Pension Management
6. März 2024

So mächtig wird die geplante Stiftung Generationenkapital

Die Reform der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland nimmt Gestalt an. Geplant ist ein milliardenschwerer Kapitalstock, der durch Zuführungen aus dem Bundeshaushalt in Form von Darlehen und Eigenmitteln aufgebaut werden soll.

Die Bundesregierung will die bislang umlagefinanzierte und auf Steuermittel angewiesene erste Säule der deutschen Rentenversicherung um eine kapitalgedeckte Säule ergänzen. Entsprechende Pläne haben Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Dienstag (5.3.) im Zusammenhang mit dem lange angekündigten Rentenpaket II vorgestellt.

Ein zentrales Element der geplanten Reform ist die Fixierung des Rentenniveaus bei den derzeit geltenden 48 Prozent. Nach geltendem Recht und ohne das Rentenpaket würde das Rentenniveau laut Medienberichten im Zuge des demografischen Wandels bald zu schrumpfen beginnen und längerfristig unter 45 Prozent sinken.

Zur Finanzierung der Renten soll künftig neben den Beiträgen und den Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt eine dritte Quelle beitragen: das sogenannte Generationenkapital. Unter diesem Titel wird (wie zuvor berichtet) eine neue, zusätzliche Komponente zur Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung aufgebaut.

Um mit dem Generationenkapital eine spürbare Entlastung für die gesetzliche Rentenversicherung zu erreichen, muss ein großer Kapitalstock in Höhe eines dreistelligen Milliardenbetrags aufgebaut werden. Die Regierung will vor diesem Hintergrund Darlehen sowie Eigenmittel für die noch zu gründende Stiftung „Generationenkapital“ bereitstellen.

Die öffentlich-rechtliche Stiftung soll einerseits vom Staat Darlehen erhalten, die dieser wiederum über die Aufnahme von Krediten finanziert. Dieses Jahr sind hierfür zwölf Milliarden Euro vorgesehen. In Zukunft sollen die Zuführungen jährlich um drei Prozent steigen, wie Medien berichten. Andererseits sehen die Pläne vor, dass der Bund Vermögenswerte in Höhe von 15 Milliarden Euro bis 2028 als Eigenkapital an die Stiftung überträgt. Das können zum Beispiel Beteiligungen des Bundes sein.

Stiftung Generationenkapital soll global anlegen

Die Stiftung mit dem Namen „Generationenkapital“ soll die zur Verfügung gestellten Mittel laut Ministeriumsangaben „renditeorientiert und global diversifiziert am Kapitalmarkt anlegen“. Dabei soll die Renditedifferenz zwischen höher rentierlichen Investments am Kapitalmarkt und niedriger verzinsten Bundeswertpapieren ausgenutzt werden. Aus den so generierten Erträgen sollen (nach Abzug der Zinsen auf das Fremdkapital) ab dem Jahr 2036 Ausschüttungen an die gesetzliche Rentenversicherung zur Stabilisierung der Rentenversicherungsbeiträge geleistet werden.

Der Stiftungsvorstand soll über die Anlage der Mittel im Rahmen einer Anlagerichtlinie des Bundes entscheiden. Ein Stiftungskuratorium soll den Vorstand beaufsichtigen. Für den Aufbau der Stiftung sollen zunächst die operativen Strukturen des Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (Kenfo) als bereits etablierten öffentlichen Vermögensverwalter voraussichtlich bis zum Ende des Jahres 2026 genutzt werden.

Das Generationenkapital soll auf Dauer angelegt werden, der aufgebaute Kapitalstock also dauerhaft bestehen bleiben. Daher sollen auch nur die Erträge aus der Kapitalanlage als Finanzierungsbeitrag für die Rentenversicherung verwendet werden.

DIA: demografische Probleme werden nicht gelöst

Das deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) weist in einem Kommentar darauf hin, dass das Rentenpaket II der Ampelregierung mit dem „Generationenkapital“ zwar den Einstieg in eine Teilkapitaldeckung enthält. Gleichwohl löse das die demografischen Probleme des umlagefinanzierten Rentensystems aber bei weitem nicht. „Die Reform kommt zwar einen Schritt voran, aber gleichzeitig geht der Bundesarbeitsminister bei der Konzeption des Rentenpakets zwei Schritte zurück, indem Anpassungen des Rentensystems mit zwei anderen Stellschrauben kategorisch ausgeschlossen werden“, erklärt DIA-Sprecher Klaus Morgenstern. So soll das Rentenniveau weiterhin auf 48 Prozent festgeschrieben werden. Außerdem erteilt Heil weiteren Veränderungen beim Renteneintrittsalter eine klare Absage.

Damit zeige Minister Heil, so DIA-Sprecher Morgenstern weiter, dass die Gelehrten im eigenen Land nichts gelten. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtlichen Entwicklung hatte erst vor einigen Monaten in seinem jüngsten Gutachten die Kopplung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung vorgeschlagen. Eine solche Dynamisierung wirkt sich den Angaben zufolge günstig auf das Sicherungsniveau, den Beitragssatz und die Rentenausgaben aus. Sie adressiere, so die Gutachter, als einzige Maßnahme direkt die weiter steigende Lebenserwartung. „Stattdessen wird mit dem Rentenpaket II das Rentenniveau nun auch über 2025 hinaus gesetzlich festgezurrt, ohne eine überzeugende Antwort mitzuliefern, wie die damit verbundenen zusätzlichen Belastungen für das Rentensystem finanziert werden sollen“, kritisiert Morgenstern.

Der Einstieg in eine Teilkapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung könne nur ein allererster Schritt zur Stabilisierung der Rentenfinanzen sein. „Mehr Kapitaldeckung ist ohne Frage zu begrüßen. Aber die Entlastung durch das Generationenkapital wird nicht ausreichen.“ Denn es sei zu einem großen Anteil kreditfinanziert. Vom Anlageergebnis muss also noch der Kreditzins abgezogen werden. Außerdem machten die erhofften zehn Milliarden Euro jährlichen Erträge ab Mitte der 30er Jahre nur einen Bruchteil der Gesamtausgaben der Rentenversicherung aus, die schon im vergangenen Jahr rund 375 Milliarden Euro betrugen und weiterhin ansteigen.

BVI: Zwölf Milliarden sind ein Tropfen auf den heißen Stein

Auch Thomas Richter, BVI-Hauptgeschäftsführer, kommentiert das Vorhaben. Das Generationenkapital bezeichnet er als politischen Kompromiss. „Das ursprünglich von der FDP vorgeschlagene Modell der Aktienrente nach schwedischem Vorbild war besser. In Schweden erfolgt die Finanzierung des kapitalgedeckten Anteils in der gesetzlichen Rente über regelmäßige Beitragszahlungen der Arbeitnehmer in einen staatlichen Fonds oder private Fonds.“ Der BVI unterstütze grundsätzlich die Einführung der Kapitaldeckung in der gesetzlichen Rentenversicherung, aber angesichts deren riesiger Finanzierungsprobleme seien zwölf Milliarden Euro in diesem Jahr ein Tropfen auf den heißen Stein. „Umso wichtiger ist es, dass die Bundesregierung die für dieses Jahr angekündigte Reform der privaten Altersvorsorge umsetzt.“

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