Strategien
26. November 2019

BAI: Risiken differenziert betrachten

Warnung der EZB betrifft nicht alle Investmentfonds gleichermaßen. EZB als Urheber dieser Entwicklung ausgemacht.

Der BAI hat zum jüngsten Bericht der EZB zur Finanzstabilität Stellung genommen. In diesem warnte die EZB vor einer Reihe von Entwicklungen, die unter anderem von Versicherungen und Investmentfonds ausgehen. So sei ein stärker Risikoappetit dieser Marktteilnehmer feststellbar, der sich in niedrigeren Cash-Quoten in Investmentfonds, einer größeren Gewichtung von Anleihen niedrigerer Bonitäten und einer Abnahme liquider Bonds in den Portfolien von Versicherern niederschlägt. Auch aufgrund der größeren Bedeutung dieser Akteure für die Finanzierung der Realwirtschaft befürchtet die EZB im kommenden Wirtschaftsabschwung größere, das gesamte Finanzsystem betreffende Verwerfungen. Speziell vor hochliquiden Fonds, die in signifikantem Umfang illiquide Assets halten, warnte die EZB, da es so im Falle eines Marktschocks zu Notverkäufen, einem Preisverfall und Marktverwerfungen insgesamt kommen könne.

BAI-Geschäftsführer Frank Dornseifer bekräftigte die Beobachtung der Entwicklung eines Abbaus von Anleihen guter Bonitäten, fügte jedoch hinzu, dass das Ausweichen im Zuge der Niedrigzinsphase auch in Alternative Investments erfolge. Eine Umschichtung könne, müsse jedoch nicht zwangsläufig mit höheren Risiken einhergehen. Hier mahnte er zur Differenzierung an: „Erstens handelt es sich also nicht um ein Problem der gesamten Fondsbranche, sondern um ein asset- bzw. strukturspezifisches Problem. Fonds, die per se als geschlossenes Vehikel konzipiert sind bzw. besondere Rücknahmerestriktionen vorsehen, und zumindest teilweise in illiquide Assets investieren, sind dem von der EZB identifizierten Risiko also nicht bzw. in deutlich geringerem Maße ausgesetzt.“ Zudem sei die Warnung der EZB eine Warnung vor der eigenen Niedrigzinspolitik, da Anleger so zu Umschichtungen gedrängt würden. Dem Liquiditäts- und Stressmanagement werde bei Investmentfonds ohnehin ein hoher Stellenwert beigemessen, weshalb zusätzliche Regulierung von Versicherern und Investmentfonds abzulehnen sei.

Warnung vor der eigenen Niedrigzinspolitik

In das gleiche Horn stieß Bernhard Matthes, Bereichsleiter Portfoliomanagement bei der Bank für Kirche und Caritas: „Es grenzt an Real-Satire: In ihrem aktuellen Finanzstabilitätsbericht kritisiert die EZB Investmentfonds, Pensionsfonds oder Versicherer dafür, dass sie zunehmend in weniger liquide und riskantere Vermögenswerten investiere. Dabei handelt es sich hierbei schlicht um die Reaktion auf eine von der Notenbank selbst befeuerten Situation: Mit ihrem Rausch des billigen Geldes hat die EZB überhaupt erst die Notwendigkeit geschaffen, dass Asset Manager, um für ihre Kunden Rendite zu verdienen, in Risiken ausweichen, die sie unter normalen Umständen nicht eingehen würden.“

Die EZB hat gewiss mit ihrer Niedrigzinspolitik diese Entwicklung befeuert, wie Matthes darlegt. Ob Fondsmanager und Versicherungen nun aber aus eigenem Risikoappetit oder aus einer (vermeintlichen) Notwendigkeit Risiken eingehen, dürfte in Puncto Finanzstabilität unter dem Strich egal sein. Denn mit der Warnung vor Finanzstabilitätsrisiken ist die EZB nicht alleine. Auch die Bundesbank identifizierte kürzlich eine erhebliche Konjunkturanfälligkeit des deutschen Finanzsystems, welches sich insbesondere durch womöglich unterschätzte Kreditrisiken und überschätzte Sicherheiten bemerkbar macht. Insbesondere in den Portfolios der Banken habe der Anteil „relativ riskanterer Kreditnehmer“ zugenommen. Auch der IWF warnt in seinem im Oktober erschienenen Global Financial Stability Report 2019 auf Pension Funds bezogen: „Die Notwendigkeit, bedingte Forderungen aus illiquiden Anlagen der Pensionsfonds zu erfüllen, könnte deren traditionelle Rolle, die sie bei der Stabilisierung der Märkte in Zeiten von Stress spielen, einschränken.“

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