Administration
20. September 2023

Ebbe bei Spezialfonds

Schwaches Nettoneugeschäft im ersten Halbjahr. Höhere Zinsen müssen sich nicht negativ auf Volumina der Spezialfonds auswirken.

„Schwarzer Juni“ für Administratoren: Im zweiten Quartal 2023 blieben trotz viel frischer Liquidität netto nur knapp vier Milliarden Euro in deutschen Spezialfonds hängen. Dies lag vor allem am Monat Juni, in dem das Nettomittelaufkommen mit 1,9 Milliarden Euro sogar negativ war. Negative Nettomittel auf Monatsbasis waren in den vergangenen zehn Jahren bislang nur viermal zu verzeichnen. Dies und noch viel mehr ist dem aktuellen Spezialfondsmarkt Quarterly aus dem Hause Kommalpha zu entnehmen.

Negative Nettomittel bei Altersvorsorgeeinrichtungen

Für das schwache Nettoneugeschäft waren neben Sozialversicherungen & öffentliche/kirchliche Zusatzversorgungseinrichtungen und Versicherungen vor allem Altersvorsorgeeinrichtungen verantwortlich. Bei letzterer Anlegergruppe war nämlich in Q2 ein negatives Nettomittelaufkommen in Spezialfonds von insgesamt 2,8 Milliarden Euro zu verzeichnen. Dies stimmt aus zwei Gründen noch mehr bedenklich. Zum einen zeichnet sich ein gewisser Trend ab, da der Juni bereits der vierte Monat in Folge mit negativem Nettomittelaufkommen war. Zum anderen sind Altersvorsorgeeinrichtungen die größten Spezialfonds-Nutzer. Für diese Anlegergruppen werden 546,1 Milliarden Euro in 818 Spezialfonds in Deutschland administriert. Versicherungen weisen per Ende Juni 2023 ein Spezialfondsvermögen in Höhe von 539,8 Milliarden Euro in 786 Spezialfonds auf, was Platz 2 im Ranking nach Fondsvermögen bedeutet.

Beklagenswert ist nicht nur das Nettomittelaufkommen im zweiten Quartal von besagten knapp vier Milliarden Euro, sondern auch, dass es sich im Vergleich von zwölf Monaten um einen schwachen Wert handelt. Zumal auch auf Halbjahressicht die aufgelaufenen Nettomittel sich nur auf 18,9 Milliarden Euro summierten. In den ersten sechs Monaten des Vorjahres waren es nämlich noch 47,5 Milliarden Euro.

An Liquidität mangelt es nicht

Ein Mangel an frischer Liquidität ist eher kein Grund für das mäßige Nettomittelaufkommen. An frischen Geldern schwappten in diesem Zeitraum 124,5 Milliarden Euro herein, womit sich ein Minus von eher überschaubaren 16,5 Milliarden Euro ergab. Zu diesem trugen nicht unwesentlich Versicherungen bei. Nach Mittelzuflüssen von 46,5 Milliarden Euro bis Mitte 2022 waren es bis Mitte 2023 nur noch 15,3 Milliarden Euro. „Festzuhalten ist, dass die Umschlagshäufigkeit von Spezialfondsanteilen im Vergleich zum Vorjahr massiv zugenommen hat“, kommentiert Kommalpha-Vorstand Clemens Schuerhoff. „Gleichzeitig entziehen sie dem Spezialfondsmarkt Liquidität in Höhe von 105,6 Milliarden Euro, die Verwendung als Direktanlagen, Investments außerhalb des Spezialfondsmantels, Auszahlungen oder sonstige betriebliche Erfordernisse findet.“

Zinsanstieg macht Direktbestand attraktiv

Bei der Ursachenforschung führt eine heiße Spur auf den Anleihemarkt. Bonds sind bekanntlich wieder attraktiver – und dies gilt für Spezialfondsallokationen und aber auch für Direktanlagen. Päppeln Anleger nun ihren Direktbestand wieder auf, dann fehlen Gelder in den Spezialfonds. Von Kommalpha befragte Experten, die zugleich auch Sponsoren des Quarterly sind, kommen zu einem klaren „sowohl-als-auch“. So sieht Ralf Jonass von HSBC Deutschland „in der Tat einen Zuwachs an direkt gehaltenen Bond-Positionen. Treiber ist hier die Möglichkeit zur Bilanzierung nach dem gemilderten Niederstwertprinzip im Anlagevermögen.“ Jörg Debé von der DekaBank sagt zu der gestiegenen Attraktivität von direkten Bonds: „Als Verwahrstelle der Deka-Bank sind wir davon unmittelbar betroffen, da wir davon ausgehen, dass sich die Zuflüsse in den Spezialfonds kurz- bis mittelfristig moderat entwickeln werden, aufgrund dessen, dass der Zinserhöhungszyklus der Notenbanken noch nicht ganz abgeschlossen scheint.“ Allerdings sind Alternatives keineswegs out. „Darüber hinaus sehen wir eine Steigerung der Volumina von Alternative Assets, die die Entwicklung bei Spezialfonds zum Teil ausgleichen“, so Debé. Auch für Alexander Tigges von BNP Paribas Securities Services bleibt die Nachfrage nach Alternatives intakt: „Für einen Großteil der institutionellen Investoren bleiben die Anlageziele unverändert und der eingeschlagene langfristig geprägte Weg zu diesen Zielen ebenfalls. Wir sehen beispielsweise, dass der oft ohnehin geplante Ausbau nicht traditioneller Anlagen von der Zinswende nur leicht beeinflusst wird und insbesondere Spezialfonds in dieser Asset-Klasse immer öfter genutzt werden.“

Verwahrstelle zielen auf Buy-and-Maintain-Mandate ab

Der Spezialfonds profitiert aber nicht nur von Alternatives. Für Ralf Jonass können die mit dem Direktbestand verbundenen Ziele auch im Spezialfonds über Buy-and-Hold-Mandate verfolgt werden. In diese Richtung denkt auch Stefan Adam von der DZ Bank: „Die Bewirtschaftung der Direktanlage ist heute wesentlich komplexer als vielleicht noch vor 15 Jahren. Reine Buy-and-hold-Strategien und die Fokussierung auf deutsche Emittenten sind nicht mehr ausreichend. Die Mischung, Diversifikation nach Emittenten, Ratings, Ländern und Laufzeiten verbunden mit der fortlaufenden Prüfung der Bestände sind entscheidend für den Erfolg des Portfolios. Hinzu kommt die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten bei der Investitionsentscheidung.“

In Kommalpha-Statistiken ist eine Abkehr vom Rentenspezialfonds auf jeden Fall nicht zu erkennen. Vielmehr weisen Rentenspezialfonds ein Nettomittelaufkommen von sieben Milliarden Euro im laufenden Jahr auf, was mit rund 460 Millionen Euro nur geringfügig unter dem entsprechenden Vorjahresergebnis liegt.

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