Private Assets – Vermögenswerte langfristig steuern
Die Nachfrage nach Private Assets steigt, dafür sinken die Renditen. Trotzdem bieten die Private Markets – nicht nur relativ zu Public Assets – weiterhin viele interessante Anlagemöglichkeiten. Hierzu im Interview: Georg Wunderlin, Global Head of Private Assets, Schroders.
Schroders hat ein breites Private-Assets-Angebot. Nützt es den Kunden, wenn ein Manager alles aus einer Hand anbieten kann?
Die Vorteile, die sich für Investoren aus dem Zugang zu verschiedenen Private-Assets-Strategien mit nur einem Partner ergeben, gehen deutlich über Skaleneffekte und Kunden-Service hinaus, die mit einem einzigen Ansprechpartner ebenfalls verbunden sind.
Investitionen in Private Markets erfordern Teams mit hochspezialisierten Fähigkeiten. Hierzu haben wir bei Schroders eine Plattform geschaffen, die spezialisierte Teams fördert und ihnen die notwendige Unterstützung bietet. Hinzu kommt: Unser Know-how in einer Vielzahl an Anlagebereichen bildet oftmals eine Grundlage, auf der Private-Assets-Lösungen aufbauen können.
Institutionelle Investoren und Kunden aus dem Private-Wealth-Segment kommen zunehmend mit komplexen Portfolios zu uns. Sie wünschen sich einen ganzheitlichen Ansatz, der verschiedene Anlageklassen berücksichtigt, und eine Kombination verschiedener Private-Assets-Strategien – manchmal sogar Public-Private-Lösungen. Das Ziel lautet: maßgeschneiderte Ergebnisse erzielen.
Um spezifische jährliche Ertrags- und Einkommensziele zu erreichen, ist es beispielsweise möglich, eine Kombination aus „Bullet Return“ Private-Equity-Investments und einkommenserzeugenden Private-Debt-Anlagen zusammenzustellen.
Solche Lösungen werden aus vielerlei Gründen angestrebt. Wir wurden von Privatbanken angesprochen, die Privatkunden oder kleineren Institutionen diversifizierte Portfolio-Bausteine anbieten möchten. Auch haben wir mit sehr großen institutionellen Anlegern gesprochen, die große Teile ihrer Vermögensallokation im Rahmen einer strategischen Partnerschaft auslagern wollen.
Die Nachfrage nach Private Assets steigt stark. Welche Asset-Klasse wird das jetzige Renditeniveau zumindest halten können?
Auf die Fähigkeit unserer Branche, auch in Wachstumsphasen weiterhin hohe Renditen zu erwirtschaften, legen Anleger großes Augenmerk – und das aus gutem Grund.
In absoluten Zahlen gemessen sind die auf Private Markets erzielten Renditen in den vergangenen zehn Jahren zurückgegangen. Aber: Die Outperformance gegenüber Public Assets ist über fünf, zehn und sogar 20 Jahre hinweg weitgehend stabil geblieben. Der Wettbewerb verlangt von jedem Anbieter, entweder Skaleneffekte in standardisierten Bereichen zu realisieren oder sich zu spezialisieren, um einen engeren Bezug zu den Vermögenswerten aufzubauen und hierdurch mehr Kontrolle über den Wertschöpfungsprozess zu erlangen.
Zum Beispiel bieten kleine und mittelgroße Buyouts nach wie vor äußerst interessante Möglichkeiten. Sie resultieren oft daraus, dass sich wachsende und innovative mittelgroße Unternehmen zu internationalen Marktführern entwickeln. Demgegenüber ist bei Large-Cap-Buyouts eine zunehmende Standardisierung erkennbar.
Analog sind im Immobilienbereich heute wesentlich tiefergehende Asset-Management-Fähigkeiten entscheidend, um für Anleger Werte zu schaffen. Eine erfolgreiche Strategie für die Zukunft liegt hier darin, die Objekte effektiv zu betreiben – also Dienstleistungen rund Immobilien abzudecken – anstatt lediglich Mietzahlungen einzunehmen. Beispiele hierfür sind Pflegeheime, Hotels und Service-Büros.
Auch Infrastruktur hat sich in den vergangenen zehn Jahren als wichtige und Anlageklasse etabliert. Investitionen in wesentliche, oft monopolistisch geprägte öffentliche Dienstleistungen wie Fernmeldetürme, Wasser, Energie und Anlagen im Zusammenhang mit Erneuerbaren Energien ermöglichen Investoren den Zugang zu sehr sicheren langfristigen Einkommensströmen. In diesem Zusammenhang sehen wir sehr interessante Möglichkeiten bei Infrastruktur-Anleihen, vor allem auf der nachrangigen Seite, wie auch bei Infrastruktur-Aktien.
Was ist aus Ihrer Sicht der größte Störfaktor? Zu viel Dry Powder, die Konjunktur oder zu viel „Touristen“? Oder …?
Bevor die Corona-Krise die Märkte traf, deuteten aus unserer Sicht die demografische Entwicklung und negative Trends bei der Produktivität auf ein gedämpftes Wirtschaftswachstum und eine niedrige Inflation hin. Hinzu kamen Disruptionen durch populistische Politik, Technologie und Klimawandel, die ebenfalls das Wachstum bremsten. Dieses Umfeld bedeutete: Die Realzinsen bleiben niedrig und Anleger müssen mit substanziellen Veränderungen zurechtkommen, während die Renditen an den Aktienmärkten gering ausfallen dürften.
Wir sind überzeugt: Die Corona-Pandemie verstärkt diese Trends massiv – und die Störkräfte, die wir vor dem Ausbruch identifiziert haben, sind jetzt stärker als zuvor. Staatliche Eingriffe und populistische Gefahren dürften weiter zunehmen. Daher müssen Investoren jetzt agiler als je zuvor sein, um ihre Ziele zu erreichen.
Mit Blick auf die kommenden zehn Jahre denken wir daher, dass politische Fehler populistischer Entscheidungsträger zu den größten Risikofaktoren zählen, ebenso wie ein sich veränderndes Kräfteverhältnis zwischen aufstrebenden Weltmächten und solchen, deren Bedeutung nachlässt. Dies markiert eine große Veränderung gegenüber der stark entpolitisierten Globalisierungsphase, die sich seit dem Ende des kalten Krieges in liberalen Wirtschaftsmodellen vollzog.
Angesichts dieser Herausforderungen werden Investoren auf Private Markets weiterhin eine Vielzahl interessanter Anlagemöglichkeiten finden, die aus den massiven Veränderungen resultieren, die wir global beobachten. Hinzu kommt: Bereits in vergangenen Krisenzeiten hat sich gezeigt, dass das Private Assets zugrundeliegende Governance-Modell, also die vollständige und langfristige Kontrolle über Vermögenswerte verbunden mit einer starken Ausrichtung auf die Ziele von Anlegern, sich selbst in den angespanntesten wirtschaftlichen Zeiten bewährt hat.
Die beiden größte Vorbehalte der LPs gegenüber Private Assets sind Illiquidität und Kosten. Sind hier Änderungen zu erwarten?
Illiquidität und hohe Gebühren sind in der Tat weiterhin Faktoren, die schon seit längerem größeren Allokationen von Private Assets in Investment-Portfolios entgegenstehen. Dies spiegelte sich auch in unserer aktuellen Umfrage unter institutionellen Investoren wider, für die wir alljährlich mit mehreren hundert dieser Anleger sprechen. Sorgen bezüglich der Liquidität sind dabei wenig überraschend, insbesondere für Investoren mit bilanzierten kurzfristigeren Verbindlichkeiten sowie natürlich auch für private Anleger.
Doch klar ist: Die Investoren verstehen sehr gut, dass dies die Kehrseite der inhärenten Vorteile von Private Assets gegenüber Public Assets darstellt. Vermögenswerte über einen längeren Zeitraum steuern zu können, ist der Hauptgrund für Anlagen in Private Markets. Denn nur so können zugehörige Investment-Manager letztlich den Wert der verwalteten Anlagen auf der Grundlage eines längerfristigen strategischen Plans steigern.
Sehen Sie die Regulierung, beispielsweise Solvency II und die Anlageverordnung, als Hindernis für Private Assets?
Wir sehen Regulierung im Allgemeinen nicht als Hindernis. Denn sie findet aus gutem Grund statt und soll die betreffenden Marktteilnehmer schützen, indem sie Risikogrenzen für institutionelle Anleger setzt.
Jedoch haben wir auch schon Fälle erlebt, bei denen die Aufsichtsbehörden die Kapitalanforderungen künstlich hoch angesetzt haben – und zwar auf einem Niveau, das unseres Erachtens nicht dem tatsächlichen wirtschaftlichen Risiko des zugrunde liegenden Vermögenswertes entspricht. Hierbei handelt es sich um eine alte Debatte: Spiegeln Kapitalanforderungen im Wert von null für bestimmte EU-Staatsanleihen das reale Risiko wider, während vergleichbare auf Private Markets gehandelte Anlageklassen – zum Beispiel im Bereich von Infrastruktur mit sehr geringer Volatilität – mit deutlich höheren Kapitalanforderungen belegt werden? Das Risiko besteht darin, dass das Ergebnis der Kapitalallokation suboptimal ausfallen kann, wenn rein politische Sichtweisen die wirtschaftlich sinnvollen dominieren.
Aber es gibt auch positive Aspekte: Wir beurteilen die bevorstehende EU-Verordnung zu nachhaltigen Investments als sehr wichtig. Denn sie wird dazu beitragen, die Volkswirtschaften der beteiligten Staaten auf eines der wichtigsten Ziele unserer Generation auszurichten, nämlich die Erreichung von Klimaneutralität und die Verlangsamung des Klimawandels.
Die Anforderungen an das Set-up in Form von Strukturierungen und Reportings steigen. Ist das eine gesunde Entwicklung? Ist es für kleine oder ausländische Häuser viel schwieriger, diesen Anforderungen gerecht zu werden?
Zu Eintrittsbarrieren für neue Asset Manager zählen sicherlich steigende regulatorische Anforderungen und eine zunehmende Sophistizierung der Anleger auf Private Markets. Deshalb sind wir davon überzeugt, dass letztendlich zwei Anbietergruppen den Markt bestimmen werden: Erstens hoch spezialisierte Boutiquen und zweitens globale Private-Assets-Plattformen.
Schroders verfolgt dabei die Plattform-Strategie. Sie bietet ein sicheres und stabiles Umfeld für spezialisierte Investment-Lösungen und profitiert gleichzeitig vom Umfang und der Stabilität unserer institutionellen Ressourcen. Hierzu zählt hochmodernes operatives Know-how, das sich aus unserem integrierten globalen Netzwerk ergibt.
Einige Beispiele: Seit Anfang vergangenen Jahres haben wir unsere Immobilienplattform um die von uns übernommenen Gesellschaften Blue Asset Management aus München sowie um Pamfleet aus Hongkong erweitert. Und zudem haben wir durch die Akquisition von BlueOrchard eine weltweit führende Impact-Investment-Plattform als neuen Bestandteil zu unserem Angebot hinzugefügt. Alle diese Gesellschaften eint das gemeinsame Ziel, sich als unternehmerische Teams unter dem schützenden und unterstützenden Dach einer globalen Asset-Management-Gruppe weiter zu entwickeln und zu wachsen.
Schroders hat bereits 1853 Kubas Schienennetzausbau mitfinanziert. Was sind heute besonders attraktive Private-Debt-Segmente?
Mit Beginn des Jahres 2020 hatte der Private-Debt-Markt auf breiter Front ein Jahrzehnt des Wachstums durchlebt. Zunehmende Wettbewerbsintensität hatte dabei zu recht günstigen Bedingungen für Kreditnehmer geführt. Doch dann brachte die Corona-Pandemie die Geschäftsaktivitäten in vielen Segmenten innerhalb von nur wenigen Wochen zum Erliegen. Die Folge: Mit Ausnahme des Infrastruktursektors ging die Investitionstätigkeit bei Private Debt dramatisch zurück.
Wir denken jedoch, dass sich Investments in Private Debt im aktuellen Umfeld hervorragend entwickeln können, weil der Bereich überaus anpassungsfähig ist. Es können Konditionen flexibel adjustiert und bei Bedarf Kapital nachgeschossen werden, so dass es in Zusammenarbeit mit den Kreditnehmern möglich ist, schwierige Zeiten zu meistern und gleichzeitig bessere Renditen für Investoren zu erzielen. Insgesamt beobachten wir bei Private Debt eine zunehmende Nachfrage bei „sicheren Häfen“, zu denen vorrangige Darlehen, vorrangige Immobilienverbindlichkeiten und alle Formen der Infrastrukturfinanzierung zählen. Angesichts der generell gestiegenen Risiken ist dies wenig überraschend. Welcher Bereich jedoch als am interessantesten beurteilt wird, hängt individuell von den spezifischen Risiko-Ertrags-Anforderungen der jeweiligen Investoren ab. Für diejenigen, die planbare Einkommensströme präferieren, dürfte Infrastrukturfinanzierung vermutlich die bevorzugte Anlageklasse darstellen. Zielt ein Anleger jedoch auf eine deutliche Ertragssteigerung bei Private-Markets-Investments ab, könnte eine direkte Kreditvergabe an mittelständische Unternehmen einen solchen Effekt bewirken.
Sehen Sie einen Trend zu Themenfonds oder Impact-Investments? Durch Segmente wie Renewables, Sozialimmobilien und durch die größeren Target-Anteile sind Private Assets hierfür doch eigentlich prädestiniert.
Ja, eine solche Entwicklung sehen wir. Der Trend zu nachhaltigen Investments zeigt keine Anzeichen einer Verlangsamung. In unserer jüngsten Schroders Institutional Investors Study äußerten 67 Prozent der Befragten die Ansicht, dass ihrer Meinung nach nachhaltige Investitionen in den nächsten fünf Jahren an Bedeutung gewinnen werden. Zudem sah die Mehrheit ESG als den bestmöglichen Ansatz für die Umsetzung von Nachhaltigkeit an. Wir stimmen auch der Ansicht zu, dass Private Assets ganz natürlich für nachhaltige Anlagen prädestiniert sind. Denn erstens sind die Anlagezeiträume in der Regel länger und zweitens ist das Engagement bei Portfoliounternehmen und Vermögenswerten im Allgemeinen tiefgreifender. Und während einige ESG-Charakteristika allen Ausprägungsformen von Private Assets gemeinsam sind, können manche einzigartige Merkmale hinzufügen, wie zum Beispiel (aber nicht nur) die in der Frage erwähnten Bereiche.
Wir sehen definitiv Impact-Investing als nächsten Schritt, um unsere Nachhaltigkeitsziele weiter voranzutreiben. ESG ermöglicht es uns zu verstehen, wie ein Unternehmen die Welt positiv oder negativ beeinflusst und ob es auf dem Weg ist, noch bestehende Schwachstellen zu verbessern. Impact-Investments zielen darauf ab, positive Veränderungen proaktiv voranzutreiben, wobei gesellschaftliche und ökologische Verbesserungen neben finanziellen Erträgen Vorrang haben. Dabei umfasst Impact Investing eine breite Palette an Anlagethemen, die von so unterschiedlichen Bereichen wie Erneuerbare Energien bis hin zu erschwinglichem Wohnraum, Bildung oder der Schaffung qualifizierter Arbeitsplätze reichen.
Private Equity, Infrastruktur und Immobilien können alle eine wichtige Rolle bei Impact Investing spielen. Wir von Schroders betreiben und entwickeln eine zunehmende Anzahl an Investitionsvehikeln, um diese Ziele in unserem gesamten Private-Assets-Geschäft zu erreichen.
Mikrofinanzierungen sind ein besonders direkter Weg, um etwas zu bewirken. Wir erachten es als besonders wichtig, uns mit BlueOrchard für die finanzielle Eingliederung und die nachhaltige Schaffung von Wohlstand in Schwellen- und Frontier-Märkten einzusetzen.
Geht der Private-Asset-Trend bei deutschen Anlegern weiter, haben wir eines Tages Allokationen wie bei angelsächsischen Investoren. Ist das realistisch?
In den vergangenen Jahren haben wir mit zahlreichen institutionellen Anlegern auf der ganzen Welt gesprochen. Unser Ziel war es herauszufinden, was aus ihrer Sicht die wichtigsten Themen für die künftige Vermögensallokation sind. Die Botschaft dieser Umfrage ist (auch in diesem Jahr) deutlich: Anleger verschieben ihre Asset-Allokation auch weiterhin zugunsten von Private Assets. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass selbst kleine Veränderungen der Allokation großer Pensions- oder Stiftungsfonds einen starken Kapitaltransfer bedeuten können.
Die beschriebenen Trends – einschließlich der wachsenden Bedeutung von Private Markets und der entsprechend steigenden Allokation durch institutionelle Anleger – ist eine sukzessive Verschiebung, die sich universell über alle Regionen erstreckt. Sie wird sich auch über die kommenden zehn Jahre fortsetzen. Und es sieht so aus, als ob sich die regulatorische Landschaft weiter entwickeln wird, um diesen Veränderungen Rechnung zu tragen.
Fragen von Patrick Eisele, Chefredakteur portfolio institutionell
Schlagworte: Private Assets
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