Mitgliedstaaten stimmen für EU-Lieferkettengesetz
Trotz deutscher Enthaltung qualifizierte Mehrheit erreicht. Neue EU-Gebäuderichtlinie bringt Sanierungspflichten für Gewerbeimmobilien.
Medienberichten zufolge hat das EU-Lieferkettengesetz am Freitag eine entscheidende Hürde genommen: Demnach hat die belgische EU-Ratspräsidentschaft auf der Plattform X mitgeteilt, eine ausreichende Mehrheit der EU-Staaten unterstütze ein abgeschwächtes europäisches Lieferkettengesetz zum Schutz der Menschenrechte.
Deutschland hatte sich auf Drängen der FDP im Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten enthalten, was dieselbe Wirkung wie eine Nein-Stimme hat. Um die Richtline anzunehmen, musste eine Mehrheit von mindestens 15 Mitgliedstaaten mit einem EU-Bevölkerungsanteil von mindestens 65 Prozent dafür stimmen. Diese qualifizierte Mehrheit sei nun erreicht worden.
Unternehmen ab 1.000 Mitarbeiter
Das EU-Parlament muss der Richtlinie noch zustimmen, was aber als sicher gilt. Parlament und Rat hatten sich bereits im Dezember 2023 vorläufig über die Inhalte der Richtlinie geeinigt.
Der angenommene Entwurf der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (kurz: CSDDD), wurde abgeschwächt: Statt bereits für Unternehmen ab 500 Beschäftigten mit einem weltweiten Umsatz von mehr als 150 Millionen Euro im Jahr zu gelten, sollen durch sie nun erst Unternehmen ab 1.000 Beschäftigten mit einem Jahresumsatz von 450 Millionen Euro erfasst werden.
EU-Parlament stimmt für entschärfte Gebäuderichtlinie
Zudem hat das EU-Parlament in dieser Woche auch die Neufassung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Energy Performance of Buildings Directive, EPBD), verabschiedet. Sie enthält zwar keine allgemeine Sanierungspflicht für alte, schlecht gedämmte Wohngebäude mehr, allerdings – und das ist für Immobilieninvestoren interessant – eine Sanierungspflicht für Nicht-Wohngebäude. Die am schlechtesten sanierten Objekte im gewerblichen Bereich müssen demnach bis 2033 saniert werden. Ab 2030 sollen zudem alle Neubauten emissionsfrei sein, teilte nach der Abstimmung das EU-Parlament mit. Für Neubauten, die Behörden nutzen oder besitzen, soll das schon ab 2028 gelten. Die Mitgliedstaaten können dabei das Lebenszyklus-Treibhauspotenzial eines Gebäudes berücksichtigen, das das Treibhauspotenzial der für den Bau verwendeten Produkte von ihrer Herstellung bis zu ihrer Entsorgung umfasst.
Die Richtline muss von den EU-Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Landwirtschaftliche oder denkmalgeschützte Gebäude können so von den Vorschriften ausgenommen werden. Gleiches gelte für Bauwerke mit besonderem architektonischen oder historischem Wert. Auch soll es Ausnahmen für Kirchen und andere Gotteshäuser geben können.
Solarpflicht für Nicht-Wohngebäude
Nach der neuen Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten bis 2030 16 Prozent und bis 2033 26 Prozent der Nichtwohngebäude mit der schlechtesten Gesamtenergieeffizienz sanieren lassen und dafür sorgen, dass sie die Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz erfüllen. Sofern dies technisch und wirtschaftlich realisierbar sei, müssen die Mitgliedstaaten bis 2030 schrittweise Solaranlagen in öffentlichen Gebäuden und Nicht-Wohngebäuden – je nach deren Größe – und in allen neuen Wohngebäuden installieren lassen.
Zudem soll es bis 2040 keine mit fossilen Brennstoffen betriebenen Heizkessel mehr geben. Ab 2025 dürfen eigenständige, mit fossilen Brennstoffen betriebene Heizkessel nicht mehr subventioniert werden. Weiter zugelassen sind dagegen finanzielle Anreize für hybride Heizanlagen, bei denen beispielsweise Heizkessel mit Solarthermieanlagen oder Wärmepumpen kombiniert werden.
ZIA: Schnellere CO2-Reduktion als mit Taxonomie
Der Zentrale Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA) schrieb zur Entscheidung über die Gebäuderichtline in einer Mitteilung in englischer Sprache, es sei richtig, die in Sachen Klimaschutz schlechtesten Gebäude „zu priorisieren“. Die neugefasste Richtline sei eine Mischung aus ambitionierten Zielen und Pragmatismus. Der Verband übt in der Mitteilung auch Kritik an der geltenden Taxonomie-Verordnung. Zwischen der Gebäuderichtline und der EU-Taxonomie gebe es Inkonsistenzen: „The Taxonomy primarily promotes the improvement of highly efficient buildings instead of taking a ‚worst-first‘ approach like the Buildings Directive,“ says ZIA Managing Director Dr. Joachim Lohse. „Here, too, the following applies: a broad improvement of energy-inefficient buildings, without necessarily having to reach the highest level, brings a faster and greater CO2-reduction than the current taxonomy approach.“
Zum Hintergrund: Die EPBD ist Teil der “Fit for 55”-Gesetzgebung. Sie ist wichtiger Bestandteil der Umsetzung des Green Deal zur Erreichung der europäischen Klimaziele. Im Dezember 2023 haben das Parlament und der Rat der EU eine Einigung über die Überarbeitung der bestehenden Gebäuderichtlinie erzielt. Nach der Verabschiedung im Parlament muss nun der Rat seine endgültige Zustimmung erteilen, damit die Richtlinie im Amtsblatt veröffentlicht werden und in Kraft treten kann.
Autoren: Daniela EnglertSchlagworte: Dekarbonisierung | Gewerbeimmobilien | Immobilien | Nachhaltigkeit/ESG-konformes Investieren
In Verbindung stehende Artikel:
Schreiben Sie einen Kommentar