Europa hat Nachholbedarf bei Real Estate Debt
USA und UK deutlich vor Kontinentaleuropa. Weltweiter Markt für Commercial Real Estate Debt bei circa sechs Billionen US-Dollar.
Gestiegene Finanzierungskosten und eine restriktivere Kreditvergabepolitik seitens der Banken könnten Treiber für ein Marktwachstum alternativer Finanzierungsformen in den kommenden Jahren sein. Das ist eines der Ergebnisse der Studie „Real Estate Debt – Finanzierungsoptionen im Umfeld steigender Zinsen und begrenzter Bankfinanzierungen“ des Immobilieninvestmentmanagers Empira. Gegenüber den Private-Debt-Finanzierungsmärkten in den USA und im europäischen Bereich insbesondere in UK besteht laut Studie ein deutlicher Rückstand von Private Debt in Kontinentaleuropa. Hier bestehe also ein deutliches Aufholpotenzial für solche Finanzierungsformen als Alternative zur Finanzierung über Banken.
Gewerbliche Hypothekarkredite stagnieren
Häufig würden für Darlehen mit zehnjähriger Zinsbindung bereits Zinsen von ca. 4,0 Prozent gefordert, was im Detail abhängig von weiteren Parametern wie dem konkreten Finanzierungsgegenstand, Volumen, Beleihungsauslauf und so weiter sei. Dies könne durchaus dazu führen, dass der Erwerb oder die Errichtung einiger Immobilien mit „alten“ Parametern (zum Beispiel unveränderten Mieten) unwirtschaftlich wird und daher zurückgestellt wird, was insbesondere für professionell agierende Investoren eine Option sei. Auffällig ist der Studie zufolge, dass sowohl die Kreditvergabe für den Wohnungserwerb und den Wohnungsbau privater Haushalte als auch die Hypothekarkredite gewerblich genutzter Objekte in Deutschland zuletzt stagnierten. Laut Studie gingen sie, bereinigt um immobilienwirtschaftliche Preissteigerungen (Baukostenindex), sogar stark zurück und liegen aktuell unter dem Niveau von 2017.
40 Prozent entfallen auf Nordamerika
Der globale Markt von Commercial Real Estate Debt umfasst laut Studie basierend auf Daten des Internationalen Financial Stability Boards und unterschiedlichen anderen Quellen ein Gesamtvolumen von mindestens 6,0 Billionen US-Dollar. Den mit Abstand größten Anteil hat in diesem Segment der Real-Estate-Debt-Markt in Nordamerika, welcher mit einem Gesamtvolumen von circa 2,6 Billionen US-Dollar mehr als 40 Prozent des Gesamtmarktes ausmacht. Ein knappes weiteres Drittel umfasst der europäische Markt – mit 1,92 Billionen US-Dollar. Weitere 1,3 Billionen US-Dollar entfallen auf den APAC-Raum, der Südostasien und Australien umfasst.
Der Studie zufolge wird sich der Trend zu B2B-Finanzierungen, dem Segment Real Estate Private Debt, in den kommenden Jahren also weiter verstärken. „Generell ist von einer wachsenden Bedeutung bankenexterner Immobilienfinanzierungen auszugehen. Aus regulatorischen Gründen wird dieses Wachstum fast ausschließlich im B2B-Bereich stattfinden, während die Kreditvergabe an Verbraucher im Bereich der Wohnungsfinanzierung den Banken vorbehalten bleibt“, kommentiert Prof. Dr. Steffen Metzner, Studienautor und Head of Research von Empira. „Da die Banken dort ihr Kapital binden und gewerbliche Immobilienfinanzierungen häufig individuell und anspruchsvoll sind, werden sich daraus wachsende Anteile von Private Debt innerhalb des Commercial-Real-Estate-Debt-Markts ergeben.“
190 Milliarden Euro „nicht unrealistisch“
Studienautor Metzner schätzt den Anteil des europäischen Commercial-Real-Estate-Debt-Marktes auf circa 190 Milliarden Euro, einem Anteil von ungefähr zehn Prozent des Marktes. „Diese Zielmarke erscheint im aktuellen Marktumfeld nicht unrealistisch (nach mehreren Quellen auch Schätzung des aktuellen Marktanteils in Europa). Steigerungen auf das Niveau von UK (28 Prozent) oder USA (40 Prozent) würden noch zu deutlich größeren Teilmärkten im Bereich von Private Debt führen, wobei eine solche Angleichung an das angelsächsische Finanzsystem für Kontinentaleuropa kurzfristig nicht sehr wahrscheinlich ist.“ Generell sei jedoch von einer wachsenden Bedeutung bankenexterner Immobilienfinanzierungen auszugehen.
Als weitere Gründe für diesen Trend führt der Autor neben dem benötigten Finanzierungsvolumen die benötigte Flexibilität gerade im Projektentwicklungsgeschäft an. Feste Laufzeiten und Rückzahlungstermine im Geschäftsmodell der Banken seien fallweise schwierig umsetzbar, da zum Beispiel Witterungsbedingungen und unterbrochene Lieferketten ein eher unternehmerisches Handeln erforderten. Die Studie beleuchtet daher auch Eigenkapital-nähere Segmente wie Mezzanine-Finanzierungen sowie Genussrechte und stille Beteiligungen.
35 Milliarden US-Dollar jährliches Fundraising
Zum Marktsegment international und national agierender Real-Estate-Fonds gibt es laut Studie Marktbeobachtungen von Pere Research & Analytics mit einem Datenbestand von insgesamt circa 9.300 Fonds mit Schwerpunkt USA und Europa. Einzeln ausgewiesen werden bestimmte Strategien, unter anderen auch Real Estate Debt. Demnach betrug im Beobachtungszeitraum seit 2017 der Anteil der Debt-Strategien innerhalb der beobachteten Gruppe im Fundraising zumeist etwa 15 Prozent, in einzelnen Jahren auch circa ein Viertel. Das Gesamtvolumen von Private Debt betrug im berichteten Fundraising jährlich circa 35 Milliarden US-Dollar. Die komplette Studie ist hier herunterzuladen.
Autoren: Daniela EnglertSchlagworte: Gewerbeimmobilien | Immobilien; Private Debt | Real Estate Debt | Wohnen
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