Aba für flexiblere Bedeckungsanforderungen
Temporäre Unterdeckung über Toleranzzeitraum. Nellshen: „Die Knete muss zwar da sein, aber erst wenn sie gebraucht wird.“
Über die Attraktivität der bAV entscheidet nicht zuletzt die Rendite der Pensionskassen. Damit diese mehr in höher rentierliche Anlagen investieren können, sind Weiterentwicklungen der Bedeckungsanforderungen und des Bafin-Stresstests erforderlich, teilt die Aba mit. Entsprechende Vorschläge wurden auf der Pensionskassen-Tagung des Verbands Ende September vorgestellt.
„Die Aba fordert eine Anpassung der heute sehr strengen Bedeckungsvorschriften für Pensionskassen, wonach sie ihre versicherungstechnischen Verpflichtungen in jedem Zeitpunkt (insbesondere zu Buchwerten) zu 100 Prozent mit Sicherungsvermögen bedecken und die Solvabilitätsanforderungen jederzeit erfüllen muss. Diese Anforderungen begrenzen unsere Möglichkeiten in der Kapitalanlage“, sagt Jürgen Rings auf der PK-Tagung. Für den Leiter der Aba-Fachvereinigung Pensionskassen sowie Vorstandsvorsitzenden der Höchster Pensionskasse brauche es mehr Flexibilität bei den Bedeckungsanforderungen.
In der Schweiz sind Unterdeckungen möglich
Weniger strickte Bedeckungen sind im Ausland üblich. So ist Schweizer Pensionskassen eine gewisse Unterdeckung erlaubt. In der Schweiz gilt – so informiert das VZ Vermögenszentrum – eine Unterdeckung als gering, falls die Kasse diese ohne Sanierungsmaßnahmen innerhalb von fünf Jahren beseitigen kann. Erst wenn der Bedeckungsgrad unter 90 Prozent rutscht, sind in der Regel Sanierungsmaßnahmen einzuleiten. Somit können Schweizer Pensionskassen etwas offensiver anlegen. Dies bescherte ihnen zwar laut Swisscantos PK-Studie in 2022 ein Minus im Schnitt von 8,8 Prozent – trotzdem liegt aber die durchschnittliche Rendite der Kassen über zehn Jahre bei 3,6 Prozent.
Regulatorik für Pensionskassen unpassend
In einem Vortrag auf der Aba-Veranstaltung ging Dr. Stefan Nellshen, stellvertretender Leiter des Aba-Fachausschusses Kapitalanlage und Regulatorik sowie Vorstandsvorsitzender der Bayer Pensionskasse, näher auf die Bedeckungsanforderungen ein: „Die aktuellen regulatorischen Anforderungen passen nicht zum Geschäftsmodell von Pensionskassen, die den Betriebsrentnern lebenslange Renten zahlen und daher extrem langfristige Verpflichtungen haben. Zudem existieren in aller Regel für die Begünstigten keine Möglichkeiten, die Pensionskasse zu wechseln oder zu kündigen, ohne zugleich aus dem zu Grunde liegenden Arbeitsverhältnis auszuscheiden. Damit haben solche Pensionskassen faktisch keinerlei Stornorisiken. Sinn und Zweck von Bedeckungsvorschriften sollte es daher sein, dass die garantierten Leistungen im Zeitpunkt ihrer jeweiligen Fälligkeit ausfinanziert sind und gezahlt werden. Auf den Punkt gebracht bedeutet dies: Die Knete muss zwar da sein, aber erst wenn sie gebraucht wird.“
In diesem Sinne werden – so Nellshen – modifizierte Bedeckungsanforderungen diskutiert, welche unter gewissen Voraussetzungen eine temporäre Unterdeckung (zu Buchwerten) über einen definierten Toleranzzeitraum hinweg zulassen. Voraussetzung hierfür soll eine entsprechende „Standby-Vereinbarung“ zwischen der Pensionskasse und einem oder mehreren Trägerunternehmen sein. Diese soll die betreffenden Träger verpflichten, etwaig bestehende Unterdeckungen über den Toleranzzeitraum hinweg zu schließen (falls sie sich nicht durch entsprechende Kapitalmarktentwicklungen von selbst schließen). Aus Sicht von Jürgen Rings sollte auch der Bafin-Stresstest, der ebenfalls die Möglichkeiten in der Kapitalanlage zumindest zum Teil unnötig begrenzt, weiterentwickelt werden.
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: Politik/Regulierung | Risikomanagement
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