Infrastrukturquote ja, aber viel Kritik im Detail
Die Verbände AKA, VFPK, GDV, BAI und BVI begrüßen die geplante Einführung einer separaten Infrastrukturquote in der AnlV. Sie kritisieren unklare Definitionen und offene Fragen hinsichtlich der Anwendbarkeit und der Durchschau bei Infrastrukturfonds.
Die Einführung einer separaten Infrastrukturquote durch eine entsprechende Anpassung der Anlageverordnung (AnlV) im Rahmen des Referentenentwurfs für ein Zweites Betriebsrentenstärkungsgesetz wird von den Verbänden gemeinhin begrüßt. Das geht aus den verschiedenen Stellungnahmen der AKA, des VFPK, des GDV, des BAI und des BVI hervor, die das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) unter anderen seit einigen Tagen auf seinen Internetseiten veröffentlicht hat.
So beurteilt die Arbeitsgemeinschaft kommunale und kirchliche Altersversorgung e. V. (AKA) „die geplanten Änderungen als sehr positiv“. Man sieht die eigenen Vorschläge einer Infrastrukturquote in Höhe von fünf Prozent außerhalb der Risikokapital-Quote und der der Erhöhung der Risikokapitalquote von 35 Prozent auf 40 Prozent Wirklichkeit werden und dankt dem BMAS wie dem BMF für die Aufnahme derselben in den Gesetzesentwurf. „Ebenso begrüßen wir, dass zukünftig unter die Öffnungsklausel auch Anlagen gezogen werden können, die die Streuungsgrenze nach Paragraf 4 Absatz 1 bis 4 übersteigen. Diese Maßnahmen tragen wesentlich dazu bei, mehr Flexibilität bei der Umsetzung der Anlagestrategien unserer Kassen zu schaffen und die Wahrscheinlichkeit zu reduzieren, Umschichtungen aufgrund von Grenzverletzungen in Folge kurzfristiger Marktschwankungen in den an sich langfristig ausgerichteten Strategien vornehmen zu müssen.“
Auch Infrastrukturunternehmen mit aufnehmen
Hinsichtlich einer eigenständigen Infrastrukturquote von fünf Prozent regt die AKA an, im Rahmen der künftigen Infrastrukturquote die zulässigen Infrastrukturanlagen anzupassen. „Zum einen sollte nicht auf ‚umfangreiche‘ Vermögenswerte abgestellt werden, um den Erwerb von Infrastrukturanlagen unter der neuen Quote unabhängig von ihrer Größe zu ermöglichen. Die Größe der jeweiligen Infrastrukturanlage hängt stark vom Investitionsweg ab (Direktanlage in Solaranlagen-Projekte/indirekte Anlagen), und sollte daher keine Rolle bei der Anrechnung auf die Quote spielen“, so die AKA. Zusätzlich sollten ergänzend zu Infrastrukturprojekten auch Infrastrukturunternehmen aufgeführt werden, fordert sie, da diese insbesondere im Rahmen von Infrastrukturfonds marktübliche Anlagen seien. Insgesamt sollte ermöglicht werden, bei Infrastrukturfonds auch eine anteilige Zuordnung von Anlagen auf die Infrastruktur-Quote vorzusehen, soweit einzelne im Fonds enthaltene Anlagen gemäß den Vorgaben der AnlV für die Infrastruktur-Quote nicht zulässig sind. „Verhindert werden sollte, dass ein gesamter Infrastrukturfonds mit teilweise nicht für die Infrastruktur-Quote zulässigen Anlagen in Gänze nicht auf die Infrastruktur-Quote angerechnet werden kann.“
Umstrittene Beschränkung auf „umfangreiche“ Vermögenswerte
Ende Juli hatte die Arbeitsgemeinschaft betriebliche Altersvorsorge e.V. (Aba) die Einführung einer eigenständigen Infrastrukturquote für Pensionskassen (und auch kleinere Versicherer, die unter den Anwendungsbereich der Anlageverordnung fallen) begrüßt. Die Aba wies in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass der Begriff des „umfangreichen Vermögenswerts“ in der ATAD-Richtlinie (ATAD-Richtline (EU) 2016/1164 des Rates vom 12. Juli 2016), verwendet wird und in der englischen Fassung der Begriff ‚large scale asset‘. Die Aba fordert laut Stellungnahme vom 25. Juli, das Kriterium „umfangreiche“ aus dem Gesetzentwurf zu streichen. Lesen Sie hier die Kritik im Detail.
Der Verband der Firmenpensionskassen e.V. (VFPK) begrüßt grundsätzlich die vorgesehene Regelung der Infrastrukturquote als eigenständige Mischungsquote, wie das im Entwurf zu Paragraf 3 Absatz 7 AnlV vorgesehen sei. „Eine Anrechnung auf andere Quoten sollte damit ausgeschlossen sein.“ Allerdings sieht der VFPK in dem aktuellen Entwurf noch Klarstellungsbedarf. „Wir verstehen die Quote so, dass Infrastrukturanlagen bis zur Höhe von fünf Prozent des Sicherungsvermögens der neuen Quote zugerechnet werden können, ohne eine Zuordnung von Infrastrukturanlagen zu den bereits bestehenden Mischungsquoten im Rahmen der bisherigen Möglichkeiten auszuschließen oder zu limitieren.“ Daher schlägt auch der VFPK vor, den Bezug auf „umfangreiche“ Vermögenswerte zu entfernen und verweist dabei wie zuvor die Aba auf die Formulierung aus der ATAD-Richtlinie vom 12. Juli 2016 („long-term public infrastructure project means a project to provide, upgrade, operate and/or maintain a large-scale asset“).
„Während die ATAD-Richtlinie eine Ausnahme für große öffentliche Infrastrukturprojekte vorsieht, halten wir es für sinnvoll, die Infrastrukturquote unabhängig von der Größe der Projekte anzuwenden, damit auch kleinere Projekte wie einzelne Solar- oder Windanlagen darunterfallen können“, so der VFPK. Zudem sollten auch Infrastrukturunternehmen zusätzlich zu Infrastrukturprojekten als taugliche Anlagen definiert werden. „Eine Erweiterung der tauglichen Anlagen um die Infrastrukturunternehmen wäre daher eine Anpassung an die Marktpraxis und gäbe den Pensionskassen die Möglichkeit, marktübliche Infrastrukturanlagen in ihr Portfolio aufzunehmen“, so der VFPK.
Der Gesamtverband der Versicherer, GDV, begrüßt in seiner Stellungnahme die vorgesehenen Erweiterungen in der Anlageverordnung (AnlV) und die Anpassungen im VAG betreffend Kapitalanlagen im Ergebnis. „Die Erhöhung der Risikokapitalquote, die Neueinführung einer gesonderten Infrastrukturquote sowie die Streichung der Streuungsanforderungen für die Öffnungsklausel sind grundsätzlich erfreulich. Sie erweitern den Handlungsspielraum für Pensionskassen in sogenannten Alternativen Anlagen, insbesondere eröffnen sie große Spielräume für zum Beispiel die Finanzierung von Stromnetzen oder andere Infrastrukturinvestitionen. Die Forderung, dass der Projektbetreiber im gleichen Land wie das Infrastrukturobjekt ansässig sein muss, scheint gut vertretbar. Typische gemischte internationale Fonds wären damit nicht von der Infrastrukturquote erfasst. Diese Anforderung ist auch im Sinne einer Stärkung des Standortes Deutschland vertretbar. In diesem Sinne ist anzuregen, das Thema Energie- und Wärmewende in der Gesetzeskommentierung aufzunehmen.“
Abweichendes Begriffsverständnis
Der GDV kritisiert jedoch, dass die in Paragraf 3 Absatz 7 enthaltene Definition des Begriffs Infrastruktur abstrakt gehalten ist. Es geht dem Gesetzestext nach um „Projekte zur Bereitstellung, Ausbau, Betrieb, Erhaltung eines umfangreichen Vermögenswertes“, das heißt Vermögenswerte, die „im allgemeinen Interesse stehen, bei denen der Projektbetreiber in einem Staat nach der jeweiligen Anlageform des Paragraf 2 Absatz 1 ansässig ist und die in diesem Staat belegen sind.“ Der Verband merkt an, mitunter könne „es hier zu einem abweichenden Begriffsverständnis zwischen Unternehmen und Aufsicht kommen, welche Vermögenswerte als Infrastruktur einzuordnen sind“. Hilfreich für die Umsetzung wäre aus Sicht des GDV, wenn die notwendigen Änderungen des Rundschreibens 11/2017 (VA) sowie der Sammelverfügung zu den Berichtspflichten möglichst schnell nach Inkrafttreten der geänderten AnlV nachgezogen werden könnten. Konkret heißt es in der Stellungnahme: „Gerade die neue Quote für Infrastrukturbeteiligungen parallel zur bestehenden 15-Prozent-Beteiligungsquote könnte im Zweifel Zuordnungsfragen auslösen. Hier stellt sich die Frage, ob es qualitative beziehungsweise quantitative Anforderungen gibt, die erfüllt werden müssen, oder ob die Zuordnung zur Beteiligungsquote beziehungsweise zur neuen Infrastrukturbeteiligungsquote im Ermessen des Versicherers liegt.“
Frage der Durchschau auf die Investments
Auch würden Alternative Anlagen in der Praxis häufig indirekt über „Umbrella“-Fondsplattformen (zum Beispiel in Irland) getätigt. Hierbei existierten unter anderem aufgrund (aufsichts-)rechtlicher Anforderungen separate Teilfonds für Private Equity und Debt Investments. Durch die aktuelle AnlV sowie das R 11/2017 (VA) der Bafin sei hierbei geregelt, dass hinsichtlich der Mischung keine Durchschau auf die gehaltenen Zielinvestments erfolge. Diese würden stattdessen vollumfänglich auf die betreffende Quote angerechnet. In diesen Teilfonds befänden sich derzeit ebenfalls Infrastrukturinvestments. Für die Anrechnung indirekter Anlagen auf die neue Infrastrukturquote wäre somit ein neuer Teilfonds pro Gesellschaft und Anlageart erforderlich, was mit hohem Aufwand und Kosten verbunden sei. Analog der Vorgehensweise für Investmentvermögen nach Paragraf 2 Absatz 1 Nr. 15 und 16 AnlV, sei die Möglichkeit einer Durchschau auch im Bereich von Dachfonds für alternative Anlagen zu schaffen.
Zudem sei es aus Sicht des GDV hilfreich für die Überbrückung bis zur Überarbeitung der Sammelverfügung zu den Berichtspflichten, wenn die Bafin Hinweise geben könnte, wie mit der Überschreitung von Quoten nach der dann alten Sammelverfügung umgegangen werden solle, zum Beispiel, ob ein formloser Hinweis auf die geänderte AnlV ausreichend sei oder separate Erläuterungsschreiben mit detaillierten Ausführungen erwartet würden.
Vorbild aus Nordrhein-Westfalen
Der Bundesverband Alternative Investments (BAI) hingegen erkennt in der Gesetzesvorlage zur Infrastrukturquote ein Konzept, „welches sehr eng an die Systematik der Infrastrukturquote in NRW angelehnt ist“, welches zusätzliche Investitionen im Bereich Infrastruktur ermögliche, ohne jedoch entsprechende Anlagen, die anderen bestehenden Mischungsquoten zugeordnet werden, zu begrenzen oder gar auszuschließen. „Es handelt sich also nicht um eine Obergrenze für Infrastrukturinvestitionen. Wir regen daher rein vorsorglich an, in der Gesetzesbegründung dies weiter klarzustellen“, fordert der BAI. Darüber hinaus sollte „durch den Verordnungsgeber klargestellt werden, dass auch bei versicherungsaufsichtsrechtlich grundsätzlich intransparenten Fonds nach Nr. 13 b) oder Nr. 17 AnlV – ausschließlich für Zwecke einer Erwerbbarkeit für die neue Infrastrukturquote – eine (begrenzte) Durchschau auf die Assets zu erfolgen hat.“ Im Rahmen der Durchschau müsse für eine Anrechnung auf die Infrastrukturquote dann geprüft werden, ob die vom jeweiligen Fonds gehaltenen Assets als qualifizierte „Infrastrukturvermögenswerte“ im Sinne der einschlägigen versicherungsaufsichtsrechtlichen Definition der AnlV einzustufen seien, so der BAI. Auch kritisiert der BAI die vorgeschlagene Beschreibung in Satz 2 für Infrastruktur „Projekte zur Bereitstellung, zum Ausbau, zum Betrieb oder zur Erhaltung eines umfangreichen Vermögenswertes“. Diese solle „unseres Erachtens überdacht und angepasst werden, denn sie wirft diverse Fragen auf und dürfte in der Praxis zu Schwierigkeiten bei Infrastrukturinvestments führen“, so der BAI in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf für ein Zweites Betriebsrentenstärkungsgesetz.
Der Fondsverband BVI befürwortet die Ausweitung der Risikokapitalquote sowie die Einführung einer Infrastrukturquote, merkt jedoch an, dass die geplanten Änderungen der Anlageverordnung die Perspektive der mittelbaren Investments zum Beispiel über Investmentvermögen noch nicht vollumfänglich zu berücksichtigen scheinen. Er regt daher verschiedenes an. Zum Beispiel sei es „gelebte Praxis, dass auch Beteiligungen an Infrastruktur-Projektgesellschaften für geschlossene AIF nach Paragraf 2 Absatz 1 Nr. 13 b) AnlV erwerbbar sind. Im Zuge der Überarbeitung der AnlV sollte der Verweis gleichwohl angepasst werden, findet der BVI. „Andernfalls könnte Rechtsunsicherheit entstehen, ob der Verordnungsgeber womöglich absichtlich Infrastruktur-Projektgesellschaften ausgenommen haben könnte, was nach unserem Verständnis nicht intendiert sein dürfte.“
Berücksichtigung im Reporting
Der Gesetzentwurf sieht in Paragraf 3 Absatz 7 AnlV aus Sicht des BVI zudem die Zurechnung auch von mittelbaren Investitionen in Infrastruktur zur neuen Infrastrukturquote vor, um die Quoten nach den Absätzen 1-6 zu entlasten. Damit von dieser Möglichkeit in der Praxis Gebrauch gemacht und die Entlastung der Quoten wirksam werden könne, bedürfe es zeitnah einer Anpassung der Bafin-Sammelverfügung nebst Nachweisungen. Bislang könnten im Reporting von Fonds nach Paragraf 2 Absatz 1 Nr. 16 AnlV etwaige Infrastrukturfinanzierungen nicht separat ausgewiesen werden, so dass eine Zuordnung zur neuen Infrastrukturquote praktisch nicht möglich sei, denn das von GDV, der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (Aba) und dem BVI abgestimmte Industrie-Template orientiere sich maßgeblich an den Berichtspflichten der Bafin-Sammelverfügung. Ob eine Anlage für die Infrastrukturquote qualifiziert, müsse künftig im Reporting darstellbar sein, so der BVI weiter. Der Fondsverband regt an, klarstellend in der Gesetzesbegründung zum geplanten Paragraf 3 Absatz 7 AnlV zu erwähnen, dass „indirekte Anlagen zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten“ auch über Investmentvermögen erfolgen können sollen.
Eine Vielzahl von Verbänden und Vertreter der Länder haben zu dem Referentenentwurf für ein Zweites Betriebsrentenstärkungsgesetz Position bezogen. Dabei steht nicht nur die Einführung der Infrastrukturquote im Vordergrund. Auf den Seiten des BMAS können Interessierte direkt Einsicht nehmen, was die Verbände im Einzelnen zu dem Entwurf zu sagen haben.
Autoren: Daniela EnglertSchlagworte: Anlageverordnung | Infrastruktur | Pensionskassen | Politik/Regulierung | Versicherer | Zweites Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG II)
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