Offene Immobilienfonds verlieren an Attraktivität
Ein dauerhaft hohes Zinsniveau wird nach Einschätzung der Ratingagentur Scope zur Herausforderung für offene Immobilienfonds. Um Liquidität für Mittelabflüsse zu generieren, ziehen Fondsmanager Immobilienverkäufe in Betracht.
Offene Immobilienfonds verfügen derzeit über erhebliche Liquiditätsreserven. Dennoch könnten zunehmende Anteilsscheinrückgaben den Druck auf die Produktanbieter erhöhen, Immobilien zu verkaufen, um liquide zu bleiben. Grund dafür ist das anhaltend hohe Zinsniveau, berichtet Scope in einer aktuellen Mitteilung. „Im Wettbewerb um Anlegergelder bedeutet dies für offene Immobilienfonds, dass sie im Vergleich zu Zinsanlagen an Attraktivität verlieren“, heißt es in der Analyse der Ratingagentur. Das wirke sich unmittelbar auf die Kapitalflüsse aus, so Scope. Ende August habe das Netto-Mittelaufkommen für sämtliche Fonds bei 1,31 Milliarden Euro gelegen. Demnach lag der Saldo von Zu- und Abflüssen deutlich niedriger als in den vergangenen Jahren.
Für das Gesamtjahr 2023 erwartet Scope, dass das Netto-Mittelaufkommen positiv bleibt. Für 2024 könnte der Saldo nach Einschätzung der Marktbeobachter jedoch ins Negative drehen. Offene Immobilienfonds müssen sich grundsätzlich für Phasen negativer Netto-Mittelkommen wappnen. Der Gesetzgeber schreibt ihnen eine Liquidität von mindestens fünf Prozent des Fondsvolumens vor.
Viele Fonds hätten deutlich über diese Mindestliquidität hinausgehende Cash-Bestände angehäuft, so Scope. Momentan seien über alle Fonds 18,3 Milliarden Euro verfügbar. Die volumengewichtete Liquiditätsquote der Fonds liege derzeit bei durchschnittlich 15,1 Prozent. Die Kennzahl sei höher als 2021 und 2022.
Fondsmanager wollen vor allem kleinere Objekte verkaufen
Um weitere Liquidität für etwaige Mittelabflüsse zu generieren, ziehen Fondsmanager Immobilienverkäufe in Betracht. Hierbei stehen vor allem kleinere Objekte mit einem Wert von weniger als 100 Millionen Euro im Fokus, heißt es. Sie hätten den Vorteil, dass sie eine größere Käufergruppe ansprechen. Transaktionen großvolumiger Objekte seien derzeit deutlich schwieriger zu realisieren.
Sollte trotz derzeit „solider Liquidität und möglicher Objektveräußerungen“ die Liquidität einzelner Fonds nicht ausreichen, um negative Mittelaufkommen über längere Zeiträume zu stemmen, bleibt ihnen nur, die Rücknahme von Anteilen auszusetzen. Scope rechnet allerdings nicht damit, dass es zu einer Reihe von (zeitweiligen) Fondsschließungen kommen wird. Dass einzelne Fonds von solchen Maßnahmen betroffen sein könnten, lasse sich aber nicht ausschließen.
Neben reduzierten Mittelzuflüssen sieht Scope vor allem die Bewertung der Immobilien als herausfordernd an. Erste Immobilienwerte seien bereits gesenkt worden. Mit Zunahme der Transaktionsaktivitäten auf den Immobilienmärkten dürften weitere Abwertungen folgen. Die Folge wären sinkende Fondsrenditen.
Autoren: Tobias BürgerSchlagworte: Immobilienfonds | Immobilienkrise
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