Banken kritisieren ESG-Vorgaben
Für zwei Drittel sind ESG-Anforderungen bei Kreditvergabe ökonomisch nicht angemessen. Nachhaltigkeit hat kaum Einfluss auf Finanzierungskosten.
Wollen Unternehmen einen Kredit von Banken und Sparkassen, müssen diese auch ESG-Risiken beachten. Dies sehen die MaRisk seit der 7. Novelle vor. Zwei von drei Banken und Sparkassen in Deutschland bemängeln jedoch, dass die Aufsicht keine klaren und verständlichen Vorgaben macht, wie ESG-Risiken bei Firmenkundenkrediten berücksichtigt werden sollen. Die Folge: hohe Aufwände. 65 Prozent der Institute halten die Anforderungen zur Berücksichtigung von ESG-Risiken für zu hoch und darum nicht mehr für ökonomisch angemessen. Zudem seien sie faktisch wirkungslos. Das ergibt die Neuauflage der Studie „Berücksichtigung von ESG-Kriterien im Kreditprozess für Firmenkunden“ der PPI AG und der FH Münster. PPI, ein Dienstleister für Banken und Versicherer, hat hierzu eine Studie unter 55 Kreditinstituten gemacht. Von diesen werden zehn von der EZB beaufsichtigt.
Dazu, ob dem Aufwand auch ein Nutzen gegenübersteht, geben Studie und Studienmacher keine Einschätzung ab. „Es ist zu früh für eine endgültige Beurteilung des Verhältnisses von Nutzen und Aufwand. Soziale und Governance-Risiken wurden mitunter bereits in der Vergangenheit im Rahmen der Bonitätsprüfung berücksichtigt“, sagt Prof. Dr. Christian Tallau von der FH Münster, Co-Autor der Studie. „Zusätzlich beurteilt werden vor allem eher langfristig wirkende Umweltrisiken, die sich über den typischen Zeitraum einer Kreditvergabe häufig noch nicht materialisieren.“
Die Institute hätten jedoch gegenüber dem vergangenen Jahr erhebliche Fortschritte bei der Auswahl und Implementierung notwendiger Methoden erzielt. Ein Einfluss auf die Bepreisung oder Ablehnung einer Finanzierung lässt sich bisher allerdings nur bei wenigen Häusern erkennen. 71 Prozent der Institute erklären, dass sich durch die von ihnen ergriffenen ESG-Maßnahmen am Pricing für einen Kredit faktisch nichts verändert. 60 Prozent sagen dasselbe über die Kreditvergabe an sich. Lediglich zwei Prozent der Institute berichten über eine spürbare Verschärfung der Vergaberichtlinien mit vermehrt negativen Kreditentscheidungen.
62 Prozent berücksichtigen ESG-Kriterien
Aktuell berücksichtigen nur 62 Prozent der Institute ESG-Kriterien bei der Entscheidung, ob sie einen Kredit vergeben wollen. „Inwiefern die Aufsicht die Nichtberücksichtigung – immerhin bei fast vier von zehn Banken und Sparkassen – als Verstoß gegen die MaRisk beanstanden wird, bleibt abzuwarten“, sagt Thomas Paulat, Manager bei der PPI AG und Co-Autor der Studie. Immerhin planen fast alle der befragten Banken und Sparkassen, daran etwas zu ändern. Bei der Kreditüberwachung haben 29 Prozent bereits Maßnahmen ergriffen, um ESG-Kriterien zu berücksichtigen. Weitere 64 Prozent haben das vor.
Schlusslicht ist das Pricing. 36 Prozent der Institute planen wie bisher ein von ESG-Risiken unabhängiges Pricing. „Die Ermittlung von Kreditkonditionen kann bereits ohne den Einbezug von ESG-Kriterien sehr komplex sein. Wenn dann noch ESG-Aspekte dazukommen, die oft schwer zu beziffern sind, schreckt das viele ab“, erläutert PPI-Manager Paulat.
Den Erkenntnissen zum Pricing entspricht, dass 73 Prozent der Institute angeben, dass ein positiver ESG-Score allein keine Verbesserung der Kreditwürdigkeit des Antragstellers bewirkt. „Eine Strategie, die darauf abzielt, durch grüne Projekte die eigene Kreditwürdigkeit zu verbessern, zahlt sich demnach selten aus“, so Prof. Dr. Tallau.
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: ESG-Berichtspflichten | Nachhaltigkeit/ESG-konformes Investieren
In Verbindung stehende Artikel:
Schreiben Sie einen Kommentar