Gemeinnützige Unternehmen viel seltener von Insolvenzen betroffen
Creditreform Rating und der Verband Deutscher Bürgschaftsbanken stellen interessante Vergleiche an. Ein Grund für die geringe Ausfallwahrscheinlichkeit der untersuchten Unternehmen dürfte ihre solide Eigenkapitalstruktur sein.
Gemeinnützige Unternehmen in Deutschland sind deutlich seltener von Insolvenzen und gravierenden Zahlungsverzügen betroffen als nicht gemeinnützige Unternehmen. Dies zeigt eine neue Untersuchung von Creditreform Rating im Auftrag des Verbands Deutscher Bürgschaftsbanken (VDB) auf der Basis von Daten für das Jahr 2022. Demnach wiesen die untersuchten gemeinnützigen Unternehmen im Untersuchungszeitraum eine sechsmal niedrigere Ausfallrate als Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft auf. Konkret lagen die Ausfallraten bei den gemeinnützigen Unternehmen im Durchschnitt bei 0,13 Prozent.
Ein Grund für die geringe Ausfallwahrscheinlichkeit ist nach Einschätzung der Studienmacher die Eigenkapitalstruktur der betrachteten Unternehmen, diese sei solide. Den Angaben zufolge lag die Eigenkapitalquote zum Untersuchungszeitpunkt bei durchschnittlich 58,7 Prozent – mit steigender Tendenz. Zum gleichen Zeitpunkt lag die durchschnittliche Eigenkapitalquote der deutschen Gesamtwirtschaft bei 36,7 Prozent.
Anlass der Untersuchung ist die Erwägung der Bürgschaftsbanken, gemeinnützige und auch die größere Gruppe der gemeinwohlorientierten Unternehmen stärker zu fördern. „Angesichts des großen Beitrags, den diese Unternehmen zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen leisten können, sind die Erkenntnisse für die Bürgschaftsbanken von besonderem Interesse“, sagt Stephan Jansen, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Bürgschaftsbanken.
Ableitung vergleichbarer Merkmale als große Hürde
Laut einer gemeinsamen Mitteilung von VDB und Creditreform Rating erwies sich die Ableitung messbarer und vergleichbarer Merkmale bislang als schwierig. Vor diesem Hintergrund hat sich Creditreform dieser Herausforderung mit einem neuen Ansatz genähert, der tiefere Einblicke in die Besonderheiten dieses speziellen Unternehmenssegments erlaubt. So hat die Ratingagentur aus ihrer Datenbank 10.100 gemeinnützige Unternehmen identifiziert, die eine repräsentative Teilmenge aller gemeinwohlorientierten Unternehmen in Deutschland darstellen.
Nach Einschätzung von Stephan Jansen dient die Studie nicht nur der Entscheidungsfindung, sondern könne als Pionierarbeit angesehen werden, da sie erstmals die Risikotragfähigkeit dieser Unternehmen, deren Ausfallrisiken und strukturelle Unterschiede im Vergleich zu anderen Unternehmensformen untersucht. „Die Untersuchungsergebnisse erlauben Rückschlüsse für die deutlich größere Gruppe der gemeinwohlorientierten Unternehmen und deren Förderung“, ist der VDB-Geschäftsführer überzeugt.
Analyse schafft erstmals eine allgemeine Struktur des Segments
Durch die Analyse konnte erstmals eine allgemeine Struktur dieses Unternehmenssegments erfasst werden, heißt es in der Mitteilung von Creditreform und VDB. Es habe sich gezeigt, dass Kleinst- und Kleinunternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten das Segment dominierten, während Großunternehmen (mindestens 250 Angestellte) mit zwölf Prozent einen nicht unerheblichen Teil der gemeinnützigen Betriebe ausmachten. Die Verteilung nach sogenannten Branchenaggregaten lasse erkennen, dass mehr als die Hälfte (56 Prozent) dem Gesundheits- und Sozialwesen zuzuordnen sei, gefolgt vom Bildungssektor (16 Prozent) und sonstigen Dienstleistungen (14 Prozent). Industrie, Bau und Handel spielten mit weniger als einem Prozent in dieser Betrachtung eine untergeordnete Rolle.
„Insgesamt zeigt sich, dass insbesondere Kleinstbetriebe mit bis zu neun Angestellten am ausfallgefährdetsten sind, gefolgt von großen Unternehmen mit 250 oder mehr Angestellten“, erklärt Dr. Benjamin Mohr, Mitglied der Geschäftsleitung der Creditreform Rating AG. Er macht deutlich, dass kleine und mittelgroße Betriebe im Gegensatz dazu geringere Ausfallraten aufweisen. Mohr zeigt sich von dem Ergebnis überrascht, „da üblicherweise mit zunehmender Unternehmensgröße ein sinkendes Ausfallrisiko angenommen wird. Dies kann jedoch zum einen auf die insgesamt geringe Anzahl an Ausfällen und zum anderen auf mögliche verzerrende Effekte durch die Pandemie zurückzuführen sein.“
Bürgschaftsbanken sind Kreditinstitute im Sinne des Kreditwesengesetzes. Den Angaben zufolge unterstützen Bürgschaftsbanken gewerbliche Unternehmen und Freie Berufe bei der Kredit- oder Beteiligungsfinanzierung. Im VDB haben sich die 17 Bürgschaftsbanken und Beteiligungsgarantie-Gesellschaften sowie 15 Mittelständische Beteiligungsgesellschaften zusammengeschlossen.
Gemeinnützige Unternehmen sind eine Teilmenge der gemeinwohlorientierten Unternehmen. Die Europäische Kommission versteht gemeinwohlorientierte Unternehmen als solche, für die das soziale oder gesellschaftliche, gemeinwohlorientierte Ziel Sinn und Zweck ihrer Geschäftstätigkeit darstellt. Dies äußere sich oft in einem hohen Maß an sozialer Innovation.
Versorgungswerke können bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen von der Finanzverwaltung als gemeinnützig anerkannt werden und wären dann nach der Abgabenverordnung steuerlich begünstigt. Sie kümmern sich sowohl um ein berufsspezifisches Angebot an Vorsorge- und Versicherungslösungen als auch um die sachgerechte Beratung ihrer Mitglieder und Versorgungsberechtigten und verfolgen keine gewerblichen Zielsetzungen.
Autoren: Tobias BürgerSchlagworte: Banken
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