ÖPP: Verkehrsminister sieht Projekt-Stau
Investoren in der Diskussion mit Andreas Scheuer. Investment Case Glasfaser.
Altersvorsorge und die Finanzierung deutscher Infrastruktur sind zwei komplexe Themen – die sich jedoch durch eine Kombination deutlich vereinfachen könnten. Möglichkeiten auszuarbeiten, die die dringend notwendige Finanzierung der deutschen Infrastruktur für Lebensversicherungen, Pensionskassen und Versorgungswerke öffnen, ist Ziel der Initiative Deutsche Infrastruktur, IDI. Ein großes Hindernis ist aber, dass die Finanzierungskosten des Staates theoretisch deutlich geringer als die Renditeanforderungen von Lebensversicherungen und Pensionskassen sind. Einen anderen Blickwinkel nimmt Dr. Peter Ramsauer, ehemaliger Bundesverkehrsminister und Vorsitzender des politischen Beirats der IDI, ein: „Wenn man öffentliches durch privates Kapital ersetzen würde, könnte man Steuern senken und den Soli abschaffen.“ Interessante Überlegungen, die man auch einmal mit dem aktuellen Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur diskutieren sollte. Ende November tauschte sich die IDI mit Andreas Scheuer in Berlin aus.
„Die Autobahn-ÖPP-Projekte laufen zu 90 Prozent gut. Wir stehen zu diesen ÖPP-Projekten“, betonte Scheuer zunächst im Gespräch mit etwa 20 deutschen institutionellen Investoren der IDI. Zudem könne der Staat finanziell auch nicht alles auf einmal schultern. Weiter betonte er die Notwendigkeit von privaten Infrastrukturinvestitionen: „Wir wollen ins 5G-Zeitalter durchstarten. Dafür brauchen wir für jedes Haus einen Glasfaseranschluss.“ Bezüglich der Umsetzung rede man nur noch über das „Wie“. So weit, so gut.
Initiative für private Finanzierung des Glasfaserausbaus
Andererseits aber bestehe zunächst einmal ein Umsetzungsproblem. Für die eigentlich dringend benötigte Sanierung von Brücken, den Ausbau von Autobahnen oder die Verlegung von Glasfaser für den 5G-Standard mangelt es laut Scheuer den Baufirmen an Kapazitäten. Scheuer sprach von einem „Flaschenhals“ bei der praktischen Umsetzung. Außerdem befinde man sich in einem politischen Umfeld, in dem sich Grüne, Linke und auch Teile der SPD nicht hinter der ÖPP-Fahne versammeln. „Darum sind ÖPPs, trotz der Offenheit von Bundesrechnungshof und Finanzministerium, schmaler ausgefallen.“ Umsetzungsprobleme hat übrigens auch Dr. Bernd Kreuter, Palladio Partners, erkannt – allerdings bezüglich anderer Ressourcen: „Wir haben tolle Glasfaser-Projekte. Allerdings führt die starke Nachfrage nach Tiefbaukapazitäten durch private und öffentliche Geldgeber zu steigenden Baukosten.“
Die Mitglieder der Initiative Deutsche Infrastruktur zeigen großes Interesse an privaten Investitionen in deutsche Glasfasernetze. Daneben ist hierzulande der Bedarf an Glasfaser hoch, da die Glas¬faserquote bei Breitbandanschlüssen nur bei 2,4 Prozent liege – ein für ein Industrieland extrem geringer Wert. Kritisch könnten jedoch zunächst einmal die Größenordnungen der Investitionen sein. Außerhalb der Metropolen, wo man als IDI den örtlichen Stadtwerken auf Augenhöhe begegne, würden einzelne Projektgrößen beispielsweise auf etwa zehn Millionen Euro hinauslaufen – ein wichtiger Ausgangswert für weitere Überlegungen der Investoren. Ein größeres berufsständisches Versorgungswerk verwies auf die damit verbundene Problematik der Kleinteiligkeit. „Durch Investitionen in mehrere Projekte dieser Größenordnung bieten sich positive Diversifikationsmöglichkeiten“, argumentiert IDI-Beirat und Palladio Partners Geschäftsführer Michael Rieder. Daneben kann ein kleineres Projekt auch den Zugang zu einer größeren Pipeline weiterer Projekte öffnen. Eine Pensionskasse und eine kleine Versicherung weisen darauf hin, dass der Prüfungsaufwand, der mit jedem einzelnen Projekt entstehen würde, über eine Fondslösung abgemildert werden sollte.
Der Vorstand einer anderen Versicherung kam in der Glasfaser-Diskussion wieder auf die große Ausgangsfrage bei allen ÖPP-Projekten zurück: „Stadtwerke finanzieren sich günstig. Wo ist unser Ansatzpunkt?“ Bernd Kreuter entgegnete, dass es nicht nur für finanzschwächere Stadtwerke ein Problem sei, die für den flächendeckenden Glasfaserausbau nötigen großen finanziellen Mittel aufzubringen. Zudem müssen die Stadtwerke den bestehenden finanziellen Verpflichtungen wie beispielsweise Nahverkehr oder Schwimmbäder nachkommen. „Daher ist der Glasfaserausbau für viele Kommunen nicht einfach aus dem laufenden Haushalt zu finanzieren, sondern eine zügige Projektumsetzung erfordert in vielen Fällen die Eigenkapitalfinanzierung durch Dritte“, so Kreuter weiter. An dieser Stelle ist ein langfristiger, verlässlicher, deutscher Partner willkommen. Hierbei spielt es eine Rolle, dass es sich um die Finanzierung der deutschen Altersvorsorge handelt und damit ein relatives moderates Renditeziel im Vordergrund steht. Wenn es daneben noch einen lokalen Bezug gibt, beispielsweise ein Finanzpartner in der Region des Stadtwerkes angesiedelt ist, wird es interessant.
Win-Win für Altersvorsorge und Infrastruktur
Vom Erfolg der IDI profitieren sowohl die deutsche Infrastruktur als auch die deutsche Altersvorsorge. Zwischenzeitlich müssen aber im Großen an der einen oder anderen Stelle noch Überzeugungsarbeit geleistet und im Kleinen noch viele Details geklärt werden. Zu diesen zählt beispielsweise auch, ob man nun die Bonität einer Projekt-GmbH oder die der Kommune ins Kalkül ziehen kann. Ein wichtiger Anschub für die Initiative wäre – hier waren sich die Teilnehmer der Diskussionsrunde einig – ein erstes Vorzeigeprojekt. An diesem Zwischenziel wollen alle Parteien nun in den kommenden Monaten gemeinsam arbeiten.
Schlagworte: Alternative Anlagen | Infrastruktur
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