Versicherungen
9. Mai 2023

Alte Zinswelt sorgt für neue Zeiten

Der Zinsanstieg hat Versicherungen wie der R+V ein neues Umfeld beschert. Ob es nun eine gute Zeit ist, um in Anleihen oder besser weiter in Alternatives zu investieren? Auf jeden Fall ist es ein guter Zeitpunkt, mit einem erfahrenen Strategen, Ökonomen und Versicherungsexperten die Lage zu erörtern.

Herr Dr. Siegmund, wie speziell war 2022?

2022 war in gewisser Weise ein Schwarzer Schwan. Es war zwar nicht der erste Zinsanstieg. Ich selbst kann mich noch gut an die Wiedervereinigungszeiten und 1994 erinnern. Auch das Ausmaß des Zinsanstiegs von 200 bis 300 Basispunkten war nicht völlig außergewöhnlich. Speziell war die Entwicklung aber aus einem anderen Grund: Früher war der durchschnittliche Zins in unseren Beständen viel höher gewesen. Das heißt, wir konnten über einen vierprozentigen Kupon Zinsbewegungen abfedern. Wenn aber in den Beständen der Kupon im Schnitt in Richtung zwei Prozent geht und im Neueinkauf noch niedriger liegt, dann wird es schwierig. Ich spreche von einem Schwarzen Schwan, weil es ausgehend von einem Null- oder Negativzinsniveau in einem Jahr um 300 Basispunkte nach oben ging, während Aktien- und Spread-Märkte gleichzeitig fielen. Das war wirklich heftig und neu.

Damit sind die stillen Reserven futsch. Andererseits haben sich durch den Zinsanstieg in der Assekuranz die Solvenzquoten verbessert. War es aber richtig, die stillen Reserven auf dem ALM-Altar zu opfern?

Wenn wir einmal zurückblicken: Wir erlebten eine Entwicklung, die man erst Niedrigzinsphase, dann Niedrigzinsumfeld nannte und anschließend gings über den Nullzins zum Negativzins – eine völlige Anomalität in der Geschichte. Wir hatten aber immer Verpflichtungen zu bedienen, welche sehr lange bestehen. Der Bestand ändert sich nur sehr langsam. Zur Bedienung braucht es Cashflows, die es auch noch aus früheren Zeiten gab. Um aber für sehr lange die Garantien sicherzustellen, gingen die Branche und auch die R+V in längere Laufzeiten. Wobei manche Versicherung noch deutlich länger als wir ging. Parallel zum Zinsrückgang mussten wir die Überschussbeteiligungen absenken, sogar zusätzlich um auf der Passivseite die neue Zinszusatzreserve zu stellen. Die ZZR war vernünftig, tat aber jedes Jahr mehr weh. Und wir mussten die Produkte hin zu weniger Garantien ändern. Im Nachhinein betrachtet ging diese Strategie auf und wir hätten auch noch viele Jahre länger durchhalten können. Wenn man vom risikolosen Zins zum zinslosen Risiko kommt, wird es aber auf Dauer schwierig. Es kam dann aber wie es kommen musste: die Zinsen drehten. Das hatten wir auch gehofft, wenn auch weniger schnell. Darum würde ich nicht von einer „Opferung“ sprechen. Das war eben ein Teil des ALM. Und die stillen Reserven sind nicht futsch, sie lagern nun – sozusagen in einem anderen Aggregatzustand – als stille Lasten bis zu ihrem Verschwinden im Portfolio.

Wie in Japan?

Eine Deflation hat mir immer mehr Sorgen gemacht als eine Inflation. Hier bei der R+V haben wir frühzeitig japanische Szenarien diskutiert und gerechnet. Wir machten sogar Workshops mit japanischen Versicherern. In Japan überlebten die meisten Versicherer – auch solche, die Garantiezinsen gegeben haben. Wir wussten also, dass man auch ein japanisches Szenario eine längere Zeit überleben kann. Dazu gehörten aber harte Maßnahmen, die Kunden, Produkte und die Kapitalanlage betreffen. Einen ewigen Negativzins, der ja ein ewiges Schrumpfen der Wirtschaft oder eine ewige Deflation bedeutet hätte, erwarteten wir nie. Ich bin froh, dass die Zinswende gekommen ist, auch wenn ein Zinsanstieg einem eben ein, zwei, vielleicht auch drei schwierige Jahre beschert. Nicht froh bin ich aber darüber, wie es zu der Zinswende kam, nämlich über eine plötzliche hohe Inflation, ausgelöst durch Krieg, eine sehr lockere Geldpolitik und anderes. Insofern bin ich für die Zukunft für Lebensversicherungen gar nicht so pessimistisch. Nun kommt es darauf an, wie hoch die Zinsen gehen und vor allem wie lange sie oben bleiben.

Bestimmt die Inflation die Zinserwartung?

Als Gründe für die Inflation werden hier in Europa meist Energie- und Nahrungsmittelpreise genannt. Jüngst sind unter anderem noch Lohnsteigerungen dazugekommen. Immer weniger wird aber die ultralockere Geldpolitik der Zentralbanken angeführt. Diese mag zwar die Inflation nicht direkt bewirkt haben, aber sie hat die Saat bereitet und insbesondere Staaten erlaubt, sich stark zu verschulden und Geld auszugeben. Würden die Zentralbanken selbst nicht zu den Ursachen der Inflation zählen, könnten sie sie auch nicht bekämpfen. Wir gehen aber in unseren internen Prognosen davon aus, dass es nicht leicht wird und Zeit braucht, diese Inflation zu senken. Sie frisst sich gerade durch die Volkswirtschaft durch. Paul Volcker hat damals in den USA Anfang der 1980er Jahre die Zinsen auf über 15 Prozent erhöht. Was heute oft vergessen wird, ist, dass er die Zinsen auch wieder gesenkt hat. Er hat sie dabei immer aber oberhalb der Inflation gelassen – und dass sehen wir heute noch nicht. Von realen positiven Zinsen sind wir also noch weit entfernt. Dies gilt insbesondere für Europa. Man weiß aber auch, dass eine starke Zinsanhebung die Wirtschaft bremst und vielleicht sogar in eine Rezession führt. Um soziale Verwerfungen zu vermeiden, braucht es fiskalpolitische Gegenmaßnahmen wie die automatische Arbeitslosenunterstützung, Energiehilfen oder – damals wie heute leider – Rüstungsausgaben.

Wie erfolgreich wird die Geldpolitik sein?

Zentralbanken können besser Inflation als Deflation bekämpfen. Ersteres haben sie in vielen Jahrzehnten gelernt. Und sie haben heute einen größeren Instrumentenkasten; man denke an die Käufe und Verkäufe von Wertpapieren im großen Stil. Die EZB hat zwar spät mit der Inflationsbekämpfung angefangen, was einer politischen Rücksichtnahme auf Südeuropa geschuldet sein mag, und dann stark aufgeholt. Nun muss sie vor allem, wie Paul Volcker auch, durchhalten. Es muss sich noch zeigen, wie es um die Motivation der Zentralbank bestellt ist, wenn die Inflation auf ein erträglicheres Maß von drei bis vier Prozent gesunken ist oder andere Schocks kommen. Mögliche Erfolge werden sich erst mit einer gewissen Wirkungsverzögerung zeigen. Es braucht eben ein halbes Jahr, bis eine Volkswirtschaft auf bestimmte Dinge reagiert.

Sind die Gewerkschaften Inflationstreiber?

Um die Inflation zu senken, muss auch die Lohnpolitik ihren Beitrag leisten. Es ist verständlich und vernünftig, dass Gewerkschaften höhere Löhne fordern. Alles über zehn Prozent ist für mich aber – trotz Reallohnverlusten – überzogen. Höhere Lohnkosten bleiben dauerhaft, während andere Preise wie beispielsweise die für Energie durchaus auch wieder fallen können.

Für eine Lebensversicherung ist Inflation aber doch sehr positiv?

Nein! Zunächst zählt die Kundensicht, und aus dieser ist Inflation, schon gar nicht in diesem Ausmaß, überhaupt nicht positiv. Da wir nominale Garantien vergeben, sinken die realen Erträge der Kunden. Die Überschussbeteiligung kann eine solch plötzliche Inflation nicht ausgleichen. Eine Deflation wünsche ich mir deshalb aber natürlich auch nicht. Andererseits: Als Inflation und Zinsen fielen, war es nicht schlecht aus Kundensicht, eine Lebensversicherung oder Rente aus einer Zeit zu haben, in der Zinsen und Inflation höher waren. Die Inflation wirkt sich aber auch auf die Kosten aus. Für die Lebensversicherung wurde immer vereinfacht mit einem Kostenfaktor von zwei Prozent geplant. Das ist nun aber in Frage gestellt und für eine gewisse Zeit müssen wir höhere Kosten ansetzen, was tendenziell die Produkte verteuert.

Noch viel stärker wirkt sich die Inflation auf die Kosten in der Sachversicherung aus. Natürlich können wir mit dem gestiegenen Zinsniveau unsere Verzinsung langsam erhöhen, indem wir auslaufende Anleihen neu anlegen. Wir können auch unsere Einnahmen aus Zinsen, Dividenden und Mieten für Neuanlagen nutzen. Umschichtungen sind aber so gut wie nicht mehr möglich, weil wir durch den Zinsanstieg nun stille Lasten und nach HGB – der Rechnungslegungsstandard für die Einzelgesellschaften – zur Vermeidung von Abschreibungen erhebliche Teile des Anleihebestandes als Anlagevermögen deklariert haben. Diese Papiere müssen wir also bis zur Endfälligkeit halten. Wir konnten nur in geringem Umfang stille Reserven heben, beispielsweise im Immobilienportfolio oder auch noch zu Beginn des Zinsanstiegs bei Anleihen. Inwieweit wir die ZZR-Ausschüttung anstelle von Kapitalanlageerträgen zur Erhöhung der Kundenverzinsung nutzen können, wird sich erst noch zeigen.

Besonders hilfreich für die Neuanlage wären aber frische Gelder aus dem Vertrieb.

Das wäre der Königsweg. In der Branche ging aber der Absatz von Lebensversicherungsprodukten im vergangenen Jahr zurück, insbesondere im Einmalbeitragsgeschäft. Der Zinsanstieg eröffnete den Kunden Alternativen zu Geldanlagen. Zudem ist die Bevölkerung auch durch die allgemeine Situation verunsichert und zögert, sich über Jahre finanziell festzulegen. Auch dieses Jahr wird trotz der Vertriebsstärke der Branche vermutlich nicht so viel Geld wie früher für neue Kapitalanlagen zur Verfügung stehen. Für die Zukunft ist mir aber nicht bang. Die R+V ist vertriebsstark und die Prognosen sagen, dass die Zinsen in den nächsten Jahren wieder fallen. Das wird uns in der Zukunft den Absatz der Produkte erleichtern.

Droht einer Lebensversicherung die Gefahr, dass der Vertrieb seine volle Power zu spät entfaltet, also dann die Beitragsflut reinkommt, wenn der Zins wieder bei null ist?

Ich denke, wir werden noch ein paar Jahre recht gute Anlagemöglichkeiten haben. Bitte bedenken Sie, dass vieles, was wir 2022 gesehen haben, Normalisierungen an den Märkten gewesen sind. Meine Annahme ist, dass wir in den nächsten drei bis fünf Jahren ein gutes Stück über null Prozent risikoarm anlegen können. Zudem hat sich das Anlageuniversum der R+V in den vergangenen Jahren verbreitert.

Geht frisches Geld nun eher in Alternatives als in Anleihen? Sie waren gegenüber alternativen Assets immer recht skeptisch.

Vor etwa 15 Jahren war mein Standpunkt, dass wir alternative Investments mit Blick auf die damaligen Produkte und Kapitalmärkte nicht wirklich benötigen. Mein Argument war, dass man den Weltkapitalmarkt eigentlich nicht schlagen und auch mit relativ wenigen Assets den Kapitalmarktzins selbst herstellen kann. Zudem haben mich auch die exorbitanten Kosten und Gebührenstrukturen einiger alternativer Investments abgeschreckt. Im Nachhinein betrachtet, waren auch nicht alle Alternatives ihr Geld wert.

Meine Meinung hat sich aber geändert. Zunächst dahingehend, dass man Alternatives machen kann. Für Alternatives haben immer Diversifikation und Illiquiditätsprämien gesprochen. Auch die stabile Bewertung ist ein Argument. Dann kam ich wegen der Zinsentwicklung zu der Einschätzung, dass man Alternatives machen sollte, und schlussendlich dazu, dass man Alternatives machen muss. Wir brauchten alternative Anlagen nicht nur zur Diversifikation, sondern auch als weitere Renditequellen. Der Weltkapitalmarkt ist eben nur ein Konstrukt, das aus vielen echten Teilmärkten besteht. In einer modernen Kapitalanlage gehören heute Alternatives dazu, und zwar in einem Umfang, bei dem auch ein Effekt auf das Portfolio besteht. Fünf Prozent sollten es mindestens sein, wobei man die Zielquoten am besten im Laufe der Jahre aufbaut.

Wie verlief der Aufbau der Alternatives?

Wir wollten schrittweise vorgehen, auch um alle mitzunehmen: Front-, Middle- und Backoffice und Gremien von 15 Versicherungsgesellschaften. Wir müssen auch skalieren können, denn wenn wir etwas für gut befinden, möchten wir, dass möglichst viele Gesellschaften beteiligt sind. Selbst wenn wir nicht alles selbst anlegen, brauchen wir intern Know-how, um auf Augenhöhe mitsprechen zu können. Eine eigene Private-Equity-Abteilung haben wir aber nicht.

Hätte die R+V früher in Alternatives investieren sollen?

Vielleicht hätten wir etwas mehr verdient. Sollte es aber nun zu einer Bereinigung kommen, träfe diese uns wegen unseres späteren Starts weniger stark. Auf jeden Fall ist ein Vorteil unseres späteren Starts, dass in der Zwischenzeit die Gebühren auf ein erträglicheres Maß gesunken sind.

Kann die Yale University eine Orientierungsgröße für Versicherungen sein?

Zu deren langjährigem CIO David Swensen, der leider viel zu früh verstarb, kann ich eine kleine Geschichte erzählen: Vor vielen Jahren habe ich diesen echten Pionier alternativer Anlagen getroffen. Mich hatten seine dauerhaften Überrenditen stark beeindruckt, die es in einem effizienten Kapitalmarkt eigentlich gar nicht geben dürfte. Er verriet mir, dass er zwar weg von amerikanischen Staatsanleihen und Aktien diversifiziert, aber seine alternativen Anlagen im Grunde konzentriert anlegt. Er meinte, mehr als etwa zehn größere Asset-Klassen braucht man nicht und kann man auch nicht gut managen. Dies passte zu meiner damaligen These der Grenzen der Diversifikation, die im Gegensatz zu der im Markt kolportierten Free-Lunch-These stand.

Wir hatten dann noch eine ausführliche Diskussion zu seinem Buch „Pioneering Portfolio Management“ und er beklagte, dass viele den ersten Teil nicht gelesen hatten. Hatte ich aber. Denn wer Swensen verstehen will, muss die Verpflichtungsseite der Yale-Stiftung verstehen. Diese hat ihm nämlich die Möglichkeit gegeben, so langfristig anzulegen. Hier war ich bezüglich Illiquidität vorsichtiger, weil wir jährlich harte Garantien in der deutschen Versicherung zu erbringen hatten. Leider bekam auch Yale in der Lehman-Krise Schwierigkeiten, denn die Stiftung brauchte Geld und Swensen musste teilweise illiquide Anlagen liquidieren. Swensens Strategie hat die Diskussionen zu Alternatives bei deutschen Versicherungen und Asset Managern enorm beflügelt. Mein Fazit damals: Man kann Alternatives machen – aber nur, wenn man auch das nötige Know-how auf der Anlage- und Verpflichtungsseite hat.

Braucht es denn jetzt noch Alternatives? Die Landwirtschaftliche Rentenbank hat ein AAA-Rating und bietet Anfang April für elf Jahre eine Rendite von knapp drei Prozent.

Ja, Alternatives braucht es auch jetzt noch. Allerdings würde ich im Augenblick Anleihen Vorfahrt geben. Derzeit können wir wieder liquide Ware von sehr hoher Qualität kaufen. Die Zinsen könnten auch schon demnächst ihren Höhepunkt erreichen. Eine Lehre aus der Null- und Negativzinsphase war, dass Versicherungen zu zinsabhängig gewesen sind. Davon wollen wir ein Stück weit wegkommen. Wir werden also auf jeden Fall weiter in Alternatives investieren und natürlich alle Commitments bedienen. Im Moment ist es aber schwierig, weitere Commitments einzugehen. Wir fühlen uns ein bisschen wie ein Kind im Süßigkeiten-Laden und müssen uns zwingen, mit Blick auf das Taschengeld (die Liquiditätssituation) nein zu sagen.

Was, wenn der Laden schließt und nicht mehr aufmacht?

Bei Private Equity oder Private Debt könnten sich neue Chancen ergeben, wenn sich der Gegenwind und Bereinigungen dort in ein bis zwei Jahren materialisieren und es zu Fire Sales kommen sollte.

Bevor ein Laden schließt, gibt es ja meistens noch einen Schlussverkauf.

Genau. Übrigens braucht es Alternatives jetzt noch aus einem weiteren Grund: Über private Assets können wir viele Nachhaltigkeitsthemen abbilden. Viele Alternatives helfen, den Klimawandel zu bewältigen oder soziale Bedürfnisse zu befriedigen. So haben wir beispielsweise einen Windpark in UK oder ein Krankenhaus in Australien mitfinanziert. Zugegebenermaßen sahen wir vor zehn Jahren die starke Verknüpfung von Alternatives mit Nachhaltigkeit noch nicht. Heute läuft das kongruent.

Haben Sie Lieblings-Alternatives?

Das ist ganz klar ein Private-Debt-Segment: nämlich unsere grundpfandrechtlich besicherten Hypothekendarlehen für private Immobilienbesitzer, die wir seit Jahrzehnten von unseren Volks- und Raiffeisenbanken beziehen. Wir hatten also schon Private Debt, als es noch gar nicht so in der Branche hieß. Dabei handelt es sich um ein Win-win-Modell: Wir bekommen die Sicherheit einer Bundesanleihe, einen höheren Spread und lange Laufzeiten. Und eine Bank kann längere Laufzeiten anbieten, die eigentlich nicht ins Buch passen. Natürlich stellt sich die Frage, was aus dem Immobiliensektor wird. Stärkere Bewegungen erwarten wir aber eher im gewerblichen Bereich. Wenn wir diese Hypothekendarlehen zu den Alternatives zählen, kommen wir im Konzern bei deutlich über 20 Prozent heraus. Alternatives im engeren Sinn – EK und FK – da liegen wir bei etwa fünf Prozent.

Braucht es künftig auch mehr die Liquidität von Aktien?

Wir waren Aktieninvestoren – auch zu Krisenzeiten – und werden es bleiben. In der Lebensversicherung haben wir eine Aktienquote von sechs bis sieben Prozent. Persönlich hätte ich gern noch mehr Aktien, aber die Volatilität von Aktien und unsere Restriktionen limitieren diese Asset-Klasse. Ja, Aktien sind hochliquide und sehr gut absicherbar. Die Absicherung und die Auflösung der Sicherung haben bei uns in 2022 sehr gut funktioniert. Im Augenblick sind Gewinne und Dividenden sehr hoch. Hier sind Rückgänge zu erwarten. Trotzdem dürfte die Dividendenrendite bei vielen Unternehmen weiter sehr ordentlich sein und Aktien dürften über fünf bis sieben Jahre einen ordentlichen Return einbringen. Natürlich haben wir auch Immobilien. Deren Quote liegt bei etwa neun bis zehn Prozent. Insgesamt haben wir 26 Asset-Klassen.

Mit Assets von über 110 Milliarden Euro gehört die R+V zu den wenigen sehr großen, aber nicht zu den ganz großen Versicherungen. Ist dieses Volumen für die Kapitalanlage zu groß, zu klein oder das Optimum?

Mit dieser Größe fühlen wir uns sehr wohl. Sie erlaubt uns, eigene Portfoliomanagement-Einheiten für Aktien, Renten, Hypothekendarlehen und Immobilien zu haben. Wir haben ein eigenes Risikomanagement und Controlling, eine eigene Vermögensverwaltung und Buchhaltung. Kurz und gut: Wir haben alle KVG-Funktionalitäten im Haus. Wir haben aber auch ein sehr gutes Verhältnis zu Union Investment, unserem Partner im genossenschaftlichen Verbund, denn auch wir können nicht alles machen.

In der Kapitalanlage beschäftigen wir 350 Mitarbeiter. Gerade wenn die Märkte so unruhig wie beispielsweise in 2022 sind, ist es ein großer Vorteil, einen direkten Zugriff auf das Portfolio-, Risiko- und Bilanzmanagement zu haben. Ansonsten müssten wir uns immer mit einem Dritten zusammensetzen, der seine eigenen Guidelines und Interessen hat. Man kann nicht alle Krisensituationen vorab niederschreiben und diskutieren. Unsere jetzige Größe verdanken wir unserem organischen Wachstum. Es gab kaum Zukäufe. Ich bin seit gut 20 Jahren bei der R+V und seit damals hat sich unser Anlagevolumen mehr als verdreifacht. Man kennt uns nun im In- und Ausland als einen führenden Versicherer und professionellen Kapitalanleger.

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