Investitionshemmnisse für nachhaltige Infrastruktur
Sustainable-Finance-Beirat legt Positionspapier vor: Fehlende Anlageobjekte, lange Genehmigungszeiträume und oft ungünstiges Rendite-Risiko-Profil hemmen institutionelle Investments. Mehr Public-Private-Partnerships gefordert.
Der Sustainable-Finance-Beirat der Bundesregierung hat am vergangenen Freitag ein Diskussionspapier zur Finanzierung des Ausbaus nachhaltiger Infrastruktur in Deutschland vorgelegt. Es ist das vierte Papier einer aktuellen Reihe zur Transformationsfinanzierung in verschiedenen Sektoren der Wirtschaft, welche der Beirat veröffentlicht hat. Angesichts des fortschreitenden Klimawandels betont der Beirat in dem Papier die „immer dringendere Notwendigkeit einer zukunftsgerechten Anpassung der öffentlichen Infrastruktur“ und unterstreicht die Schlüsselrolle von Kommunen und kommunalen Unternehmen in diesem Prozess.
Genehmigungen dauern zu lange
Sowohl kommunale Akteure als auch institutionelle Investoren erkennen dem Papier zufolge aktuell deutliche Investitionshemmnisse. Kommunale Akteure seien vor allem durch eine angespannte Haushaltssituation und eine aufwendige Administration gefordert.
Für institutionelle Investoren liege die Ursache der Investitionshemmnisse vor allem in fehlenden standardisierten und skalierbaren Anlageobjekten und einem oft ungünstigen Rendite-Risiko-Profil, schreibt der Beirat in einer Mitteilung zur Veröffentlichung des Papiers. Beide Akteursgruppen bemängelten zudem zu lange Genehmigungszeiträume für neue Projekte.
Erleichterte Rahmenbedingungen für mehr nachhaltige Infrastrukturprojekte könnten laut Diskussionspapier vor allem durch Verbesserungen in den folgenden drei Bereichen geschaffen werden: Erstens müssten rechtliche und prozessuale Rahmenbedingungen verbessert werden, zum Beispiel in Form von mehr Personalkapazitäten bei Behörden und Dienstleistern, um eine schnellere und qualitativ bessere Bearbeitung von Genehmigungsverfahren zu erreichen. Zudem müsse es einen Reset beim administrativem Aufwand im Zuge von Antragsprozessen geben. Die Akteursgruppen wünschten sich „möglichst rechtsverbindliche und klare sowie praktikable Vorgaben sowohl für die Antragstellung wie auch die Prüfung“ und eine Beschleunigung von Zulassungsverfahren durch Digitalisierung.
Deal Flow sorgt für besseres Risikoverständnis
Ein zweiter Punkt betrifft die Ausstattung und Förderung von Kommunen: hier sollten nach dem Willen des Sustainable-Finance-Beirats föderale Strukturen der öffentlichen Daseinsvorsorge bei der Erreichung der Klimaziele eine stärkere Berücksichtigung finden. Nachhaltigkeitsstandards sollten einheitlicher und einfacher werden und möglichst nicht über den Bürokratieaufwand einer nicht-nachhaltigen Finanzierung hinausgehen. Ein dritter Aspekt betrifft die Investitionsbedingungen für privates Kapital: Hier wünscht sich der Sustainable-Finance-Beirat einen stärkeren Einsatz von kooperativen Partnerschaftsmodellen (Kooperationsmodelle zwischen privaten Partnern und der öffentlichen Hand) im Sinne einer besseren Klima- und Ressourceneffizienz bei der Realisierung von nachhaltigen Infrastrukturprojekten. Zudem verbessere ein kontinuierlicher Deal Flow bei Banken und institutionellen Investoren das Verständnis von technologischen und projektbezogenen Risiken und fördere die Bereitschaft, Ressourcen und Expertise aufzubauen, heißt es im Diskussionspapier. Zu weiteren Diskussionen zum Thema will der Beirat ausdrücklich anregen.
Politische Koordination mit Ländern und Kommunen nötig
„Wir müssen dringend das Tempo beim Umbau der kommunalen Infrastruktur in Richtung Klimaneutralität erhöhen. Wir sollten daher auch offen sein, private Partner mit Expertise und personellen Ressourcen einzubeziehen“, sagt Matthias Kopp vom WWF und Leiter der entsprechenden Arbeitsgruppe bei Sustainable-Finance-Beirat. „Alle Projekte müssen sich am Erfolg über ihren gesamten Lebenszyklus messen lassen und ein hohes Maß an Transparenz durch eine strikte Standardisierung von Vertragsbeziehungen ist zwingend notwendig. Für die dringend benötigte Beschleunigung im Ausbau nachhaltiger Infrastruktur braucht es eine ergebnisfokussierte politische Koordination in der und durch die Bundesregierung, mit den Ländern und Kommunen.“
Im Diskussionspapier beleuchtet der Beirat zudem die Herausforderungen bei der Umsetzung von Infrastrukturprojekten auf kommunaler Ebene und identifiziert mögliche Handlungsfelder zur beschleunigten Umsetzung nachhaltiger Projekte. Dabei müsste sowohl die kommunale Selbstverwaltung gewahrt bleiben, als auch Finanzierungskapazitäten skaliert werden.
Ein zentrales Anliegen des Beirats ist laut Mitteilung zudem die Diversifizierung der Finanzierungsquellen für die Transformation kommunaler Infrastruktur. Der Beirat weist auf eine Angebotslücke im Bereich Eigenkapitalfinanzierung hin und plädiert für ein stärkeres Engagement privater Investoren. Gleichzeitig wird ausdrücklich betont, dass dies nicht mit einer Privatisierung öffentlicher Infrastruktur gleichzusetzen sei.
„Es wird viel über die Notwendigkeit gesprochen, öffentliche und private Kapitalgeber zusammen zu bringen, um Infrastrukturinvestitionen zu finanzieren“, sagt Claus Stickler von Allianz Investment Management und Mitwirkender in der Arbeitsgruppe: „Der Schlüssel dafür ist eine effiziente Zusammenarbeit: Öffentliche Hand, Real- und Finanzwirtschaft müssen zügig gemeinsam konkrete Projektansätze erarbeiten. Nach der erfolgreichen Umsetzung erster Projekte steht dann die Skalierung an.“ Das vollständige Diskussionspapier finden Interessierte auf der Website des Sustainable-Finance-Beirats unter diesem Link.
Autoren: Daniela EnglertSchlagworte: Infrastruktur | Kommunen | Nachhaltigkeit/ESG-konformes Investieren | Politik/Regulierung | Public-Private-Partnership (PPP) | Transition
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