Investoren
21. August 2024

Family Office steht der Sinn nach Sinnhaftigkeit

Das Family Office Solvia sucht eine risikoadäquate Verzinsung, Diversifikation und ­Nachhaltigkeit – und findet diese Aspekte in Erneuerbaren Energien. Repowerings und Hybridisierungen sollen für weitere Impacts sorgen und die Sinnhaftigkeit dieser ­Asset-Klasse für die Familie noch erhöhen. Begleitet wird Family Officer Ralf Bauderer von Detlef Schreiber. Der CEO der CEE Group ist optimistisch bezüglich Netzanschlüsse, Inflationsschutz und Strompreise – und nennt hierfür im Interview auch gute Argumente.

Kräuterlikör auf Eis hat liquide und illiquide Elemente – und so investiert auch die Solvia Vermögensverwaltungs GmbH für ­die Familie Jägermeister in liquide und vor allem illiquide Assets. Wichtig ist für die ­Vermögensinhaber, dass bei der Kapitalanlage auch nachhaltige Belange berücksichtigt werden. Geschäftsführer des Wolfenbütteler Family Offices ist seit fast 20 Jahren Ralf Bauderer. Noch ein paar Jahre länger ist sein Erfahrungsschatz mit Investments in ­Erneuerbare Energien. Diese Asset-Klassen soll künftig eine Quote von fünf bis zehn Prozent bekommen.

Seit dem Jahr 2004 ist Detlef Schreiber CEO der CEE Group, ein auf Erneuerbare Energien spezialisierter Asset Manager mit Sitz in Hamburg. Die Assets under Management belaufen sich auf 2,6 Milliarden Euro und bestehen aus über 100 Wind- und PV-Parks in Europa. Die CEE Group ist seit 2017 zu 100 Prozent Teil der Brookfield Asset Management Gruppe. Damals verkaufte das ­Bankhaus Lampe ihre Renewables-Tochter an die kanadische Infrastruktur-Größe.

Family Officer Ralf Bauderer (Bild oben) und Detlef Schreiber, CEE Group, im energiegeladenen Gespräch zu Wind- und Photovoltaik-Parks mit Patrick Eisele.

Herr Bauderer, für wen und wie investiert die Solvia Vermögensverwaltung?

Ralf Bauderer: Solvia investiert für die ­fünfte und sechste Generation der Eigen­tümerfamilie von Jägermeister. Unser ­wichtigstes Ziel ist, das Vermögen von einer Generation in die nächste zu bringen und es zu bewahren – und das nach Kosten, Steuern und Inflation. Die Allokation muss breit und robust aufgestellt sein, um solide und langfristige Erträge zu erwirtschaften. Wir investieren in Aktien, Renten, Immo­bilien, Private Equity, Venture Capital, Private Debt und Erneuerbare Energien.
Als Family Office interessieren uns Quartalsergebnisse überhaupt nicht. Vielmehr sind wir auf eine langfristige und solide Entwicklung unserer Renditen ausgerichtet. Hinzu kommen noch übergeordnete Ziele der Familie. Uns sind sinnstiftende Investments überaus wichtig.

Welche Rolle haben die Erneuerbaren ­Energien in der Allokation?

Bauderer: Renewables spielen bei uns schon seit vielen Jahren eine sehr wichtige Rolle. Bereits um die Jahrtausendwende ­haben wir begonnen, die Dächer von landwirtschaftlichen Gebäuden mit Solarmodulen zu bestücken. Der nächste ­Ausbauschritt war, über die CEE eine breitere Aufstellung in Wind und Photovoltaik (PV) zu bekommen. Derzeit versuchen wir, möglichst viele unserer Immobilien mit PV-Anlagen aus­zustatten. Künftig werden die Renewables eine Quote von fünf bis zehn Prozent in der Gesamtallokation einnehmen.
Erneuerbare Energien sind eine Asset-­Klasse, mit der wir eine risikoadäquate Verzinsung erzielen können und die eben auch auf das Thema Nachhaltigkeit einzahlt. Für die Familie ist es sehr wichtig, mit dem Geld nicht nur Rendite zu erwirtschaften, sondern auch einen positiven Beitrag für Umwelt und Gesellschaft zu leisten. Es muss eine Sinnhaftigkeit gegeben sein. ­Finanziell attraktiv ist auch der stetige ­Cashflow, was eine gute Diversifikation zu volatileren Asset-Klassen bietet.

Es gibt sogar einen Impact Advisor!

Bauderer: Wir nehmen das Thema Nachhaltigkeit sehr ernst und wollen es auch sehr gründlich machen. Deshalb haben wir Johanna Braun als Senior Impact Advisor zu uns geholt. Sie berät uns, bringt ihr ­Netzwerk ein, öffnet uns Türen, hilft ein umfassendes ESG-Reporting aufzubauen und über alle Asset-Klassen hinweg eine Klassifizierung unserer bestehenden Invest­ments vorzunehmen. Wir haben zusätzlich ein internes Ampelsystem für unsere Anlagen entwickelt und die Familie hat gemeinsam ein Haltungspapier erarbeitet, indem sie ihre ESG-Ziele festgeschrieben hat.

Aber haben denn PV- und Windparks einen Impact? Kauft A ihn nicht, dann kauft ihn B. Die Menge an Grünstrom bleibt gleich.

Detlef Schreiber: So simpel sehe ich das nicht. Vielleicht haben Sie für die Stunde null nicht Unrecht. Aber dann kommt es ­darauf an, wie man den Park betreibt, denn schließlich handelt es sich um einen ­längeren Zyklus mit hohem Einfluss auf die Menschen vor Ort.
In sozialer Hinsicht stellt sich die Frage, wie man als Betreiber lokale Dienstleister ­einbindet und was finanziell den Gemeinden an Erträgen bleibt. Neuerdings sieht ­Paragraf 6 EEG vor, dass pro erzeugter Kilowatt-Stunde ein gewisser Cent-Betrag an die Gemeinde vor Ort überführt wird. Dies ist ein direkterer Zufluss als über die Gewerbesteuer. Da die Parks meist in sehr ­ländlichen Regionen liegen, sind das nicht zu ­vernachlässigende Größen und für die Kommunen relativ wichtig. Da kommen bei mittelgroßen Parks sechsstellige Beträge pro Jahr zusammen.
Ökologisch betrachtet ist es auch nicht mehr so, dass die Kalkulation einen Betrieb über 20 Jahre vorsieht und im Ertrag auch die kompletten Abbaukosten abgedeckt sind. Die CEE beschäftigt sich nun nach ­bereits 15 Jahren mit Repowerings, ­wodurch auf der bestehenden Fläche deutlich mehr Strom und Erlöse generiert werden – und das ist für mich ein erheblicher Impact!
Bauderer: Repowerings zahlen stark auf Nachhaltigkeit ein. Anstatt nach 20 Jahren einen Park abzubauen und dann quasi komplett in die Presse zu stecken, verlängert sich die Lebensdauer vieler Komponenten. Neben Repowerings kann man bestehende Parks auch mit Speicher optimieren. Hier steht ein großer Technologieschub an.

CEE gehört zu Brookfield. Wie offen sind kleine Gemeinden dafür, dass ein kanadischer Global Player mit über 600 Milliarden Euro an AuM bei ihnen Windräder aufstellt?

Schreiber: Wahrgenommen wird die CEE Group als Player aus Deutschland, der seit über 20 Jahren Projekte in Deutschland ­betreibt und mit lokalen Partnern und ­Gemeinden zusammenarbeitet. Der persönliche Kontakt und unsere Reputation, unterstützt durch eine starke und große Muttergesellschaft, bilden eine sehr gute Konstellation, die deutliche Vorteile für die Menschen vor Ort mitbringt.

Ist es nachhaltig, sich von China abhängig zu machen?

Schreiber: China hat riesige Produktions­kapazitäten aufgebaut, was nun zu sinkenden Preisen führt. Im Moment gibt es ­zumindest im PV-Sektor keine Alternative zu diesem Zulieferer. Natürlich muss man darauf achten, unter welchen Arbeitsbedingungen dort produziert wird. Ich gehe ­davon aus, dass die Produzenten keinen ­Reputationsschaden erleiden wollen.
Bauderer: China dominiert den Markt für Solarpanels und daher führt in diesem ­Bereich auch kein Weg an China vorbei – egal ob man das möchte oder nicht.

Windräder helfen bezüglich CO₂, weniger aber bei der Verbesserung der Biodiversität.

Schreiber: Biodiversität wird immer wichtiger und ist bereits ein fester Bestandteil bei der Planung der Parks. Wird bei einem Park die Artenvielfalt berücksichtigt, erfährt ­dieser eine viel höhere Akzeptanz. Ausgleichsflächen, Blühstreifen und Insektenhotels reduzieren auch nicht den Strom­ertrag. Es ist ein Aufwandsposten, für den man Dienstleister braucht, die sich drum kümmern. Diese fördert auch wieder die ­lokalen Partner und Gemeinden.
Bauderer: Wir haben viele unserer landwirtschaftlichen Betriebe auf Bio umgestellt und gefühlt unzählige Hecken und ­Blühstreifen gepflanzt. Das hat etwas die Anbauflächen reduziert, macht sich aber dadurch bezahlt, dass die Maßnahmen die Verdunstung und Erosion mindern. Bio­diversität zu berücksichtigen ist darüber ­hinaus ein wichtiger Faktor.

Wind oder PV?

Bauderer: Beides! Die Erträge von PV- und vor allem von Windparks schwanken, gleichen sich aber in der Gesamtbetrachtung über ein Jahr hinweg recht gut aus. Diversifikation ist in der Kapitalanlage sehr wichtig.

Vor einigen Jahren waren oft die Wind­prognosen zu optimistisch. Verhageln heute wieder gesunkene Strompreise und höhere Finanzierungskosten die Rendite?

 

Detlef Schreiber, CEO von CEE und Energiebeauftragter von Solvia.
Detlef Schreiber, CEO von CEE und Energiebeauftragter von Solvia. Bild: CEE Group

Schreiber: Zu optimistische Windgutachten in Verbindung mit zu aggressivem Leverage waren in den Anfangszeiten ein Problem. Aber diese Lernkurve hat die Branche durchlaufen und heute gibt es viel bessere Datengrundlagen. So können wir in Echtzeit die Energiegewinnung unserer Parks überprüfen.
Im Vergleich zu vor zwei Jahren hat sich viel verändert. Bis 2022 hatten wir einen ­Verkäufermarkt: Illiquide Asset-Klassen profitierten vom zinsbedingten Anlagenotstand und Anleger konnten mit Renewables dauerhaft sechs Prozent verdienen. Relativ wenige Projekte trafen auf viel ­Kaufinteresse. Dadurch stiegen, in Verbindung mit den ­geringen Finanzierungskosten, die Projektpreise stark an. Jedoch war bei einem Zins von null auch die Diskontierung sehr angenehm, wovon die Net Asset Values stark profitierten. Da jeder rational Denkende ­davon ausgehen musste, dass Zinsen auch einmal steigen können, bauten wir über die langen Jahre des Zinsrückgangs sukzessiv Risikoprämien als Reserven auf, um den Schock eines Zinsanstiegs zu mildern.
Dann hat sich in relativ kurzer Zeit das ­Umfeld komplett gedreht. Plötzlich war für viele institutionelle Anleger Fixed Income wieder die bequemere und bessere Wahl. Fraglich aber, ob das zu kurzfristig gedacht ist. Zudem: Die Rendite von Fixed Income mag wieder ausreichen, ist sie aber auch gut genug? Allerdings waren Investoren durch den Denominator-Effekt die Hände bezüglich Private-Assets-Käufe gebunden.
Somit ging das Kaufinteresse stark zurück. Gleichzeitig war die Zahl der ­Entwicklungen zumindest bei PV-Anlagen aber mindestens konstant, sodass sich die Preise für Projekte reduzierten. Preismindernd waren auch ­billigere Komponenten. Somit kommen PV-Parks nun wieder auf attraktive Renditen. Wir haben eher einen Käufermarkt.
Bauderer: Im Vergleich zu früher hat sich der Renditemix deutlich geändert. Vor 15 oder 20 Jahren waren die Einspeise­tarife sowie die Finanzierungskosten höher und die Pachten geringer. Heute sind die Komponenten wesentlich günstiger und die Parks erzeugen wesentlich mehr Energie auf der gleichen Fläche. Aktuell liegt die Rendite zwischen fünf und sechs Prozent.

Eine Renditebelastung sind aber die langen Vorlaufzeiten für Netzanschlüsse.

Schreiber: Hierzulande haben Projekte auf der grünen Wiese zwar eine gewisse Vorlaufzeit, aber es gibt auch auf ­Landesebene Druck, die ­Ausbauziele zu erreichen. Versorgungssicherheit ist nun auch im grün geführten Bundeswirtschaftsministerium im übergeordneten Interesse. Es ist gar nicht mehr so schwierig, in Deutschland etwas zu entwickeln. Bezüglich der Genehmigungsfristen hat die ­Regierung wirklich viel getan, um die ­Prozesse zu beschleunigen. Allerdings zeigt sich das noch nicht unmittelbar in der Zahl der fertiggestellten Projekte.
Auch für Repowerings oder Hybridisierungen gibt es erhebliche Erleichterungen, beispielsweise dadurch, dass die 2-H-Regelung auf 5 H erhöht wurde. Inzwischen kann man in viel größerem Abstand als zuvor ­eine neue Anlage in Nachbarschaft zu einer alten Anlage bauen. Dies führt zu größeren Projektvolumina und in den nächsten Jahren zu einem dynamischen Ausbau – und einer muss es ja finanzieren … Deutschland wird unser größter Markt bleiben. Aber auch im europäischen Ausland ist das ­Renditeniveau interessant.

Was sind Hybridisierungen?

Schreiber: Wenn man unter einem bestehenden Windpark, der ja eine große Fläche hat, einen PV-Park baut und gegebenenfalls noch mit einer Speicherlösung kombiniert, dann nennen wir dies Hybridisierung.

Der Vorteil ist, dass der Netzanschluss schon da ist. Aber kann das Netz es denn verkraften, wenn auf einer Fläche mehr Kilowatt produziert werden?

Schreiber: Der Anschluss ist ein sehr ­gewichtiges Kriterium. Die Kombination von Wind und PV hat den Vorteil, dass ­diese meist nicht synchron produzieren. Über das Jahr verteilt sind die beiden Energiequellen eher antikorreliert. Ein Speicher hilft bei der weiteren Glättung der Stromerträge. Für die doppelte Erzeugungskapazität braucht es ­also keine doppelte Netzanschlusskapazität.

Verschatten die Windräder nicht die Module?

Schreiber: Das ist für den Ertrag kein relevanter Effekt, wird aber trotzdem bereits bei der Planung berücksichtigt.

Im Peak kann man aber nicht alles einspeisen, weil die Netze sonst überlastet sind.

Bauderer: Wenn man die Energiewende ernst nimmt, braucht es große Anstrengungen und finanzielle Mittel, die vorhandenen Netze weiter auszubauen. Das ist aber eher die Spielwiese für die großen Infrastrukturfonds und institutionellen Anleger.
Schreiber: Ohne Zweifel muss das Netz ausgebaut werden. Auch Batterien helfen, Spitzenerträge zu glätten oder der Zugang zu einer höheren Spannungsebene im Netz. Und selbst wenn die Kapazität des Netzanschlusses nicht reicht, lassen sich Projekte verwirklichen. Beispielsweise haben wir bei einem PV-Projekt in den Niederlanden eine Peak-Leistung von 100 Megawatt. Der Netzanschluss verkraftet aber nur 80 Megawatt. Es sind aber nur sehr wenige Stunden im Gesamtjahr, wo uns diese 20 Megawatt verloren gehen. Am Ende spielt diese Lücke in der Gesamtkalkulation keine Rolle und wird dann auch entsprechend berücksichtigt.

Solvia hat direkt in einen Windpark mit 12,6 Megawatt in Sachsen-Anhalt investiert. Hat der schon eine Batterie?

Bauderer: Nein, noch nicht. Aber angesichts der fortschreitenden Technologieentwicklung denken wir darüber bereits nach. Wenn Speichermöglichkeiten von der Dimensionierung und vom Preis her attraktiv werden, bietet uns das nochmal ganz andere Möglichkeiten.
Schreiber: In Deutschland bildet sich gerade ein Markt und ein Geschäfts­modell für Batterien. Aber noch gibt es viele Variablen: Wie groß müssen die Speicher sein, was sind optimale Zyklen für Speicherung und Entladung, wer managt den Stromhandel? Gerade rechtlich herrschen hier noch einige Grauzonen in Deutschland. Einig sind sich aber eigentlich alle: Speicher stehen vor einer ganz steilen Wachstumskurve.
Für eine 100-Prozent-Speicherung bräuchte es Wasserstoff. Aber mit Wasserstoff ist man technologisch und finanziell noch einmal in ganz anderen Dimensionen unterwegs. Das ist für uns kein aktuelles Thema.

Entsteht unter anderem mit Batterien und Wasserstoff zu viel Private Equity Touch?

Bauderer: Ich sehe hier keine Gefahr, ­sondern eine Chance. Mit Erneuerbaren Energien investieren wir in bestehende Technologien – mit Venture Capital in neue Technologien; Letzteres unter anderem mit dem Purpose, neue Technologien voranzutreiben. Diese ersetzen nicht zwangsläufig alte Technologien, sondern können diese sinnvoll ergänzen. Bei Speichern, intelligenten Netzen, Effizienz von Modulen oder Rotorblätter-Designs hat sich in den ver­gangenen Jahren viel getan. Das war zwar noch nicht der Gamechanger, aber eine schrittweise Weiterentwicklung.

Gibt es für Solvia einen typischen ­Zugangsweg auf den Kapitalmarkt?

Bauderer: Nein. Das können Fonds oder Co-Investments sein, bei Immobilien ­kommen auch Club Deals in Frage und wir beteiligen uns auch direkt an Unternehmen sowie PV- und Windparks.

Wie stark achten Sie bei einem Fonds auf passende Mitinvestoren?

Bauderer: In einem homogenen Anlegerkreis tut man sich leichter. Darum beachten wir diesen Aspekt. Hier bei CEE ist es zwar ein heterogenerer Anlegerkreis, es besteht aber ein sehr angenehmes Miteinander.
Schreiber: Das ist ein wichtiger Punkt. Die Fonds laufen über 20 Jahre und wenn noch ein Repowering erfolgt, noch länger. Immer wieder sind auch unternehmerische Entscheidungen zu treffen. Darum braucht es ein gutes, partnerschaftliches Verhältnis und übereinstimmende Interessen.
Ein Vorteil ist hier, dass in unseren bisherigen Fonds – und nun sind wir bei Nr. 8 – nur deutsche Investoren involviert sind. Sprachlich und kulturell gibt es also keine Barrieren und das ist gut für den Austausch.

Und ziehen bei einem Repowering alle mit?

Schreiber: Das hängt weniger von der ­Person als von der Situation der jeweiligen Institution ab. Der eine ist komfortabel aufgestellt, der andere braucht Liquidität oder hat seine Quoten ausgereizt.
Das müssen wir besprechen und uns neu sortieren, was durchaus ein anspruchsvoller Prozess ist. Aber das gehört dazu! Als ­Investment ­Manager kann ich doch nicht sagen, dass ich zwar eine renditeträchtige Opportunität sehe, aber die Komplexität ­einer Umsetzung scheue.

Sind also Family Offices Ihre Lieblings-­Anlegergruppe?

Schreiber: Family Offices haben auf jeden Fall einen unschlagbaren Vorteil: Sie sind nicht reguliert. Außerdem denken Sie ­generationsübergreifend und damit sehr langfristig und handeln damit auch im ­Sinne der Nachhaltigkeit.
Klar ist auch, dass es mit dem Geschäfts­führer oder dem Vermögensinhaber einen Entscheider gibt – und der entscheidet so oder so. Andere Investorengruppen haben dagegen mehrere Gremien, Berater und ­eine Aufsicht, was Entscheidungsprozesse verkompliziert. Hinzu kommt, dass der ­Verantwortliche eines regulierten Anlegers ein klares Renditeziel hat – und häufig kein sehr hohes Incentive, mehr zu erreichen.
Bauderer: Wir sind vor allem gefragt, weil wir schneller entscheiden können und weil wir oft andere Blickwinkel einnehmen.

Oder auch, weil man mit Family Offices ­unternehmerische Ansätze verbindet?

Bauderer: Bei Family Offices gibt es eine sehr große Bandbreite an Anlagestilen. ­Einige betrachten sich als eine Art Spardose der Familie, wo der Bestandserhalt klar im Vordergrund steht. Andere agieren deutlich unternehmerischer und gehen damit aber auch höhere Risiken ein. Ich bin überzeugt, dass Diversifikation hier enorm wichtig ist. Gerade, wenn Sie eine langfristige Stabilität der Investments erreichen wollen.

KKR sagt, dass die Valuation von Renewables an der Börse 24 Prozent niedriger als auf dem Privatmarkt ist. Wer liegt falsch?

Schreiber: Da spielt für mich auch rein, dass die Renditeerwartungen eines Bes­tandsportfolios von sechs bis acht Prozent nicht zu den Kapitalkosten eines gelisteten Unternehmen passen. Die Stabilität eines Bestandsportfolios ist schön, es ist aber kein Wachstums-Case – es sei denn, das Unternehmen verdient auch gutes Geld mit Asset Management. Unsere Mutter Brookfield ­Asset Management und deren Mutter Brookfield Corporation sind gelistet, und bei letzterer ist der Aktionär am Asset ­Management und am Operating Business sowie an Wealth Solutions beteiligt.

Schützten Renewables vor der Inflation?

Schreiber: Der Inflationsschutz erfolgt vor allem über den Strompreis und der ist ­langfristig hoch mit Inflation und Wirtschaftswachstum korreliert. Bei einem Feed in Tarif, der eine Mindest-Einspeisever­gütung garantiert, war der Schutz sehr gut, weil der Investor vom höheren Strompreis profitierte. Das hat 2022 fantastisch funktioniert. Bei den heute üblichen PPAs, die mit Unternehmen bilateral abgeschlossen werden, ist man für die Dauer des Stromabnahmevertrages an den Preis und die Menge gebunden, was den Projekten ­ihre gute Stabilität verleiht. Natürlich ­steigen auch die Wartungs- und Ersatz­teilkosten, die durch höhere Strompreise, langfristig abgeschlossene Vollwartungs­verträge und Finanzplanungen aber gut kompensiert werden. Mit der Produktion von Erneuerbarer Energie lässt sich die ­Inflation also gut ausgleichen.

Wo liegt der Strompreis in zehn Jahren?

Schreiber: Höher als heute. Wesentlicher Grund hierfür ist die steigende Nachfrage nach Strom, insbesondere Grünstrom. Der Trend geht klar in Richtung Elektrifizierung der Fahrzeugflotten und Wärmewende. Auch tragen Rechenzentren stark zur Stromnachfrage bei. Beispielsweise baut Amazon in Spanien für sich ein Data ­Center, das zu 100 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben wird und eine Peak-Leistung von fünf Gigawatt benötigt. Ende 2023 lag die Peak-Leistung der Wind- und PV-Projekte in ganz Spanien bei 55 ­Gigawatt an Grünstrom. Nur ein neues Rechencenter wird also künftig ein Zehntel des gesamten spanischen Grünstroms verbrauchen. Für mich steht außer Frage, dass Strom, speziell Grünstrom, über lange Sicht ein knappes Gut und damit teurer sein wird.

Grünstrom wird aber auch mehr produziert.

Schreiber: Ja, und aber auch immer ­günstiger. Die Gestehungskosten sinken. Andererseits wiederum steigen die Ver­teilungs- und Systemkosten. Es braucht Speicher, um Erneuerbare Energien als Dauerlast ins Netz zu bringen. So wird dem Kannibalisierungseffekt entgegengewirkt und der optimale Preis erzielt.

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