Ewiger Frühling für Wohnungen, weiter winterlich für Handel
Frühjahrsgutachten mit vielen Sorgen. Wohnungspreise stiegen um 14 Prozent.
Äußerst unterschiedlich fällt das gestern veröffentlichte Frühjahrsgutachten des Rats der Immobilienweisen im Auftrag des ZIA aus. Während die Entwicklung bei Wohnimmobilien für Investoren wie ein ewiger Frühling anmutet, sind die Perspektiven für den Einzelhandel eher winterlich-frostig.
Laut dem Gutachten sind die Mieten für Wohnungen auch im Jahr 2021 weiter gestiegen und haben durchschnittlich 8,46 Euro/m² erreicht. Der Anstieg war mit 3,7 Prozent ähnlich dynamisch wie im Vorjahr (3,1 Prozent). Die Kaufpreise für Eigentumswohnungen haben ihren Anstieg im Jahr 2021 allerdings noch stärker beschleunigt. Im bundesweiten Mittel sind sie im Vergleich zu 2020 um 14,3 Prozent auf 3.140 Euro/m² gestiegen. Der Anstieg war damit nochmals leicht stärker als im Vorjahr mit 11,2 Prozent.
Dr. Harald Simons, Vorstandsmitglied bei Empirica, machte zudem darauf aufmerksam, dass die Zahl der großen Haushalte mit drei und mehr Personen seit 2010 mit 6,6 Prozent stärker gestiegen ist als die Zahl kleinerer Haushalte (+3,1 Prozent), während der Anstieg im Neubau sich ausschließlich auf kleinere Geschosswohnungen konzentrierte. Die Folgen gerade für einkommensschwache Familien seien drastisch. Deutlich mehr als 40 Prozent aller einkommensschwachen Vier-Personen-Mieterhaushalte in Großstädten wohnen beengt auf unter 80 m² Wohnfläche, fast 20 Prozent sogar auf unter 65 m², so Simons. „Weder können es die Städte hinnehmen, dass die Familien die Städte verlassen, noch, dass die verbleibenden Familien derart beengt wohnen. Derart beengte Wohnverhältnisse sind – nicht nur in Zeiten von Homeoffice und Homeschooling – sozial- und wohnungspolitisch inakzeptabel.“
Lockdowns belasten Handel
Dagegen blicken der Handel und die dahinterstehenden Immobilienunternehmen in eine Zukunft mit hohen Unsicherheiten. Für viele Betriebe, die im vergangenen Jahr vom Lockdown und aktuell von starken Zutrittsbeschränkungen betroffen waren und sind, stelle sich die derzeitige Lage ausgesprochen schwierig dar. „Insolvenzen, Filialschließungen und Entlassungen stehen weiterhin auf der Tagesordnung – die Auswirkungen auf die Innenstädte sind immer noch dramatisch und reißen Lücken ins Stadtbild“, so ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner. Für den gesamten Einzelhandel wird für 2021 ein Umsatz von 594,4 Milliarden Euro erwartet (plus 3,1 Prozent gegenüber 2020), wobei voraussichtlich 82,2 Milliarden Euro (13,8 Prozent) auf den Onlinehandel entfallen. Hohe Umsatzsteigerungen im Bereich der Nahversorgung und des E-Commerce überdecken, dass der innenstadtrelevante Einzelhandel in den Segmenten Textilien, Bekleidung, Schuhe und Lederwaren durch deutliche Umsatzeinbußen gekennzeichnet war. Die Umsätze in den Innenstädten sackten im Vergleich zum Vorkrisenniveau mit minus 36 Prozent besonders deutlich ab.
Wenig rosig ist auch die Lage für die Hotellerie. Diese sei infolge des fast halbjährigen Lockdowns 2021 und diverser Reisebeschränkungen mit hohen finanziellen Verlusten nach wie vor so stark von der Corona-Pandemie betroffen wie kaum eine andere Branche.
Homeoffice reduziert Büronachfrage nicht
Der Markt für Büroimmobilien wird laut Gutachten geprägt durch die Auswirkungen der Corona-Krise, ESG und EU-Taxonomie. Diskussionen um Homeoffice-bedingte Flächenreduktionen seien 2021 aber bereits abgeflacht. „In Bezug auf den künftigen Büroflächenbedarf ist mittelfristig kaum davon auszugehen, dass Büroflächen im gleichen Umfang abnehmen, wie Homeoffice-Aktivitäten zunehmen werden“, prognostiziert Sven Carstensen. Der Bulwiengesa-Vorstand hat im Frühjahrsgutachten die Entwicklung der Büro-, Unternehmens-, Logistik- und Hotelimmobilien analysiert. „Auch die qualitativen Ansprüche an die Bürofläche werden weiterwachsen – Büroarbeitende wollen sich auch am Arbeitsplatz wohlfühlen. Büroflächen werden also auch künftig nachgefragt – dennoch stehen sie in einem intensiven Wettbewerb zu Remote Work, wodurch sich neue Herausforderungen für Arbeitgeber und nicht zuletzt auch für Immobilieneigentümer und Entwickler ergeben. In einer zunehmend flexibilisierten Arbeitswelt dient das Büro als zentrale Anlaufstelle für den sozialen Austausch, Kollaboration und Kreativität. Das erfordert flexible Raumkonzepte und einen höheren Anteil von Besprechungs- und Konferenzräumen.“
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: Büroimmobilien | Immobilien | Wohnungen
In Verbindung stehende Artikel:
Schreiben Sie einen Kommentar