Dünne Luft für reale Zinsen auf Faros‘ Investoren Summit
Auf dem Branchentreff wurde Zeitloses, wie Zinsen und Wertsicherungen, sowie auch Zeitgemäßes, wie KI, debattiert. Diskutiert wurde auch, über Regulierung weniger zu diskutieren.
Das Thema Zinswende findet kein Ende: Auch auf dem Investoren Summit von Faros Consulting kreiste die Debatte der Kapitalmarkt-Koryphäen um Zinsen und Zentralbanken. Dass letztere die Gelddruckmaschinen angeworfen haben, bezeichnete Raik Mildner, Vorstand Hanse-Merkur Trust, am Donnerstag in Köln als „Ursünde“. Darum ging die Versicherung schon 2009 davon aus, dass die Inflation kommt und verfolgte die Strategie des Ausweichens in Real Assets. Das mag im Nachhinein zu früh gewesen sein, hat sich aber für Mildner als richtig erwiesen – auch für die Zukunft. „Die Geldmenge ist immer noch riesig. Darum: We stick to our strategy“, so Mildner.
Usus im Markt, um die Abhängigkeit von Zinsbewegungen zu minimieren, sind meist ALM-Strategien, bei denen sich die Laufzeiten auf der Asset-Seite möglichst nah an die der Verbindlichkeiten-Seite annähern sollen. Dieses übliche Vorgehen machte sich jedoch die Kirchliche Zusatzversorgungskasse Rheinland-Westfalen, die übrigens ebenfalls Allokationen in Real Assets aufgebaut hat, nicht zu eigen. „Dass Narrativ, dass man auch bei Nullzinsen eine möglichst lange Duration fahren muss, haben wir nie geglaubt“, erklärte Vorstand Dr. Wolfram Gerdes, für den sich bei einem Zinsniveau von null die Sinnhaftigkeit einer Angleichung der Duration zwischen Aktiva und Passiva nicht erschließt. „Es ist ökonomisch nicht zielführend, bei null Prozent Zinsen die Duration bis in alle Ewigkeit zu schrauben.“ Heute sind zwar die Zinsen deutlich höher, der Realzins jedoch für Gerdes immer noch zu gering, um Anleihen als Investitionsmöglichkeit anzusehen. „Es ist für eine Altersvorsorgeeinrichtung nicht möglich, mit Anleihen dem realwirtschaftlichen Auftrag nachzukommen.“ Besser geeignet seien Realwerte.
Diese haben für Pensionsfonds außerhalb von Deutschland eine viel größere Rolle. Auch darum haben ausländische Kapitalsammelstellen viel mehr Geld akkumuliert. Kurz ging darum die von Faros-Gründer und -Geschäftsführer Uwe Rieken moderierte Diskussionsrunde auch auf das jüngste Ranking der weltweit 300 größten Pensionseinrichtungen des Thinking-Ahead-Instituts ein. Dieses erbrachte, dass sich nur noch fünf deutsche Einrichtungen unter den 300 größten Pensionsanlegern befinden.
Wesentlicher Grund für die hierzulande bestehende Bond-Fixierung ist die Regulierung. „Es ist betrüblich, dass wir in Deutschland immer von Regulierung sprechen“, so Wolfram Gerdes. Für ihn wäre es zielführend, den bestehenden Austausch mit dem Gesetzgeber auch für die Vermittlung zu nutzen, die bestehende Regulatorik für die Anlage von Pensionsgeldern auf die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen.
Ebenfalls ein großes Thema für Kapitalanleger sind die Immobilien. Auf diesem Markt war und ist die Hanse Merkur sehr aktiv – sogar bei Developments. Mildner: „Entwicklungen begleiten wir aber nur bei Immobilien in Top-Lagen von Top-Developern, die wir notfalls auch selbst in die Bücher nehmen würden.“ Dazu kam es in jüngster Zeit öfters als erwartet. Mit Blick darauf, dass in Top-Lagen Leerstände kein Thema sind und die (indexierten) Mieten steigen, kann die Hanse-Merkur mit diesem Umstand gut leben. „Top-Lagen weisen immer noch erstaunliche Preise auf und die Mieten haben Steigerungspotenzial und sind indexiert“, stimmt Dr. Thomas Mann von Ampega Investment zu. Am Ende müssen die Mieten aber auch bezahlbar bleiben. Der Sprecher der Geschäftsführung empfiehlt darum, auf die Bonität der Mieter zu achten. Insgesamt sei der Immobilienmarkt immer noch schwierig, die Bodenbildung jedoch eingeläutet. „2025 könnte sich auch der Gesamtmarkt wieder positiv entwickeln.“
Auch bei Aktien handelt es sich um Real Assets. Die Schwankungen von Dividendentitel können jedoch gerade die bilanzsensitiven Versicherungen nur mit größter Vorsicht genießen. Über Wertsicherungen diskutierte darum ein anderes Panel. „Ein long Put als systematische Absicherung erlaubt Versicherungen eine höhere Aktienquote“, erklärte Mario Oppmann. Der Geschäftsführer der Huk-Coburg Asset Management bezeichnete Aktien mit Wertsicherungen sogar als eigene Asset-Klasse. Rainer Link, Geschäftsführer der Tecta Invest, hat eine ähnliche Sicht: „Ohne Wertsicherung hält man Aktien nicht durch.“ Um nicht ausgestoppt zu werden und dann auch noch nicht wieder einsteigen zu können sowie aus Kostengründen, nutzt die Tecta synthetische Puts. Nicht überzeugt von Wertsicherungen ist René Hermanns, Leiter der Investmentabteilung des nordrheinischen Zahnärzte-Versorgungswerks: „Wer Risiken nehmen kann, sollte sie auch voll nehmen.“ Vor den Schwankungen schützt sich das Versorgungswerk lieber über Investments in illiquide Unternehmensanteile.
Spannend bis faszinierend war der Abschluss des Branchentreffs: Markus Leippold, ein Schweizer Universitätsprofessor, referierte über Künstliche Intelligenz und ihre Anwendungsmöglichkeiten. Man darf davon ausgehen, dass KI die Branche verändert, womöglich nicht zuletzt, was die Zahl der Arbeitsplätze betrifft. „Meinen Kindern würde ich nicht empfehlen, Portfoliomanager zu werden“, so Leippold, der die Zukunftschancen dieses Berufsstands skeptisch sieht. Keine gute Entwicklung wäre auch, wenn sich Wortmeldungen bewahrheiten würden, die auf KI-Manipulationen, Gaps, oder auf zu perfekte Daten hinwiesen, also dass Reports von KIs professionalisiert und dann von KIs ausgewertet werden. Nach Ansicht von Schweizer Anlegern, die von Leippold übermittelt wurde, muss KI aber nicht unbedingt dazu führen, dass Portfoliomanager künftig überflüssig sind. Nicht nur, weil es noch jemand braucht, der die KI-Modelle versteht, sondern auch aus einem wenig erbaulichen Grund: Investoren brauchen immer noch einen Menschen, den man bestrafen kann.
Mit Anpassungen vom 17. September 2024
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: Aktien | Asset Liability Management (ALM)
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