Ausbau der Real Assets
Was ist ein gutes Beispiel für Antiproportionalität? Der Zins und die Quoten institutioneller Investoren für Immobilien und Private Debt! Je niedriger der Zins, desto höher die Allokationen in diese beiden Anlageklassen. Überproportional ist allerdings der Aufwand, der in diesen beiden Asset-Klassen betrieben werden muss. Dies wurde auf den beiden alternativen Panels deutlich.
„Real Assets sind die einzige Möglichkeit, mit dem Zinsumfeld klarzukommen“, sagte Dr. Hans Wilhelm Korfmacher, Vorsitzender der Geschäftsführung des Versorgungswerks der Wirtschaftsprüfer, WPV, und Vorsitzender des Club of Finance e. V., auf dem Immobilienpanel. Das Versorgungswerk hat darum insbesondere in den vergangenen zehn Jahren seine Immobilienquote massiv ausgebaut. „Wir sind schon länger zu etwa einem Viertel in Immobilien investiert und wollen weiter erhöhen. Aus der jüngsten ALM-Studie leitet sich eine Zielquote von 29 Prozent ab“, so Korfmacher, der ergänzt, dass dies nur der Equity-Teil sei. Wie beim WPV hat auch bei der Talanx die Zinssituation den Appetit auf alternative Anlagen angeregt. „Alternatives sind, um die Passivseite zu bedienen, alternativlos geworden“, erklärte Dr. Peter Brodehser, Head of Infrastructure Investments der Versicherung, auf der Infrastruktur-Debt-Session. Als die zehnjährige Bundesanleihe vor etwa sieben Jahren erstmals den Höchstrechnungszins unterschritt, habe die Versicherung das erste Infrastruktur-Investment getätigt. Heute kümmern sich 15 Mitarbeiter um rund vier Milliarden Euro, bei denen es sich zu zwei Drittel um Fremdkapital und zu einem Drittel um Eigenkapital handelt. Kredite für Infrastruktur und Immobilien zu geben, hat für Brodehser übrigens eine Gemeinsamkeit: „Grundsätzlich bieten beide Asset-Klassen einen Yield Pick-up – und zwar ohne mehr Risiko. Das ist noch nicht allen Entscheidungsträgern bewusst.“
Auch bei der Babcock Pensionskasse VVaG sind Immobilien das Fundament der Kapitalanlage. Wie Vorstand Ralf Langhoff berichtete, zahlt die geschlossene Kasse, deren Assets sich auf insgesamt 560 Millionen Euro belaufen, im Jahr etwa 24,5 Millionen Euro Rente aus und kommt auf Beitragseinnahmen von vier Millionen Euro. „Um unsere Zielverzinsung von 3,8 Prozent zu erreichen, müssen wir circa 20 Millionen Euro ordentliche Erträge generieren. Davon kommen durchschnittlich fast sieben Millionen Euro aus unserer 25%-gen Immobilienquote.“ Ihr Real-Estate-Portfolio hat die Pensionskasse in den vergangenen Jahren sehr aktiv bewirtschaftet. Vor Jahren verkaufte man den kompletten Wohnungsbestand der Babcock und rief im Anschluss mit gleichgesinnten Investoren einige Spezialfonds ins Leben, die in Büros, Fachmarktzentren und Logistik investierten – und sich auch Dank des guten Timings seit 2009 als sehr lukrativ erwiesen. Zudem bauten die Verantwortlichen um Vorstand Hans-Hermann Vowinkel im heimischen Oberhausen einen Direktbestand an altersgerechten Wohnungen und Büroimmobilien auf. Um auch künftig die regulatorisch zulässige Quote einzuhalten, brachte die PK den Direktbestand in einen Fonds ein und beteiligte sich über Anteilsscheine erneut an dem Portfolio. Dadurch konnte man den Leverage Effekt nutzen, noch breiter diversifizieren, und die Rendite steigern.Langhoffs Resümee: „Jedes Segment kann mal gut oder weniger gut rentieren, wichtig ist dass die Anleger im jeweiligen Fonds eine Sprache sprechen. Mit einer möglichst breiten Diversifikation und einer langfristigen Strategie kann man auch bei Immobilien gut und auskömmlich durch alle Höhen und Tiefen kommen.“
Damit die Immobilien auch weiter gut rentieren, springt die PK wohl nicht auf den aktuellen Super-Core-Trend auf. „Sehr gefragt bei Investoren sind Objekte mit staatlichen Mietern und langen Vertragslaufzeiten“, berichtete Achim von der Lahr. Als weitere Trends sieht der Geschäftsführer bei Wealthcap trotz stark gefallener Renditen Wohnen, Logistik und Renewables. Die wachsende Skepsis gegenüber Büros teilt von der Lahr nicht. Der Anteil der Unternehmen, die Flächen zurückgeben, sei gering. „Wichtig sind die Variabilität und Attraktivität der Flächen. Dann sind auch Büros weiter interessant.“
Wichtiger Punkt war in der Immobilienrunde der Diversifikationsgedanke. Die Bedeutung der Streuung betonte auch Westinvest-Geschäftsführer Marcus Rösch: „Kleineren und mittelgroßen Investoren können wir Basisprodukte offerieren, die Diversifikation über Deutschland und Europa bieten. Zusätzlich entwickeln wir Club Deals, beispielsweise prüfen wir antizyklische Investments in Hotelimmobilen“, sagte Rösch und ergänzte, dass die Deka-Tochter gerade bei den Club Deals sehr aktiv gewesen sei. Letzteres gilt aber auch für das WPV. „Wenn ein Asset Manager mit einem interessanten Objekt im Volumen von beispielsweise 200 Millionen Euro kommt, dann wäre das für uns allein zwar zu groß, ich würde dann aber noch ein bis drei weitere Investoren suchen, um den Kauf zu stemmen“, sagte Korfmacher, der zumindest für deutsche Assets eine solche etwas arbeitsintensivere Umsetzung gegenüber einem Blindpool bevorzugt. Eine hilfreiche Anforderung für einen Club Deal: „Der Asset Manager sollte sich auch selbst beteiligen.“ Eine adäquate Beteiligung läge für Korfmacher zum Beispiel bei fünf Prozent, gegebenenfalls ausgestaltet als First-Loss-Piece.
Eine breite Diversifikation empfiehlt sich auch auf der Fremdkapitalseite. „Versuchen Sie viel von allem zu machen. Das ist der einzige Weg, um auch in Krisen Oberwasser zu behalten“, empfahl Philipp Lehner von Alliance Bernstein. Das Potenzial zum Streuen ist bei Real Estate Debt mit Segmenten, Risikostufen und Regionen gegeben. Gegen Krisen wie im vergangenen Jahr können sich Anleger aber auch mit einer guten Strukturierung wappnen. Lehner: „Im Falle von Whole Loans, wenn man also der einzige Kreditgeber ist, kann man direkt und schnell mit dem Kreditnehmer über alle Themen sprechen.“ Eine gute Umsetzung bezüglich Diversifikation, Strukturierung aber auch Regulierung – letzteres ist Alliance Bernstein als Ex-Axa-Asset-Manager sehr vertraut – ist eine gute Voraussetzung, dass diese Asset-Klasse bei Investoren auch künftig stark gefragt ist. Dann tritt ein, was Philipp Lehner im Panel prognostizierte: „Real Estate Debt nimmt mehr und mehr den Platz von Investment Grade Fixed Income ein.“
Aber ob nun Real Estate Debt oder die Equity-Seite: „Ich glaube nicht, dass sich die vergangenen Immobilienrenditen in der Zukunft erwirtschaften lassen“, sagte Korfmacher. Was dem WPV dann wohl noch mehr hilft, ist der gewachsene Erfahrungsschatz. „Heute können wir auch Direkt-Investments machen und nehmen an Top-Standorten auch Projektentwicklungsrisiken.“ Neben einer Top-Lage – Achim von der Lahr: „Da machen Investoren keine Kompromisse“ – werden künftig aber auch gute Dienstleister sehr gefragt sein. Marcus Rösch: „Investoren suchen bei uns Qualität, aber auch Lösungen für Themen wie Leerstände oder Strukturierungen. Wer dagegen höhere Risiken, beispielsweise bei der Lage, eingeht, weiß das vielleicht noch gar nicht.“
Aber auch, wenn sich Immobilien künftig als weniger ertragreich erweisen: Diese Asset-Klasse wird weiter gefragt sein. Dies gilt genauso für Infrastructure Debt. Für dieses alternative Segment hat Peter Brodehser gute Argumente: „Wir können den Yield pick-up über die Illiquiditäts-, Durations- und Komplexitätsprämie heben. Zweitens ist gemessen am Loss Given Default das Risiko viel geringer. Drittens kann man mit Infrastrukturfinanzierungen Aktiva und Passiva durationsseitig gut matchen und viertens auf ESG-Ziele einwirken.“ Im Vergleich zur Eigenkapitalseite führt Brodehser zudem noch das Argument an, dass Debt weniger arbeitsintensiv ist. Grundsätzlich empfiehlt Brodehser aber, sowohl EK und FK abzudecken. Zur Zweigleisigkeit rät Brodehser aber auch bezüglich Infrastructure Debt und Real Estate Debt: „Beides ist komplementär und adressiert die verschiedenen Bedürfnisse in einem Versicherungskonzern.“ Zudem erhöht sich die Streuung.
Dass die Frage der Abgrenzung von Finanzierungen für Infrastruktur und Immobilien nicht nur akademischer Natur ist, zeigte sich im Verlauf der Debatte. Für Praktiker können sich die Unterschiede mitunter in der Komplexität zeigen. Brodehser führt unter anderem die Herausforderungen bei der Planung eines Offshore-Windparks oder den Vogelschutz im Betrieb eines Onshore-Windparks an. „Dieser Komplexitätsgehalt findet sich dann auch in der Vertragsgestaltung wieder. Bei Infrastruktur kommen die Verträge auf mehrere 100 Seiten.“ Allerdings sind die Unterschiede nicht in jedem Segment groß. Stefan Baatz, Senior Investment Manager der Meag, die wie die Talanx ebenfalls auch über Segmente breit streut, führt bezüglich dieses Themas digitale Infrastruktur beziehungsweise ein Rechenzentrum an. Ein solches Asset ist schlussendlich ein Gebäude, für dessen Nutzung Mietzahlungen anfallen. Im konkreten Fall sind es fixe Zahlungen über 15 Jahre für ein von der Meag finanziertes Hyperscale Data Center nahe Amsterdam. „Der Vermieter ist nur für das Gebäude verantwortlich sowie für die Stromversorgung und adäquate Umweltbedingungen im Hinblick auf Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Da das Asset neu und modern ist, haben wir bei der Due Diligence Verfehlungen bei diesen Critical Services als eher unwahrscheinlich eingestuft“, so Baatz. Bei der Analyse stehe darum wie bei einer Immobilie der Mietvertrag im Mittelpunkt. „Auch beim Zahlungsstrom erinnert das Asset an eine Single-Tenant-Immobilie – wie auch an ein Infrastruktur-Asset auf Basis eines Verfügbarkeitsmodells“, erläuterte Baatz. Weitere Parallelen: Die Finanzierung läuft in diesem Fall nur über fünf Jahre und der Kreditgeber ist durch eine Grundschuld besichert. Zudem werden Data Center auf dem reiferen US-Markt als Commercial Real Estate Assets klassifiziert und Finanzierungen von Data Centern häufiger mittels CMBS verbrieft.
Trotz allem: „Bei der Meag sehen wir Data Center eher als Infrastruktur, da für uns technische Aspekte relevanter sind als typische Immobilienkriterien wie die Mikrolage.“ Pandemiebedingt erfuhren Assets im Bereich digitale Infrastruktur einen Schub. Dieses Segment will die Meag auch weiter ausbauen – genauso wie Renewables und aber auch soziale Infrastruktur. Dafür sprechen nicht zuletzt ESG-Gesichtspunkte, allerdings stellen sich Fragen angesichts der Losgröße. Stefan Baatz: „Bei sozialer Infrastruktur ist es schwieriger, die von uns bevorzugten großvolumigen Investitionsobjekte zu sourcen. Gleichwohl sehen wir auch hier attraktive Transaktionen.“
Für kleinere Investoren liegen die größenbedingten Herausforderungen dagegen eher darin, kleinere Tickets zu finden. Dieser Aspekt – wie natürlich auch die Komplexität – sprechen für Fonds. „Investoren bezahlen uns für die Reduktion von Komplexität und dafür, dass wir einen effizienten Zugang bieten“, sagte Jean-Francis Dusch, Edmond de Rothschilds CIO für das 3,9 Milliarden Euro große Infrastructure-Debt-Portfolio. „Mit Blick auf die nötigen Ressourcen an Manpower und Kapital können nur wenige Investoren Infrastruktur mit einem eigenen Team abdecken.“ Personelle Ressourcen braucht es beispielsweise für die Verhandlungen mit den Entwicklern und die allgemeine Netzwerkpflege insbesondere für das Deal Sourcing. Weniger großen Investoren kann Edmond de Rothschild klassische Poolfonds und Managed Accounts anbieten. Letztere werden laut Dusch sehr oft von deutschen Investoren genutzt. Relevant ist aber auch die Risikostufe. Mit Senior Secured hat der Asset Manager in der Vergangenheit einen Spread von 250, mit BB-Bonitäten von 500 bis 550 Basispunkten erwirtschaftet.
Vergleichsweise spezialisiert ist Susi Partners, auf dem Panel vertreten von Fabian Karger. Susi managt 1,6 Milliarden Euro ausschließlich in nachhaltiger Infrastruktur. Es geht um Renewables, Energiespeicherung und Energieeffizienz. „Oft wird übersehen, dass die für die Pariser Klimaziele nötigen Maßnahmen zu mehr als 40 Prozent aus Energieeffizienz-Verbesserungen kommen müssen“, so Credit-Spezialist Karger. Eine attraktive Investmentmöglichkeit sei die Umstellung von Straßenbeleuchtungen auf effiziente LEDs. „Hier können Investoren an Energiekosteneinsparungen von bis zu 80 Prozent teilhaben und so vom umfangreichen wirtschaftlichen und ökologischen Nutzen profitieren.“ Opportunitäten sieht Susi in PV-Eigenverbrauchsanlagen, Smart Metering oder der Wärmerückgewinnung. Laut Karger können die Vertragsstrukturen sehr heterogen sein, da es sich nicht nur um simple Mietzahlungen handle. „Das erfordert Know-how.“
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: Büro | Gewerbeimmobilien | Immobilien | Infrastruktur | Real Estate Debt
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