risiken schützen – gleichzeitig aber auch passende Risiken eingehen. Dabei steht die Kapitalanlage vor besonderen Herausforderungen. Diese betreffen Regulierung, Kosten oder Losgrößen. Dies wiederum wirkt sich nicht zuletzt auf die Allokation in Alternatives aus. Die DMB Rechtsschutz hat ihren Weg gefunden, 80 Millionen Euro an AuM in einer professionellen Struktur anzulegen.
Was ist das Risiko einer Rechtsschutzversicherung. Vielleicht keine Storno- aber eine Klagewelle?
Was die ganze Branche betroffen hat, war der Dieselskandal. Dieser ist der teuerste Schaden in der Geschichte der Rechtsschutzversicherung. Ein Risiko, welches wir schwer greifen können, sind Änderungen in der Rechtsprechung. Grundsätzlich verfolgen wir ein sehr kleinteiliges Geschäft im Privatkunden- und Gewerbebereich. Die DMB Rechtsschutz bietet keine Manager- oder Firmenvertrags-Rechtsschutzversicherung an, wo sehr hohe
Risiken bestehen. Damit sind unsere Risiken relativ gut verteilt.
Die DMB Rechtsschutz ist der Versicherer des Deutschen Mieterbunds. Besteht kein Risiko, dass ein großer Wohnkonzern sich seinen Mietern gegenüber besonders ruppig verhält?
Zu rund 70 Prozent machen wir normales Privatkundengeschäft. Nur 30 Prozent liegen im Bereich Mietrechtsschutz, wo wir ausschließlich im gerichtlichen Bereich tätig sind, also nicht außer- oder vorgerichtlich. Hinzu kommt, dass die Wohnungsmärkte in den deutschen Großstädten auch sehr unterschiedlich sind. Vielleicht haben wir in einer Stadt ein Klumpenrisiko, dieses besteht aber nicht deutschlandweit.
Ist es ein Vorteil, dass die Zahl der Haushalte wächst?
Je mehr Haushalte, desto größer ist das Potenzial für Rechtsschutz. Aktuell hat ungefähr die Hälfte der Deutschen eine Rechtsschutzversicherung. Für die DMB Rechtsschutz bestehen also durchaus weitere Wachstumschancen.
Die Beitragseinnahmen der Gesellschaft sind seit dem Jahr 2004 bis heute von 14 Millionen Euro auf über 38 Millionen Euro gestiegen. Im Maklervertrieb sind wir von 0,3 Millionen Euro auf knapp 25 Millionen Euro gewachsen. Der Bestand der Versicherung hat sich von 3.300 auf über 140.000 Verträge erhöht.
Aber wollen sich die Leute in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eine Rechtsschutzversicherung leisten?
Im Gegenteil: Rechtsschutz ist immer dann gefragt, wenn es für die Leute ungemütlich wird. Dann wollen sie sich absichern.
Wie lief das Jahr 2023 für die DMB Rechtsschutz? Belastet der Zinsanstieg die Bewertungen oder überwiegt die Freude bei der Neuanlage?
In 2022 hat der Zinsanstieg unsere stillen Reserven deutlich schrumpfen lassen. Im Saldo hatten wir Ende 2022 aber immer noch drei Millionen Euro an stillen Reserven. Dank dem gestiegenen Zinsniveau können wir nun wieder in höhere Kupons investieren. Dabei hilft uns, dass wir als Rechtsschutzversicherer regelmäßige Prämieneinnahmen haben. Ich war seit 2004 hier bei der DMB Rechtsschutz und in all den Jahren war unser Cashflow immer positiv, wir hatten also nach Schäden und Kosten immer noch Geld für die Kapitalanlage übrig.
Zudem haben wir nicht die lange Duration einer Lebensversicherung. Prinzipiell sind wir mit einer Schaden-/Unfallversicherung zu vergleichen, sind bei Fixed Income also in Laufzeiten von vier bis sechs Jahren unterwegs. Auch das war im Zinsanstieg von Vorteil.
Schaden-/Unfallversicherungen leiden ziemlich unter der Inflation.
Das Thema Inflation spielt natürlich auch im Rechtsschutzbereich eine Rolle, da die Streitwerte etwas höher werden. Wir sind allerdings bezüglich Inflation deutlich weniger exponiert als eine Kfz- oder Wohngebäudeversicherung. Die Kosten für Auto-Ersatzteile stiegen ja enorm. Was uns hilft, sind die Staffelgrenzen für Anwaltshonorare. Dadurch trifft uns Inflation deutlich weniger. Wir haben in 2022 nach Empfehlung des GDV unsere Reserven um etwa vier bis fünf Prozent nach oben angepasst. Das ist im Vergleich zu Kfz- oder Wohngebäudeversicherung deutlich weniger.
Macht für das Risikomanagement ein internes Solvency-II-Modell Sinn?
Wir haben uns für das Standardmodell entschieden und arbeiten auch nicht mit unternehmensspezifischen Parametern. Seit der Änderung der Standardparameter im Standardmodell vor einigen Jahren hat sich die Berechnung, gerade was das Thema des Reserverisikos betrifft, marktgerecht entwickelt.
Aus meiner Sicht macht es für ein Unternehmen in unserer Größenklasse keinen Sinn mehr, ein internes Modell aufzubauen oder ein USP einzuführen. Dafür wären die entsprechenden Auflagen von Seiten der Aufsicht so hoch, dass wir sie kaum erfüllen könnten.
Hat Solvency II einen Nutzen für das Risikomanagement? Oder macht man es eben für die Aufsicht?
Auf globaler Ebene hilft Solvency II bei der Quantifizierung von Risiken. Was aber unser Versicherungsgeschäft betrifft, da sind wir eher klassisch unterwegs und beschäftigen uns auf operativer Ebene mit Neugeschäft, Schäden, Kosten und so weiter. Das ist für unser Geschäftsmodell schlussendlich entscheidend.
Ein wichtiger Bestandteil unseres Geschäftsmodells und auch des Asset Liability Managements ist Liquiditätsmanagement. Wir wollen auf keinen Fall in die Verlegenheit kommen, im falschen Moment etwas verkaufen zu müssen. Ein Punkt ist auch, dass der Großteil unserer Prämieneinnahmen auf Januar und Februar entfällt, was wir in der Jahressteuerung berücksichtigen müssen. Im Krisenjahr 2022 und teilweise auch noch in 2023 haben wir sehr hohe Liquiditätsreserven gehalten.
Umso besser, dass es wieder Zinsen gibt.
Absolut! Selbst Kurzfristanlagen wie Tagesgelder werden wieder spürbar verzinst und die Opportunitätskosten bei Anlagen in Staatsanleihen sind auch nicht hoch.
Zugekauft haben wir dieses Jahr vor allem bei Unternehmensanleihen und hier insbesondere bei den kurzen Laufzeiten. Wenn bei den Zentralbanken Zinssenkungen anstehen, wollen wir in mittelfristige Laufzeiten gehen.
Was findet sich ansonsten im Portfolio?
Unsere knapp 80 Millionen Euro liegen zu 55 Prozent in unserem Spezialfonds. Außerdem haben wir Publikumsfonds, alternative Anlagen von derzeit rund 20 Prozent und einen gewissen Direktbestand, den ich selbst manage. Der Direktbestand besteht aus einfachen Papieren, weil wir das sonst unter Risikomanagement-Gesichtspunkten nicht darstellen können.
Sachversicherer haben oft relativ hohe Aktienquoten.
Wir haben derzeit rund sechs bis sieben Prozent in Aktien über den Spezialfonds investiert. Bis zum Jahr 2022 waren es etwa doppelt so viel. Die Aktienmärkte waren gerade in 2022 schwierig und wir haben unsere Aktien zugunsten von Alternative Assets abgebaut.
Wegen der Performance oder wegen der Bewertungsstabilität?
Die Stabilität ist für uns ein wichtiger Punkt. Auch darum haben wir innerhalb der Alternative-Asset-Allokation eine breite Streuung. Wir haben Erneuerbare Energien, Infrastruktur, Private Debt und Private Equity. Alle besitzen natürlich auch ein interessantes Renditepotenzial.
20 Prozent von 80 Millionen sind 16 Millionen Euro. Wie kann man diesen Betrag vernünftig innerhalb von Alternatives streuen?
Ich habe einen sehr guten Draht zu Blackrock. Auch Blackrock weiß es zu schätzen, dass wir zusammengenommen in den letzten Jahren einen für uns relativ großen Gesamtbetrag investieren – auch wenn in den einzelnen Strategien nicht ganz so große Commitments von uns kommen. Das ist der Vorteil eines Vollsortimenters.
Wie sind die Fees gestaltet?
Die Gebühren sind sehr individuell und den unterschiedlichen Strategien geschuldet. Mit Blick auf das Investitionsniveau unseres Hauses sind die Kosten durchaus im Rahmen und marktgängig. Es ist ein sehr faires Miteinander.
Rein portfoliotheoretisch gedacht wäre eine Managerdiversifikation sinnvoll. Oder überwiegt der Administrationsvorteil?
Die Fonds agieren eigenständig und reporten alle separat. Es sind ja auch verschiedene Manager, was wiederum zur Streuung beiträgt. Aber natürlich ist es einfacher, mit einer Adresse zu arbeiten.
Zu Adams Street besitze ich auch gute Kontakte und wir haben damit einen zweiten Partner für Private Credit. Wir haben zwar schon zwei Private-Debt-Fonds von Blackrock. Diese besitzen aber einen Europa-Fokus. Adams Street investiert vor allem in den USA, was uns hilft, geografisch zu diversifizieren. Für die USA sprechen auch, dass der Private-Credit-Markt dort deutlich größer als in Europa ist und das höhere Zinsniveau.
Wie waren bislang die Erfahrungen mit der alternativen Welt?
Wir investieren seit fast zehn Jahren in alternative Anlagen und bislang hat sich alles planmäßig entwickelt. Bei Credits sind unsere Erwartungen sogar übertroffen worden. Als wir investiert haben, waren die Zinsen nahe null oder sogar negativ. Durch den Zinsanstieg gab es, auch was die Ausschüttungen betrifft, deutliche Anpassungen nach oben.
Hat die Versicherung für Alternatives die nötigen Ressourcen? Auch beispielsweise bezüglich des MaGo-Rundschreibens 2/2017?
Diese Anforderungen erfüllen wir komplett. Dies gilt auch für das Risikomanagement und die Solvenzmeldungen.
Für die Alternatives nutzen wir einen externen Berater. Er – und wir sowieso – prüft jedes einzelne Investment, bevor wir uns für eine Zeichnung entscheiden. In unserem internen Controlling gleichen wir regelmäßig auch die Vorhersagen und tatsächlichen Entwicklungen der einzelnen Fonds ab und lassen das zusätzlich extern überprüfen.
Mein Ziel für die Kapitalanlage war immer, sich gerade mit einer kleinen Gesellschaft komplett professionell aufzustellen. Wichtig war dabei als allererstes Element bereits 2004 der Spezialfonds.
Fiduziarische Dienstleister fänden ein Outsourcing professionell – und hätten mit den steigenden Anforderungen einerseits und den knappen Ressourcen andererseits auch nachvollziehbare Argumente.
Im Falle einer kompletten Ausgliederung würden wir mit der Kapitalanlage ein zentrales Aufgabengebiet und damit auch Expertise verlieren. Wir müssten aber trotzdem noch Vorgaben geben und steuern. Darum haben wir uns gegen ein Outsourcing der Kapitalanlage entschieden, halten diese aber im Direktbestand möglichst einfach.
Unseren IT-Betrieb haben wir komplett ausgegliedert. Die Anforderungen, auch was Technologie und Sicherheit betrifft, steigen immer weiter. Für das Outsourcing an dieser Stelle sprach auch, dass für eine Versicherung IT weniger eine zentrale Kompetenz als die Kapitalanlage ist.
Unsere Erfahrungen mit der IT-Ausgliederung an Cancom sind absolut positiv. Zumal wir auch das Sicherheitsniveau sehr schätzen. Gerade Cyber Risk ist für eine Versicherung ein Albtraum und ein großes Reputationsrisiko. Für unsere versicherungsspezifischen Anwendungen setzen wir die Standardsoftware von PiAL ein. Wir können nicht mehr selbst programmieren, dafür fehlen uns das Know-how und die Ressourcen.
Wie sah hier die Kapitalanlage anno 2004 aus? Warum war der Spezialfonds so wichtig?
Das Portfolio sah aus wie bei einer Privatperson: ein direkter, ungesicherter Aktienbestand und einzelne Unternehmensanleihen aus Deutschland und
USA ohne erkennbare Logik. Damals waren hier in der Gesellschaft auch noch die Nachwehen der geplatzten TMT-Bubble deutlich zu spüren.
Mit dem Spezialfonds können wir unabhängig von unseren internen Möglichkeiten alles machen, was ein modernes Kapitalanlagenmanagement ausmacht. Beispielsweise konnten wir eine quantitative Dividenden-Aktienstrategie mit inhärenter Absicherung und regelgebundenem Stillhalter-Overlay aufbauen. Mit Cliquet-Put-Optionen haben wir eine mehrjährige Aktien-Absicherungsstrategie gefahren, bei der einmal im Jahr der Basispreis der Puts angepasst wurde. Bei steigenden Kursen führte dies automatisch und kontinuierlich zu höheren Niveaus der Absicherung. Weiterhin setzten wir zur Absicherung auf eine Vola-Strategie mittels Varianz-Swaps.
In der Aktienanlage sind wir seit dem vergangenen Jahr dabei, einen opportunistischen Ansatz mittels Spread Trades umzusetzen. Mit Spread Trades erhöhen wir wieder unser Aktien-Exposure, und zwar mit geringer Kapitalbindung und inhärentem stop loss. Dazu dient die Kombination aus long put und Verkauf eines short puts zur Finanzierung des long calls.
Der Spezialfonds gibt uns viel mehr Spielraum als wir ansonsten in der Direktanlage bei unserer Größenordnung und Personalausstattung hätten. In der Direktanlage können wir wie erwähnt nur einfache Anleihen machen, die wir möglichst bis zur Endfälligkeit halten. Namensschuldverschreibungen sind uns nicht mehr möglich, weil wir sie nicht mehr bewerten können, wegen der Ratinganforderungen sowie wegen der nicht zu uns passenden Stückelungen. Unsere Losgröße liegt in der Regel bei einer Million Euro pro Emission.
Im Spezialfonds können wir aber zum Beispiel auch Preferred Stocks erwerben und aktives Durationsmanagement betreiben. Wir wollen breit aufgestellt sein und alle Möglichkeiten nutzen können – und dabei hilft uns der Spezialfonds.
Sind im Spezialfonds auch die Alternatives aufgehängt?
Nein. In dieser Größenordnung darf der Spezialfonds nicht in alternative Anlagen gehen. Die alternativen Fonds laufen alle außerhalb des Spezialfonds.
Wie kritisch ist das ESG-Reporting?
Für ein Haus unserer Größe steht ein ESG-Reporting erst im Jahr 2026 an. Dann wird es uns in vollem Umfang treffen. Proportionalitätsgesichtspunkte oder allgemeine Erleichterungen sind nicht vorgesehen. Gerade das Nachhaltigkeits-Reporting ist äußerst diffizil und für uns unter Kosten-Nutzen- Gesichtspunkten ganz schwer darstellbar. Wir haben aber noch Hoffnung, dass seitens der Politik die Anforderungen runtergesetzt werden.
Die Bafin sagt doch, dass man das Proportionalitätsprinzip stärken möchte.
Das bezieht sich mehr auf Solvency II. Das Problem ist, dass es bisher keine Definition gibt, was mit Proportionalität eigentlich gemeint ist. In der aktuellen Weiterentwicklung des Aufsichtsrahmens soll aber die explizite Einführung eines Proportionalitätsansatzes automatisch bestimmte Vereinfachungen ab 2026 ermöglichen. Offen ist allerdings, welche Unternehmen dazu tatsächlich berechtigt sein werden, alle Anforderungen an ein geringes Risikoprofil erfüllen und welche praktische Bedeutung das haben kann.
Bei aller Aufgeschlossenheit für illiquide Assets und mit Blick auf andere Anleger: Warum ging die DMB Rechtsschutz nicht auch in großem Stil in Immobilien?
Wir sind in einen Immobilienpublikumsfonds investiert. Den haben wir seit Jahren und der läuft recht passabel. Ansonsten haben wir noch unser Geschäftsgebäude in Köln, das wir zu 70 Prozent selbst nutzen. Aus meiner Sicht sollte man nur in Immobilien investieren, wenn man dafür intern
eine ausgewiesene Expertise hat. Ansonsten fressen, gerade bei kleineren Beteiligungen, die Kosten die Rendite weitgehend auf. Uns fehlt die eigene Expertise, um selbst einen Teil der Wertschöpfungskette abdecken zu können. Darum halten wir uns bei Immobilienengagements zurück.
Übt man denn bezüglich Immobilien auch bei Aktien und Anleihen von Wohnungsunternehmen wie Vonovia oder TAG Zurückhaltung? Im Versicherungsgeschäft sind das doch natürliche Gegner der DMB Rechtsschutz-Kunden.
Nein. Wir zeichnen Mietrechtsschutz, haben deswegen aber keine Ausschlüsse in der Kapitalanlage. Die DMB Rechtsschutz hat im Versicherungsgeschäft und in der Kapitalanlage alle Möglichkeiten. Ob wir Vonovia-Aktien haben, ist schlussendlich eine Entscheidung des Advisors unseres Spezialfonds, der Aquila.
Wolfgang, Du stehst zum Zeitpunkt des Interviews kurz vor dem Renteneintritt. Was würdest Du der Branche für die Zukunft wünschen?
In diesem Land bräuchte es deutlich weniger Bürokratie und mehr Fokus auf die wesentlichen Dinge. Viele, viele Kleinigkeiten verursachen einen immensen Aufwand und helfen nicht wirklich.
Beispielsweise sind die Reporting-Aufgaben mittlerweile sehr hoch. Das erinnert wiederum an die Einführung von Solvency II, wo die Politik eindeutig erklärt hat, dass Solvency II kein Mechanismus zur Förderung einer Bereinigung des Versicherungsmarkts sein soll. In der ganzen Regulierungsflut – neben Solvency II, VAIT und DORA und so weiter – hat man das mittlerweile wohl vergessen. Es sollte mehr darauf geachtet werden, dass man die Vielfalt im deutschen Versicherungsmarkt nicht gefährdet.
Mit Dir verabschiedet sich wohl auch einer der Letzten, die den Untergang der Mannheimer Leben live mitbekommen haben. Was war damals los?
Die Mannheimer Lebensversicherung hat sich damals entschieden, die Aktienquote sehr stark zu erhöhen. Die Mannheimer AG Holding war damals im M-Dax notiert und diese Entscheidung pro Aktien fanden alle Analysten, die die Mannheimer coverten, gut. Hohe Aktienquoten sollten eben auch hohe Überschussbeteiligungen ermöglichen. Die Mannheimer Leben hatte damals zwischen 22 und 24 Prozent in Aktien. Erlaubt waren 40 Prozent.
Meines Erachtens hat die Mannheimer Leben viel zu lange gezögert, gegenzusteuern. Das Risikomanagement hatte nicht den Stellenwert wie heute. Man fuhr eine Aktienquote, die für das Eigenkapital einfach zu hoch war, und man hat nicht damit gerechnet, dass die Aktienmärkte so stark, und dann noch über einen Zeitraum von nahezu drei Jahren, einbrechen. Da ist Solvency II wirklich ein Fortschritt.
Zum Verhängnis wurde auch, dass die Mannheimer alleinstehend war und nicht von einem großen Konzernverbund Garantien erhalten konnte, die die Aufsicht zufriedengestellt hätten. Dabei ging es bei der Mannheimer damals im Vergleich zu nachfolgenden Krisen nur um sogenannte Peanuts.
Kam die Einführung des Paragrafen 341b HGB zu spät?
Der 341b sorgte in der Bilanz 2001 für eine handelsrechtliche Erleichterung bezüglich stiller Lasten. Da allerdings 2002 die Kurse noch tiefer rauschten, half das allerdings immer weniger. Bei der Bedeckung der Lebensversicherungen sind zudem die Zeitwerte relevant.
Investiert war die Mannheimer Leben nur in Blue Chips und nicht im Neuen Markt. Die Aktien haben sich alle ab 2004 schnell wieder erholt.
Lehman Brothers ist auch gescheitert, weil die wichtigen Akteure ein Problem mit dem Chef der Bank hatten. War der Vorstandschef der Mannheimer Leben, Hans Schreiber, vielleicht auch zu speziell?
Schreiber war in der Branche ein Enfant Terrible und die Beziehung mit der Aufsicht war schwierig. Ich halte es für möglich, dass der damalige Bafin-Chef Jochen Sanio ganz bewusst ein Exempel an Schreiber statuieren wollte. Letztlich wollten sich aber einige deutsche Lebensversicherer der sogenannten Branchenlösung des GDV nicht anschließen. Lernen sollte man daraus, dass man nie in eine Situation kommen darf, in der man nicht mehr agieren kann und keine Handlungsoptionen verbleiben. Und dafür braucht es ein adäquates Risikomanagement.
Wie geht es für Dich weiter?
Ich werde verstärkt meinen Hobbys, vor allem der Fotografie in Verbindung mit Expeditionsreisen, nachgehen und freue mich auf die Zeit mit meinem Enkel. Und dann schaun mer mal, ob sich noch die eine oder andere interessante Aufgabe ergibt.
Zur DMB Rechtschutz: Im Schatten der milliardenschweren Versicherungskonzerne gibt es in Deutschland auch eine Vielzahl von Spezialversicherungsunternehmen. Dazu zählen Versicherungen für Rechtsschutz, Tierschutz, Fahrlehrer, Gartenbau oder Sterbegeld. Rechtsschutz-Produkte finden private und gewerbliche Kunden bei den Konzernen meist in deren Kraftfahrt-Sparte. Die DMB Rechtsschutz ist neben der KS/Auxilia der einzige konzernunabhängige Spezialversicherer für Rechtsschutz. Die DMB Rechtsschutz ist der Versicherer des Deutschen Mieterbunds.
Für eine Versicherung mit einer Kapitalanlage von knapp 80 Millionen Euro sind die Anforderungen für Regulatorik und Kapitalanlage relativ hoch. Eine professionelle Aufstellung der Kapitalanlage war für den nun ausgeschiedenen Vorstandsvorsitzenden Dr. Wolfgang Hofbauer immer ein sehr großes Anliegen. Hofbauer war von 2004 an bei dem in Köln ansässigen Spezialversicherer tätig. Seit damals haben sich die gesamten Beitragseinnahmen fast verdreifacht. Der Vertragsbestand hat sich von 3.300 auf über 140.000 Verträge erhöht. Neuer Vorstandsvorsitzender ist seit diesem Jahr Michael
Eichhorn.
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: Alternative Anlagen | Spezialfonds
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