Branchenversorgungswerke trotzen Inflation und Zinsänderung
Die Bilanzen von Branchenversorgungswerken wie Metallrente und Klinikrente zeigen die Grenzen der Kapitalanlage bei 100 Prozent Garantie auf. Dieses Problem löst die Metallrente auf ihre Weise. Konsortiallösungen scheinen weiter gut zu funktionieren.
Neben der staatlich immer stärker subventionierten gesetzlichen Rente halten Deutschlands Branchenversorgungswerke die bAV allen bürokratischen Widrigkeiten und Regulierungsversuchen zum Trotz weiter auf Kurs hin zu einer spürbaren Zusatzvorsorge. Allen voran die Metallrente GmbH, die seit 2001 existiert und bei der die Gewerkschaft IG Metall und der Arbeitgeberverband Gesamtmetall gleichberechtigte Gesellschafter sind, vermeldete nach starken Vorjahren auch für 2023 weiteres Wachstum. Unter dem Dach von Tarifverträgen organisieren etwa 60.300 Firmenkunden (plus 15,9 Prozent) mit knapp 947.000 Verträgen (plus 4,2 Prozent) ihre bAV über die Metallrente GmbH.
Damit hat die Metallrente, der sich auch die Stahlindustrie und die Branchen Textil und Bekleidung, IT sowie Holz und Kunststoff angeschlossen haben, Zugang zu rund acht Millionen Arbeitnehmern. Das Versorgungswerk verzeichnete 62.616 Neuverträge (minus 9,5 Prozent). 2023 wurde erneut die Millionen-Grenze geknackt mit nun über 1,085 Millionen Verträgen im Bestand. Denn zu den 947.000 reinen bAV-Verträgen kommen 138.000 Policen zur privaten Absicherung der Arbeitskraft (plus 4,5 Prozent). Gleichwohl sieht man dort Nachholbedarf: Nur 6.609 Neuverträge kamen 2023 hinzu. „In Zeiten, die von Krieg, Inflation und wirtschaftlicher Unsicherheit geprägt sind, halten sich viele bei der Absicherung ihrer Arbeitskraft zurück“, so Geschäftsführerin Kerstin Schminke.
Damit die Risiken eines so großen Kollektivs auf mehrere Schultern verteilt werden können, arbeitet das Versorgungswerk mit einem Konsortium an Versicherern zusammen. Die Bestände werden von den Konsorten Allianz, R + V, Swiss Life, Ergo und seit Sommer 2020 auch der Versicherungskammer Bayern (VKB) gemäß ihrer jeweiligen Beteiligung gemeinschaftlich getragen, wobei sich die VKB bislang nur bei der Arbeitskraftabsicherung engagiert.
Die Konsorten übernehmen auch den überwiegenden Teil der Kapitalanlage. Innerhalb der Kapitalanlage gibt es auch ein exklusiv für die Metallrente von Allianz Global Investors aufgelegtes und verwaltetes Metallrente-Fondsportfolio. „Über die strategische Kapitalanlage wird zweimal jährlich in unserem Kapitalanlageausschuss, dem auch Vertreter von IG Metall und Gesamtmetall angehören, entschieden“, heißt es bei der Metallrente. Alle Entscheidungen, die den Pensionsfonds und das Fondsportfolio betreffen, lägen vollständig beim Versorgungswerk und den beiden Sozialpartnern.
Die steigende Zinsentwicklung der letzten Monate bringt auch für die Metallrente-Kunden positive Effekte, berichtet Geschäftsführer Hansjörg Müllerleile. Erneut werde eine höhere Überschussbeteiligung deklariert. In der Metall-Direktversicherung steigt die Gesamtverzinsung 2024 für Neuverträge in den Angeboten „Profil“, „Chance 80“ und „Chance 90“ auf 3,35 Prozent pro Jahr (2023: 3,1 Prozent). „Im sich verändernden Zinsumfeld zeigt unser breites Produktportfolio damit seine besondere Stärke“, so Müllerleile.
Das neue „Chance“-Angebot „stellt eine neue Benchmark in diesem Segment, weil es bessere Leistungen und damit aber auch effektiv höhere Sicherheiten für Beschäftigte und Arbeitgeber in einem Umfeld ohne gesetzliche oder gerichtliche Klarheit bringt“, ist Müllerleile überzeugt. Hintergrund: Beim kapitalmarktnahen Direktversicherungstarif („Chance“) – zudem gibt es den sicherheitsorientierten Direktversicherungstarif „Profil“ – fließt die Kapitalanlage ins Sicherungsvermögen der Versicherungspartner und bis zu 50 Prozent in Aktien und Anleihen (Metallrente-Fondsportfolio). Das Neugeschäft mit „Chance“ war 2022 gestoppt worden, weil wegen der Fokussierung auf die Beitragszusage mit Mindestleistung (BZML) und des niedrigen Rechnungszinses von nur 0,25 Prozent „nicht mehr ausreichend hohe Beitragsanteile renditestark in Sachwerte innerhalb des Metallrente-Fondsportfolios investiert werden konnten“, hieß es auf Nachfrage. Das änderte sich.
Seit April 2023 ist das fondsgebundene Konzept „Chance“ als „Chance 2.0“ wiederaufgelegt und kann durch deutlich verringerte Kosten um bis zu 15 Prozent höhere Leistungen im Vergleich zum Vorgängerprodukt erzielen. Die fondsgebundenen Produkte für die leistungsorientierte Beitragszusage (BOLZ) in der Metall-Direktversicherung weisen Garantieniveaus mit 90 oder 80 Prozent aus. Müllerleile: „Wir freuen uns, dass ‚Chance 2.0‘ bei Arbeitgebern und Beschäftigten gute Akzeptanz gefunden hat – bereits ein Drittel der Neuverträge 2023 entfällt auf die neuen Produkte.“
In die Lücke durch den zwischenzeitlichen Chance-Stopp sprang 2022 der Metall-Pensionsfonds. In der Kapitalanlage fährt er drei Strategien: Dynamik (bis 57), Balance (bis 60) und Sicherheit (bis Renteneintritt). Die Anlage erfolgt im „Metallrente-Fondsportfolio“, in Rentenpapieren und im Sicherungsprodukt der Allianz Leben. Seit dem Start 2003 hat der Metall-Pensionsfonds in der Anlagestrategie „Dynamik“ durchschnittlich 5,2 Prozent Rendite pro Jahr erzielt hat (2023: 8,0 Prozent) und ist 2023 um 26.330 Verträge gewachsen ist (2022: plus 23.900).
Der Pensionsfonds verbindet eine 100-Prozent-Beitragsgarantie mit Aktien- und Fondsinvestments im Metallrente-Fondsportfolio. Wegen der BZML stehen zu Rentenbeginn mindestens die eingezahlten Beiträge zur Verfügung. Die Metallrente setzt im Pensionsfonds also weiter auf die BZML, auch mit Blick auf die noch nicht vollständig geklärte Rechtslage zur BoLZ. „Immer mehr Firmen ermöglichen ihren Beschäftigten die bAV auch im Metallrente-Pensionsfonds“, beobachtet Müllerleile. Neu kamen 2.174 Kundenunternehmen hinzu, sodass inzwischen über 6.400 Firmen den Pensionsfonds nutzen.
Die Absage des IG-Metall-Gewerkschaftstags an das Sozialpartnermodell (siehe Ausgabe 3/2024) sieht die Metallrente nicht als bAV-Absage. „Die Hoheit zur Einrichtung eines möglichen Sozialpartnermodells in der Metall- und Elektroindustrie liegt bei den Tarifvertragsparteien“, sagt Schminke. Die Metallrente stelle sich grundsätzlich immer so auf, dass sie etwaige tarifpolitische Anforderungen umsetzen kann. Müllerleile ist von den Vorteilen einer reinen Beitragszusage für Arbeitgeber und Beschäftigte überzeugt. Da gelte das Gleiche wie für die BoLZ: Höhere Renditechancen seien dann eine gute Sache, wenn sie sowohl zu besseren Renten als auch zu mehr Sicherheit führen.
Klinikrente setzt schon auf BoLZ
Auch das Versorgungswerk Klinikrente verzeichnete 2023 wieder einen kräftigen Zuwachs. Rund 12.550 Menschen kamen aus der Gesundheitsbranche neu hinzu und damit etwa genauso viele wie 2022. Insgesamt 441 weitere Unternehmen schlossen sich der Klinikrente an, sodass inzwischen über 6.050 Krankenhäuser, Reha- und Pflegeeinrichtungen Mitglied im Versorgungswerk sind.
Die Branchenlösung Klinikrente entstand 2002 auf Initiative des Bundesverbands Deutscher Privatkliniken. Seit Mitte 2023 gehört sie zur Ecclesia-Gruppe, dem Vernehmen nach größter deutscher Versicherungsmakler für Unternehmen und Institutionen. Auch bei der Klinikrente agiert ein Konsortium im Hintergrund bei der Kapitalanlage und im Vertrieb. Risikoträger sind Allianz, Condor, Deutsche Ärzteversicherung, R + V und Swiss Life. Zugleich bedient das Branchenversorgungswerk über 30 Tarifverträge, die Sozialpartner in den Kundenunternehmen abschlossen.
2023 wurden rein arbeitgeberfinanzierte Versorgungsregelungen verstärkt nachgefragt. „Dabei konnte Klinikrente auch Ausschreibungen von öffentlichen Trägern für sich entscheiden“, berichtet Geschäftsführer Hubertus Mund. Namentlich betreffe dies drei Töchter der Uniklinik Düsseldorf. Bereits seit einigen Jahren setzt das Versorgungswerk auch auf kapitalmarktorientierte Lösungen, seit 2023 auch für die U-Kasse. Bereits seit 2022 bietet das Versorgungswerk im Rahmen einer BoLZ im Vorsorgekonzept „Chance“ Garantieniveaus von wahlweise 90, 80 oder 60 Prozent. Die BZML gibt es bei der Klinikrente nur noch im Metallrente-Pensionsfonds. Darin können unter dem Namen „Klinikrente im Metall-Pensionsfonds“ seit 2021 auch Beschäftigte im Gesundheitswesen vorsorgen.
Autoren: Detlef PohlSchlagworte: Betriebliche Altersversorgung (bAV) | Sozialpartnermodell
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