Die Pensionslandschaft bleibt eine Dauerbaustelle
Das globale Pensionsvermögen ist äußerst ungleich verteilt und konzentriert sich auf nur wenige Länder. Das zeigt die neue „Global Pension Assets Study“. Ihre Autoren arbeiten außerdem heraus, dass der Trend weg von leistungsorientierten und hin zu beitragsorientierten Pensionsplänen so nicht weitergehen kann.
Es gibt eine neue „Global Pension Assets Study“ vom Thinking Ahead Institute. Diese gemeinnützige Gruppe aus Großanlegern und Asset Managern wurde einst vom Beratungsunternehmen WTW gegründet. Die jährlich erscheinende Studie gibt es bereits seit den 1990er Jahren. In ihrem Zentrum stehen „Pension Assets“, also Vermögenswerte, deren Zweck es ist, möglichst dauerhaft Einkommen für den Ruhestand zu erwirtschaften.
Diese Kapitalanlagen wachsen unter Schwankungen beständig weiter. Sie speisen sich aus Einzahlungen von Arbeitgebern und Angestellten sowie thesaurierten Erträgen. Pensionsvermögen in nennenswerter Höhe gibt es jedoch nicht in allen Regionen der Erde. Die Nase vorn haben Industrienationen. In manchen Ländern, wie den Niederlanden, den USA oder auch Kanada, haben kapitalgedeckte Rentensysteme eine jahrzehntelange Tradition. Anderswo, etwa in Deutschland, gewinnen mit Kapitalanlagen unterlegte Renten ebenfalls an Bedeutung.
Deutlich wird das aktuell an den Plänen der Bundesregierung, die mit dem sogenannten Generationenkapital die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung breiter abstützen will. Unter dem Dach einer neuen Stiftung soll (wie zuvor bereits umfassend berichtet) ein dauerhafter Kapitalstock aufgebaut werden, der schon im nächsten Jahrzehnt weit über 100 Milliarden Euro betragen soll. Doch selbst das ist nicht genug, wenn man in der Kapitalanlage eine jährliche Rendite von fünf Prozent unterstellt. Denn die so erzielten fünf Milliarden Euro (vor Gebühren, Kosten und Zinsen für die von der Regierung angedachte Fremdfinanzierung) sind vergleichsweise wenig.
Die bislang ausschließlich umlagefinanzierte deutsche Rentenversicherung überwies im Jahr 2022 satte 322,7 Milliarden Euro an die Rentenempfänger – etwa ein Drittel davon waren Steuergelder. Das Generationenkapital und die dafür angedachte Stiftung sind also noch Zukunftsmusik. Manche Länder sind da schon viel weiter.
Mit Kapital unterlegte Rentensysteme haben etwa in nordeuropäischen und angelsächsischen Ländern einen höheren Stellenwert. In diesem Zusammenhang betrachten die Autoren der Studie nicht sämtliche 195 Länder, stattdessen fokussieren sie sich auf die 22 wichtigsten Märkte.
Darunter ist auch die Bundesrepublik. Die anderen 173 Länder sind für die Studienmacher nicht von Bedeutung. Schätzungen zufolge summiert sich das in dieser überwältigend großen Gruppe angesparte Pensionsvermögen auf relativ spärliche drei bis fünf Billionen Dollar.
Pensionsvermögen steuert auf neuen Höchstwert zu
Gemeinsam werfen die 22 betrachteten, weil in der kapitalgedeckten Altersversorgung bedeutsamen Nationen Pensionsanlagen im Gesamtwert von 55,7 Billionen US-Dollar in die Waagschale. Das entspricht im Durchschnitt 69 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung – ein hervorragendes Resultat, das bei näherer Betrachtung jedoch wenig Aussagekraft besitzt. Denn die Angaben weisen eine sehr breite Streuung auf: Während etwa die in Spanien und China angesparten Kapitalanlagen nicht einmal drei Prozent der lokalen Wirtschaftsleistung ausmachen, können die Spitzenreiter – die Niederlande (159,0 Prozent) und die Schweiz (150,3 Prozent) – mehr als 150 Prozent vorweisen.
Gemessen an der Pensionsvermögen-zu-BIP-Relation landet Deutschland mit spärlichen 13,4 Prozent auf Platz 16 vor Brasilien, Italien, Indien, Frankreich und eben Spanien und China. Viel mehr als das vorhandene Vorsorgeguthaben für die betriebliche Altersversorgung (umgerechnet etwa 596 Milliarden Dollar) haben die Studienmacher der Global Pension Assets Study hierzulande nicht finden können. Ein anderes Bild geben die Niederlande ab: In dem Königreich stehen 18 Millionen Einwohnern üppige 1,7 Billionen Dollar gegenüber. Dennoch ist unser Nachbarland im Nordwesten nicht frei von Problemen, was die Finanzierung eines auskömmlichen Rentnerlebens betrifft, wie wir später noch zeigen werden.
Global Pension Assets Study: Nur sieben halten ein sagenhaftes Vermögen
Eine tiefergehende Analyse zeigt, dass unter den 22 näher betrachteten Staaten sieben hervorstechen. Der Grund: Zusammen vereinen sie fast 51 Billionen Dollar beziehungsweise 91 Prozent des gesamten Rentenkapitals auf ihren Schultern. Namentlich handelt es sich um Australien, Kanada, Japan, die Niederlande, die Schweiz, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten von Amerika. Die USA sind der größte Einzelmarkt in diesem Vergleich und besitzen 63,9 Prozent des von den Top-22 für den Ruhestand angesparten Vermögens. Mit großem Abstand folgen Japan und Großbritannien mit einem Anteil am Vermögenskuchen von 6,1 und 5,8 Prozent. Das Dreigespann hält also 76 Prozent der Pension Assets und kann aus dessen Erträgen den Ruhestand von Millionen Menschen finanzieren.
Aktien dominieren die Asset-Allokation
Zurück nach Berlin. Das von der Bundesregierung geplante Generationenkapital wird mit Sicherheit eine hohe Aktienquote aufweisen. Denn mit dieser Anlageklasse ließen sich in der Vergangenheit ansehnliche Renditen erwirtschaften. Laut dem Global Investment Returns Yearbook 2024 der Schweizer Bank UBS beträgt die reale Rendite von US-Aktien im Schnitt 8,4 Prozent pro Jahr. Bei Aktien aus Großbritannien sind es 7,1 Prozent. Die reale Rendite auf US-Staatsanleihen ist mit nur 2,2 Prozent per annum viel niedriger. Wer langfristig denkt und ihre Schwankungen aushalten kann, wählt die Aktien. Der Auswertung der UBS liegen Statistiken seit dem Jahr 1900 zugrunde.
Wenig überraschend präferieren die Großanleger, die das vom Thinking Ahead Institute (hier gelangen Sie zur Homepage) analysierte Pensionsvermögen steuern, Aktien in ihrer strategischen Vermögensallokation. Im Durchschnitt der sieben Top-Märkte kommen Beteiligungen an börsennotierten Unternehmen auf einen Anteil von 42 Prozent. Bei Anleihen sind es 36 Prozent. Ein Fünftel der Assets wird nicht näher deklariert. Die Gewichte der Asset-Allokation haben sich seit 2003 verschoben. Während der Anteil von Aktien und Anleihen gesunken ist, nahm das Gewicht anderer Vermögensanlagen in der Zwischenzeit zu.
Auch an anderer Stelle hat sich die Pensionslandschaft in den vergangenen Jahren gewandelt, wie die Global Pension Assets Study und andere Studien belegen: Gemeint ist der Trend weg von leistungsorientierten Pensionsplänen (Defined Benefit, DB) und hin zu beitragsorientierten Versorgungszusagen (Defined Contribution, DC). Doch diese Entwicklung stößt an Grenzen.
Die Zukunft des Pensions-Designs
Während dem Arbeitnehmer bei einer Leistungszusage eine bestimmte, vorab definierte Zahlung zugesagt wird, ist in Defined-Contribution-Plänen nur die Höhe des Beitrages, welcher vom Arbeitgeber für die Ruhestandsplanung zu leisten ist, fest definiert. Das Kapitalanlagerisiko verlagert sich beim Wechsel von DB- auf DC-Pläne vom Unternehmen auf die Mitarbeiter. Das mag in Zeiten haussierender Börsenkurse eine gute Renditequelle sein. Doch die Höhe der Rente in der fernen Zukunft bleibt vage. Ausschlaggebend für den Trend hin zu DC-Plänen sind Faktoren wie die erhöhte Lebenserwartung, der demografische Wandel und der Wunsch der Arbeitgeber nach Kostenvorhersehbarkeit.
Laut der TAI-Studie setzt nun aber ein Umdenken ein. Wie es heißt, verbreitet sich die Meinung, dass der Wandel von DB- zu DC-Systemen möglicherweise zu weit gehe. Mehr und mehr Unternehmen hätten Bedenken, ob das Ruhestandseinkommens noch angemessen sei. Mancher befürchte den Verlust der finanziellen Sicherheit der Rentner. Der Trend, der das „DC-Design“ begünstige, sei nicht mehr so stark, erläutern die Studienautoren und verweisen auf aktuelle Entwicklungen in verschiedenen Ländern.
Beispielsweise haben die Niederlande, die für ihr robustes Rentensystem bekannt sind, ihren Rentenrahmen neu bewertet. Mit einem hybriden DB- und DC-Design wollen sie das Gleichgewicht zwischen Erschwinglichkeit der Rente und ihrer Sicherheit wiederherstellen. Im Vereinigten Königreich hat die Royal Mail ein sogenanntes Collective-Defined-Contribution-System eingeführt. Dabei kombiniert der Logistiker Elemente des DB- und des DC-Modells mit dem Ziel, seiner Belegschaft stabilere Rentenergebnisse zu bieten.
Und auch in den USA gibt es eine bemerkenswerte Entwicklung. Laut der Studie hat der Technologieriese IBM sein bislang für Neuzugänge geschlossenes DB-Rentensystem geöffnet. Diese Entscheidung spiegelt laut dem TAI „die Anerkennung der Grenzen von DC-Plänen bei der Bereitstellung eines sicheren und vorhersehbaren Ruhestandseinkommens wider“. Es heißt, diese Veränderungen „unterstreichen eine Neubewertung der Rentenstrategien“. Dabei werde deutlich, „wie wichtig es ist, einen Mittelweg zu finden, der die Mängel sowohl des DB- als auch des DC-Modells angeht“.
Abschließend lässt sich feststellen, dass es in der überwältigenden Mehrheit der Länder keinerlei Pension Assets gibt. Und dort, wo es sie gibt, reicht der Ertrag aus dem Kapitalstock mitunter nicht für einen entspannten Ruhestand. Hier muss nachgesteuert werden. Den Studienmachern des TAI gehen die Themen also nicht aus. Und auch in der Kapitalanlage nimmt die Arbeit eher zu als ab.
Autoren: Tobias BürgerSchlagworte: Betriebliche Altersversorgung (bAV) | Pensionseinrichtungen | Weltspiegel
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