Investoren
10. April 2024

Umfrage: Generationenkapital muss nachgeschärft werden

Die Bundesregierung will einen Kapitalstock für die gesetzliche Rentenversicherung aufbauen. Die Mitglieder der DVFA begrüßen das sogenannte Generationenkapital, sehen aber Handlungsbedarf.

Deutsche Großanleger, Asset Manager und Analysten begrüßen die Pläne der Bundesregierung für den Aufbau des sogenannten Generationenkapitals. Das zeigt die jüngste „Monatsumfrage“ der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) unter ihren 1.400 Mitgliedern. Die DVFA hat die Investment Professionals gefragt, was sie vom Rentenpaket der Bundesregierung und dem darin enthaltenen Generationenkapital zur Unterstützung der staatlichen Rentenfinanzierung halten.

Eindeutig ist das Ergebnis zur Frage nach der Gesamteinschätzung: „Die Idee ist gut. Jedoch kann es nur ein zaghafter Anfang sein. Spätestens nach der nächsten Wahl müssen Beiträge in nennenswerter Form in das kapitalgedeckte System überführt werden.“ Diesem Antwortvorschlag stimmten die Teilnehmer der Befragung mit rekordverdächtigen 95,5 Prozent zu. Aus den Anmerkungen vieler Teilnehmer spricht nach Einschätzung der DVFA jedoch Skepsis gegenüber der weitgehenden Schuldenfinanzierung des Generationenkapitals und der damit verbundenen geringeren Rendite.

Um mit dem Generationenkapital eine spürbare Entlastung für die gesetzliche Rentenversicherung zu erreichen, muss ein großer Kapitalstock in Höhe eines dreistelligen Milliardenbetrags aufgebaut werden. Die Ampel-Regierung will vor diesem Hintergrund Darlehen sowie Eigenmittel für die noch zu gründende Stiftung „Generationenkapital“ bereitstellen.

Generationenkapital als Mix aus Eigen- und Fremdkapital

Dass der Bund bis 2028 in Höhe von 15 Milliarden Euro auch eigene Vermögenswerte zum Beispiel in Form von Unternehmensbeteiligungen in den neuen Fonds einbringen soll, halten fast drei von vier der antwortenden Investment Professionals für einen guten Vorschlag (73 Prozent). Denn mit Eigenkapital habe der Bund sozusagen „skin in the game“. Rund jeder Achte (13 Prozent) sieht das dagegen kritisch. Und knapp 15 Prozent haben dazu noch kein Urteil.

Wie zuvor berichtet, soll die Stiftung Generationenkapital die ihr zur Verfügung gestellten Mittel laut Ministeriumsangaben „renditeorientiert und global diversifiziert am Kapitalmarkt anlegen“. Dabei soll die Renditedifferenz zwischen höher rentierlichen Investments am Kapitalmarkt und niedriger verzinsten Bundeswertpapieren ausgenutzt werden.

Danach gefragt, was an dem Konzept noch geändert werden sollte, entfiel die Hälfte der Antworten der neuen Monatsumfrage der DVFA darauf, das Volumen des Generationenkapitals alsbald deutlich zu erhöhen. Einer von fünf Antwortenden (22 Prozent) sprach sich gegen die Kreditfinanzierung der Aktienkäufe in dem neuen Fonds aus. Der Bund müsse die Mittel vielmehr aus dem bestehenden Budget nehmen. Und mehr als jede vierte Antwort forderte, dass auch Beamte und Selbstständige in die Rentenkasse einzahlen (28 Prozent).

Wie die DVFA betont, kritisieren einige Teilnehmer, dass eine staatsfinanzierte kapitalbasierte Altersvorsorge zum jetzigen Zeitpunkt das Demographieproblem nicht mehr lösen könne. Es sei einfach zu spät. Zugleich funktioniere aber auch der Generationenvertrag nicht mehr, heißt es.

Mit Generationenvertrag wird laut der Bundeszentrale für politische Bildung der unausgesprochene „Vertrag“ zwischen der beitragszahlenden und der Renten empfangenden Generation bezeichnet. Diese Solidarität zwischen den Generationen enthält die Verpflichtung der arbeitenden Generation zur Beitragszahlung in der Erwartung, dass die ihr nachfolgende Generation die gleiche Verpflichtung übernimmt.

Umso wichtiger sei es laut der DVFA-Umfrage, die eigenverantwortliche Vorsorge der Bürger zu forcieren. Der Verband verweist auf Konzepte mit steuerlichen Vorteilen, etwa nach australischem oder US-Vorbild (401 k-Pläne).

Umfrageteilnehmer fordern breite Streuung der Anlagen

Auch zu den Anlagerichtlinien der geplanten Stiftung Generationenkapital gingen die Meinungen relativ wenig auseinander: Deutlich über die Hälfte der Antwortenden (57 Prozent) sprach sich dafür aus, das „Kapital (sei) kostengünstig breit gestreut anzulegen, und zwar weltweit und in alle möglichen Segmente und Branchen“. Immerhin fast 18 Prozent wollen dabei jedoch ESG-Prinzipen eingehalten wissen. Fast genauso viele (17 Prozent) vertraten die gegenteilige Auffassung, es gehe „um Rendite, nichts anderes“.

In den Anmerkungen zu diesen Fragen ging es laut DVFA auch um die strittige Frage, ob und inwieweit deutsche Unternehmen bei den Investments bevorzugt werden sollten, im Interesse des Standorts und der deutschen Wirtschaft insgesamt. Doch nur etwa jeder Zwanzigste der Befragten sprach sich dafür aus (sechs Prozent).

Dass eine breite Streuung auf der Grundlage einer klassischen Strategischen Asset-Allokation nicht immer optimal ist, zeigt das Konzept „Total Portfolio Approach“ (TPA). Die Konstruktion breit gestreuter Portfolios erfolgt beim TPA „von unten nach oben“ – statt Top-down, wie beim SAA-Ansatz, bei dem jede Anlageopportunität aufgegriffen wird. Verfechter des TPA gehen viel selektiver vor. 

Vergleich von gesetzlicher Rente und  Pensionsbezügen

Ein wiederkehrender Vorschlag zur Stabilisierung der finanziellen Lage der gesetzlichen Rentenversicherung besteht darin, einen größeren Anteil der Bevölkerung verpflichtend darin einzubeziehen. Neben Selbstständigen werden in diesem Zusammenhang immer wieder Beamte genannt, wie beispielweise vom Sozialverband VdK im Jahr 2016, vom Deutschen Gewerkschaftsbund im Jahr 2019 sowie von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil im Jahr 2022.

Abgesehen von dem Argument, dass die durchschnittlichen Renten deutlich niedriger seien als die durchschnittlichen Ruhegehälter, wird laut der Stiftung Marktwirtschaft oft behauptet, dass durch die Integration von Beamten die Nachhaltigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung gestärkt werden würde. Doch der Vergleich sei schief.

Denn mit maximal 71,75 Prozent des Bruttolohns liege das Pensionsniveau deutlich höher als das Sicherungsniveau vor Steuern mit 48,15 Prozent in der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Grund dafür ist laut der Analyse aus dem vergangenen Jahr, dass sich die Ruhegehälter der Beamten aus der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit und den Dienstbezügen aus der letzten Besoldungsgruppe vor der Pensionierung ergeben und sich nicht am Durchschnittseinkommen über das Berufsleben orientieren, wie es bei den Altersrenten der Fall ist. Dadurch sei das durchschnittliche Ruhegehalt deutlich höher als die durchschnittliche Rente. Ein Vergleich zwischen diesen beiden Größen sei wenig sinnvoll.

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