Administration
15. März 2023

Spezialfonds-Markt tritt in neue Epoche ein

Versicherungen als größte Anlegergruppe abgelöst. Kommalpha konstatiert zunehmenden Anteilsscheinhandel und abnehmendes Gesamtvolumen.

Im Dezember 2022 wurde Geschichte geschrieben! Erstmals haben von Altersvorsorgeeinrichtungen gehaltene deutsche Spezialfonds diejenigen der Versicherungen bei den Assets under Administration als Spitzenreiter abgelöst. Dabei waren Versicherungen seit Beginn der Zeitrechnung im Spezialfondsmarkt immer die größte Anteilseignergruppe. Wie das „Spezialfondsmarkt Quarterly“ aus dem Hause Kommalpha berichtet, summierten sich per Ende 2020 die in Spezialfonds von Altersvorsorgeeinrichtungen administrierten Assets auf 530,4 Milliarden Euro. Das Spezialfondsvolumen von Versicherungen betrug zum Jahresende 525,9 Milliarden Euro. Insgesamt lagen zu diesem Zeitpunkt 1.894,8 Milliarden Euro in deutschen Spezialfonds. Von diesem Volumen entfallen nun 28 Prozent auf Altersvorsorgeeinrichtungen und 27,8 Prozent auf Versicherungen. Stiftungen folgen abgeschlagen mit einem Marktanteil von 12,4 Prozent knapp vor Kreditinstituten.

Zum Überholmanöver setzten die Altersversorger erst in jüngerer Zeit an. Noch Ende Januar 2010 stand der Pegel der Spezialfonds von Versicherungen bei 245,4 Milliarden Euro und der der Altersvorsorgeeinrichtungen bei 114,1 Milliarden Euro. Im Zeitverlauf entwickeln sich die Spezialfondsvolumina der beiden Anlegergruppen mit gleichen Mustern im Hinblick auf bestimmte Kapitalmarktsituationen sowie die jeweiligen Nettomittelaufkommen. Zum Wechsel an der Spitze des Volumenrankings kam es erst durch die Änderung des Zinszyklus Anfang 2022, in dem die Spezialfondsvolumina von Versicherungen deutlich stärker abnahmen als die von Altersvorsorgeeinrichtungen. Grund dafür ist die stärkere Zinssensitivität der Bonds-lastigeren Kapitalanlagen mit zudem besonders langen Durationen von Versicherungen in Spezialfonds.

Gesamtvolumen schrumpft

Zu hoffen bleibt, dass Historiker nicht eines Tages die Geschehnisse vom Dezember 2022 rückblickend auch noch aus einem weiteren Grund als epochal einstufen. Ende Januar 2022 lag nämlich das Spezialfondsvolumen in Deutschland noch bei 2.117 Milliarden Euro. Trotz positiver Nettomittelaufkommen im vergangenen Jahr ist der Spezialfondsmarkt damit um 219 Milliarden Euro geschrumpft. „Das ist eine dramatische Reduzierung der Ertragsgrundlage der Asset-Management-Industrie in Deutschland“, warnt Kommalpha-Vorstand Clemens Schuerhoff. „Ein Basispunkt von 219 Milliarden Euro beträgt 22 Millionen Euro und somit können die Ertragsverluste auf Basis von Margeneinschätzungen ziemlich genau ermittelt werden.“ Als Menetekel lässt sich hier auch das vierte Quartal 2022 deuten: „Insgesamt wurden in den letzten drei Monaten des vergangenen Jahres lediglich 11,9 Milliarden Euro netto in Spezialfonds dotiert. Dieses Ergebnis ist bemerkenswert schwach, da das vierte Quartal in den letzten Jahren immer das mit Abstand stärkste Quartal hinsichtlich des Nettomittelaufkommens war“, schreibt Schuerhoff. Zum Vergleich: Im vierten Quartal 2021 wurden 57,7 Milliarden Euro netto eingesammelt. Der November 2022 reiht sich sogar in die wenigen historischen Monate mit Nettomittelabflüssen in Höhe von 3,2 Milliarden Euro ein. Schuerhoff: „Insofern war das ein schwarzer November 2022 in Bezug auf das Nettomittelaufkommen.“ Bei Versicherungen war diese Größe sogar das gesamte letzte Quartal im vergangenen Jahr mit 5,7 Milliarden Euro negativ.

Sehr lebhafter Anteilsscheinhandel

Bemerkenswert ist die Entwicklung beim Nettomittelaufkommen auch, weil die Zuflüsse von frischer Liquidität im vierten Quartal 2022 mit 103,2 Milliarden Euro bemerkenswert hoch waren. „Die schon seit längerer Zeit zu beobachtende hohe Umschlagshäufigkeit von Spezialfondsanteilen im Sinne der Differenz von Mittelzuflüssen und Nettomittelaufkommen hat sich im vierten Quartal noch einmal erhöht. Nur rund jeder zehnte Euro frische Liquidität verblieb netto in Spezialfondsmandaten“, kommentiert Schuerhoff. Der Rest wurde dem Spezialfondsmarkt wieder entzogen, in Summe rund 91 Milliarden Euro. „Das ist ein extrem hoher Wert. Die Anteilscheindynamik im Spezialfondsgeschäft war noch nie so hoch wie im vierten Quartal 2022.“

Diese Entwicklung ist auch im Gesamtjahr zu erkennen. Das Nettomittelaufkommen von deutschen Spezialfonds beträgt im Jahr 2022 knapp 73 Milliarden Euro. Damit wird das sehr hohe Niveau des Vorjahres um fast 44 Milliarden Euro unterschritten. Die Zuflüsse von frischer Liquidität in Höhe von 307,6 Milliarden Euro im Jahr 2022 liegen allerdings deutlich über denen des Vorjahres, und zwar mit 23 Milliarden Euro. Auf Jahressicht war das Jahr 2022 somit mit wesentlich höherer Dynamik im Anteilsscheingeschäft im Vergleich zu 2021 geprägt. Die Differenz zwischen Mittelzuflüssen und Nettomittelaufkommen beträgt 2022 rund 235 Milliarden Euro. Im Vorjahr 2021 betrug dieser Wert noch 168 Milliarden Euro.

Brennend interessiert natürlich, wo dieser enorme Betrag von 235 Milliarden Euro hin ist. „Leider gibt es keinerlei Daten über eine Verwendungsrechnung“, so Schuerhoff. „Unsere Einschätzung ist daher, dass Allokationen außerhalb des Spezialfondsmantels (Luxemburg, Direktanlage etc.) sowie der Einsatz für betriebliche und bilanzielle Zwecke die Hauptgründe dieser Liquiditätsabschöpfung aus dem Spezialfondsmarkt sind.“

Aktieninvestoren beweisen Antizyklik

Eine interessante Entwicklung ist auch bei den Aktienfonds, die mit einem Volumen von 123 Milliarden Euro auf einen Spezialfonds-Marktanteil von 6,5 Prozent kommen, zu erkennen. Wird deutschen institutionellen Anlegern gemeinhin nachgesagt, sie würden zu wenig antizyklisch investieren, so gilt das nicht für das vierte Quartal: Gerade als die Markterholung begann, zogen die Instis aus Aktien-Spezialfonds 6,2 Milliarden Euro netto ab. Unterstützt wurde das Quarterly von BNP Paribas, DZ Bank, HSBC Inka und Société Générale Securities Services.

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