Versicherungen
24. April 2024

EU-Parlament macht Weg für neue Solvency-II-Regeln frei

Nach vier Jahren kommt der Reviewprozess von Solvency II an sein vorläufiges Ende. Laut dem GDV können die Versicherer mit dem Ergebnis gut arbeiten.

Die Abgeordneten des Europaparlaments haben am Dienstag (23. April) die seit Jahren geplanten Reformen der Regeln zur Regulierung von Versicherungsunternehmen (Solvency II) gebilligt. Damit kommt die Solvency II Review an ihr vorläufiges Ende.

Die Reformen waren im Dezember 2023 informell zwischen den Mitgliedstaaten, vertreten durch die EU-Präsidentschaft und die Verhandlungsführer des Europaparlaments unter der Leitung des langjährigen Abgeordneten Markus Ferber, vereinbart worden, wie das EU-Parlament in einer Pressemitteilung kommentiert. Nun stimmte das Plenum des Parlaments mit 549 Ja-Stimmen, 56 Nein-Stimmen und neun Enthaltungen für die Aktualisierung der Solvenzregeln. Im nächsten Schritt muss auch der EU-Rat den Texten zustimmen, danach werden die Rechtsvorschriften im Amtsblatt der EU veröffentlicht und zum Gesetz.

Neue Regeln setzen Kapital frei

Laut Mitteilung werden durch die Änderungen der Solvency-II-Regeln große Geldsummen frei, die Versicherungsunternehmen zurückhalten mussten. Nun könne der Sektor mehr Mittel in die wirtschaftliche Erholung und insbesondere den europäischen Green Deal stecken. Derzeit werde davon ausgegangen, dass der Kapitalkostensatz, der die Höhe der Reserven bestimmt, im Zuge der Aktualisierung von sechs Prozent auf 4,75 Prozent sinkt.

Die Aktualisierung im Zuge des Solvency II Review wird den Angaben zufolge auch die Aufsicht vereinfachen und die Aufsichtsbehörden hinsichtlich systemischer Risiken stärken. Auf Initiative des Parlaments werden die Aufsichtsbehörden aufgefordert, besser zusammenzuarbeiten, wenn Versicherer in anderen Mitgliedstaaten tätig sind.

Schließlich enthält die Aktualisierung neue Bestimmungen, die Versicherungsunternehmen dazu verpflichten, nachhaltigkeitsbezogene Risiken besser zu berücksichtigen und mehr über diese Risiken zu berichten, damit Versicherungsnehmer die Umweltfreundlichkeit eines Unternehmens verstehen können.

Verhandlungsführer Markus Ferber, seit 1994 Abgeordneter des Europäischen Parlaments, sagte: „Aufgrund der bestehenden Regeln waren europäische Versicherungsunternehmen gezwungen, Hunderte Milliarden Euro an überschüssigem Kapital über die Mindestreserven hinaus zu halten.“ Das Update setze eine bedeutende Menge Kapital frei, das in produktive Investitionen wie grüne Infrastruktur und Digitalisierung fließen könne, so Ferber weiter.

Damit der Green Deal gelinge, seien private Investitionen erforderlich, wie der deutsche Politiker deutlich machte. „Die Überprüfung ermöglicht es den Versicherungsunternehmen, ihren Beitrag zu leisten, ohne die Versicherungsnehmer zu gefährden“, so Ferber. Der Abgeordnete ist überzeugt davon, dass die Überprüfung von Solvency II es den Versicherern auch ermögliche, mehr langfristige Investitionen zu tätigen. Das komme letztendlich den Versicherungsnehmern zugute, argumentiert er. „Schließlich wird die Überprüfung auch dazu führen, dass die Versicherungsaufsicht verhältnismäßiger und besser auf die tatsächlichen Risiken zugeschnitten wird. Kleine Versicherungsunternehmen mit einem einfachen und sicheren Geschäftsmodell werden von einem geringeren Verwaltungsaufwand profitieren.“

Solvency II Review: GDV begrüßt Ausgestaltung des Aufsichtsrahmens

Die deutsche Versicherungswirtschaft begrüßt die finale Ausgestaltung des Aufsichtsrahmens Solvency II laut einer Mitteilung. „Im Ergebnis ist eine ausbalancierte Weiterentwicklung des bereits bestehenden Rechtsrahmens herausgekommen, mit dem die Versicherer gut arbeiten können”, sagt der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Jörg Asmussen.

Nach dem politischen Abschluss des Reviews werde man sich jetzt auf die nachgelagerte Gesetzgebung und die nationale Umsetzung konzentrieren. Die neuen Regeln lassen nach Einschätzung Asmussens Spielraum für die Auslegung der Kriterien. Vor diesem Hintergrund machte er deutlich, dass bei der Umsetzung der Richtlinie darauf geachtet werden sollte, möglichst vielen – insbesondere auch kleinen – Unternehmen den Zugang zu diesen Erleichterungen zu ermöglichen, zum Beispiel beim Berichtswesen.

Zu den neuen Nachhaltigkeitsanforderungen erklärt der GDV-Hauptgeschäftsführer: „Ziel von Solvency II ist der Schutz der Versicherungsnehmer. Es ist deshalb richtig, dass sich die neuen Regeln auf die Risiken fokussieren, die sich aus der Transition und dem Klimawandel für Versicherer ergeben.“

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