Biodiversitätsrisiken für Anleger wachsen
Wer gehofft hat, der Klimawandel bleibe die einzig relevante Umweltherausforderung für Investoren, dürfte bald eines Besseren belehrt werden: Der Verlust von Biodiversität birgt massive Risiken für Menschen und Rendite. Mehr als 50 Prozent des globalen BIP hängen mäßig oder stark von einer intakten Natur ab, schätzt das World Economic Forum in einem 2020 veröffentlichten Report. Fruchtbare Böden, natürliche Rohstoffe, saubere Luft und Wasser oder Schutz vor Erosion – ohne funktionierender Ökosysteme und biologische Vielfalt fallen diese Dienstleistungen weg. Doch ein Viertel aller bekannten Tier- und Pflanzenarten steht vor dem Aussterben. Der Zustand von Wäldern, Mooren und Ozeanen verschlechtert sich.
Mittlerweile sind nicht nur Umweltschützer oder Wissenschaftler alarmiert. 2022 hat die UN-Biodiversitätskonferenz in Montreal ein strenges Regelwerk zum Schutz von Biodiversität verabschiedet. Gesetzgeber sind nun aufgefordert, dieses auf nationaler Ebene umzusetzen. Vor allem die EU schreitet voran. Im Juni haben sich die Mitgliedstaaten auf ein Renaturierungsgesetz geeinigt. Der regulatorische Druck steigt somit sowohl für Unternehmen als auch für Finanzmarktakteure. In der EU-Taxonomie und den SFDR-Standards finden sich Berichterstattungsvorgaben zu Biodiversität. Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) beinhalten noch ambitioniertere Anforderungen. Gleichzeitig sprießen freiwillige Selbstverpflichtungen und Initiativen wie Pilze aus dem Boden, allen voran das Rahmenwerk der Taskforce on Nature-related Financial Disclosures (TNFD).
Diese Regulatorik stellt Anleger vor neue Fragen: Welchen Risiken könnte mein Portfolio ausgesetzt sein, wenn das Artensterben weitergeht? Und: Welche negative Wirkung auf Biodiversität hätte meine Anlageentscheidung? Folglich wächst der Bedarf an Daten und Instrumenten. Aber die Messung von Impacts und Risiken ist kompliziert. Zudem fehlt es noch an Modellierungs-Standards.
Allerdings entwickeln Datenanbieter neue Tools. Mit den MSCI Biodiversity Footprinting Metrics können Anleger prüfen, inwiefern Portfoliounternehmen zum globalen Artensterben beitragen, sei es durch Landnutzung, CO₂-Emissionen oder Wasserverbrauch. Dabei greift MSCI auf transparente akademische Modelle und granulare, lokalspezifische Daten zurück. Zwar gibt es noch keine Marktstandards bei der Berechnung eines Biodiversitäts-Fußabdrucks, aber das Instrumentarium an geeigneten Daten und Tools wächst stetig – wie die Dringlichkeit, das Artensterben zu stoppen.
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