ESG-Indizes: Challenge und Chance
Die Bereitschaft zu ESG-Strategien ist bei institutionellen Investoren zwar vorhanden, jedoch wird eine vollständige und konsequente Umsetzung oft zögerlich verfolgt. Dies liegt oft an regulatorischen Unsicherheiten sowie der Frage, ob sich diese Strategien langfristig finanziell rentieren. Viele Investoren gingen erste Schritte, indem sie Teile ihrer Portfolios nachhaltiger gestalten oder in ESG-konforme Fonds investieren. Doch die vollständige ESG-Integration ist nach wie vor eine Ausnahme. Vor allem Low-Carbon- und Paris-Aligned-Benchmarks (PABs) stehen im Mittelpunkt der Diskussion, da sie nicht nur Chancen, sondern auch spezifische Herausforderungen für institutionelle Portfolios bieten.
Zentraler Kritikpunkt an PABs ist das Klumpenrisiko, das durch den Ausschluss CO₂-intensiver Unternehmen entsteht. Folge ist eine übermäßige Gewichtung von Branchen wie Technologie und Gesundheitswesen. Dadurch werden die Portfolios anfälliger für Schwankungen in diesen Sektoren, was das Gesamtrisiko erhöht und zu großen Abweichungen von traditionellen Marktbenchmarks führen kann. Andererseits bieten PABs die Möglichkeit, in Geschäftsmodelle anzulegen, die bereits auf Nachhaltigkeit und CO₂-Reduktion umgestellt wurden. Dies könnte langfristig Resilienz und Anpassungsfähigkeit der Portfolios stärken.
Zusätzlich bevorzugen PABs große Unternehmen, da kleinere oft Schwierigkeiten haben, die mit PABs verbundenen hohen Reporting-Anforderungen zu erfüllen. Diese Präferenz für große Titel könnte die Diversifikation der Portfolios beeinträchtigen und das Risiko erhöhen, wichtige Marktteilnehmer zu übersehen.
ESG-Benchmarks haben einen starken Fokus auf historische Daten. Dies erschwert es, künftige Entwicklungen und potenzielle Risiken frühzeitig zu identifizieren. ESG-Improvement-Strategien, die auf die kontinuierliche Verbesserung von ESG-Faktoren setzen, bieten einen proaktiveren Ansatz. Allerdings bleibt bei diesen Strategien das aktuelle ESG-Rating oft niedrig.
Obwohl PABs an Relevanz gewinnen, bleibt deren Akzeptanz verhalten. Viele Institutionelle, insbesondere Versorgungswerke, verharren aktuell in einem „Beobachter-Status“. Dies birgt jedoch das Risiko, Chancen zu verpassen, wenn sich Benchmarks wie PABs als erfolgreich erweisen. Die bevorstehenden Benchmark-Anpassungen an die neuen, strengeren ESG-Standards könnten ein wichtiger Schritt zu mehr Einheitlichkeit sowie Akzeptanz sein und die Möglichkeit bieten, Portfolios klarer an ESG-Kriterien auszurichten und eine stärkere Vergleichbarkeit zu erreichen.
Niels Raabe, Managing Partner, ALM Berlin Asset Consult
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