Investoren
23. Juni 2023

Kein Tischkicker im Homeoffice

Institutionelle Investoren suchen händeringend nach Fachkräften. Groß ist der Bedarf auch im Asset Management. Aus welchen Quellen Versicherungen und Pensionskassen, KVGen und Custodians Mitarbeiter rekrutieren können und wie Headhunter in der Bewerberflut die idealen Kandidaten finden, zeigt die Titelstory.

Handwerker sollte man freundlich und zuvorkommend behandeln. Vor allem, wenn man einen Termin mit ihnen vereinbaren möchte. Hauseigentümer, bei denen die alte Öl- oder Gasheizung durch eine zukunftssichere Wärmepumpe ersetzt werden muss, wissen das. „Seid nett zu den letzten Handwerkern!“, ist ein weiser Rat, den man angesichts des Fachkräftemangels dringend beachten sollte.

Aber gilt das auch für den Umgang mit Bewerbern im Asset Management? Muss man sie mit Samthandschuhen anfassen? Ihnen mehr Gehalt, Homeoffice und Urlaub anbieten, damit sie ihren neuen Arbeitsplatz überhaupt antreten? Pauschal lässt sich diese, zugegeben, überspitzte ­Frage nicht beantworten.

Neue Mitarbeitende zu finden und langfristig zu halten ist nach Einschätzung der Beratungsgesellschaft Aon für Firmen aktuell so schwierig wie noch nie. Das gilt auch für Pensionskassen. Für sie stellt der Fachkräfte­mangel ­eine immer größere Herausforderung dar, wie beim diesjährigen Pensionskassentag des Consultants WTW deutlich wurde.

Wie es dazu kommen konnte, wissen Hanne Borst (Leiterin des Geschäftsbereichs Retirement Deutschland) und Tim Voetmann (Leiter der Pensionskassenberatung bei WTW) aus ihrem Tagesgeschäft: Viele Pensionskassen berichten von Problemen bei der ­Rekrutierung neuer Mitarbeitender auf allen operativen Ebenen und ­insbesondere auch bei der Besetzung von Vorstandspositionen und Aufsichts­räten. Ein Grund für diese Entwicklung: In der ­Vergangenheit war es ­üblich, dass Leitung und Verwaltung einer Pensionskasse von Verantwortlichen in den Personalabteilungen der Trägerunternehmen mit übernommen wurde. Das ist heute anders.

Pensionskassenposten erfordern Spezialkenntnisse

Mittlerweile erfordern Vorstands- und Aufsichtsratstätigkeiten für eine Pensionskasse aber umfangreiche Spezialkenntnisse, die sich auch erfahrene Personalerinnen und Personaler erst mühsam ­erarbeiten müssen und die man ohne Erfahrung in der Versicherungswirtschaft kaum erwerben kann, berichten die Profis von WTW. Das bleibt nicht ohne Folgen: Auch aufgrund ungelöster Nachfolgethemen prüfen viele Pensionskassen die externe ­Besetzung des Vorstands oder sogar eine Bestandsübertragung mit anschließender Liquidation der Kasse.

Neben diesen drastischen Worten ist auch Abbildung 1 ein Anhaltspunkt dafür, wie groß das Problem inzwischen ist: Bei WTW zählen sie den Fachkräfte­mangel neben Inflation und Zinswende sowie der Konjunktur zu den ökonomischen Rahmenbedingungen, mit denen Investoren umgehen müssen.

Abbildung 1: Der Fachkräftemangel belastet auch Pensionskassen. (Um sie zu vergrößern, klicken Sie die Abbildung bitte an.)

Der Mangel an Spezialisten muss auch vor dem Hintergrund sich verschärfender regulatorischer Anforderungen betrachtet werden: Einerseits nimmt die Aufgabenvielfalt zu – zum Beispiel aufgrund neuer Anlageklassen und neuer Aufgaben im Risikomanagement bis hin zum ESG-Reporting (siehe hierzu insbesondere die Titelstory vom Januar 2023 ESG-Reporting treibt Großanleger um).

Die Regulatorik ist also ein Treiber für den Stellenaufbau. Es entstehen neue Jobprofile und Positionen, die es vorher nicht gab. Ein Beispiel ist der „Sustainability Officer“. Für die Unternehmen ist es eine Herausforderung, ihre Mitarbeiter fortwährend weiter zu qualifizieren und diese auch in neuen und sich dynamisch entwickelnden Themenfeldern zu schulen.

Andererseits stehen große Gruppen langjähriger Mitarbeiter vor dem Eintritt in den Ruhestand. Das verschärft die Personalsorgen. Bei einer mittelgroßen Pensionskasse aus Nordrhein-Westfalen liegt das Durchschnittsalter der Angestellten bei knapp 50 Jahren.

Das mag aus Sicht ihrer Personalabteilung nicht besonders bedrohlich klingen. Schließlich bleiben bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter noch gut 15 Jahre. Genug Zeit also, um neue Mitarbeiter zu rekrutieren. Allerdings ergab die Bestandsaufnahme der Kasse, dass ein Drittel ihrer Mitarbeiter innerhalb der nächsten fünf Jahre in den Ruhestand geht. Und es türmen sich weitere Sorgen auf.

Bei WTW wissen sie, dass die betriebliche Altersversorgung im operativen Bereich selten ein Wunschthema von Nachwuchs­kräften ist. Denn es erfordert breites Wissen und ist komplex. Gleichzeitig treffe die steigende Komplexität der Aufgaben auf steigende Anforderungen potenzieller Arbeitskräfte an Entwicklungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten, die für kleinere Pensionskassen schwer zu erfüllen sind, argumentieren Hanne Borst und Tim ­Voetmann.

Hinzu kommt folgende Hürde: Um die Expertinnen und Experten beispielsweise in den Bereichen Bestandsverwaltung, Aktuariat oder Risikomanagement gebe es intensiven Wettbewerb mit Versicherungen und anderen Finanzdienstleistern. Das bedeutet: Der Fachkräftemangel nimmt bei Pensionskassen immer häufiger Einfluss auf Grundsatzentscheidungen wie die strategische Geschäftsausrichtung.

Wenn Arbeitgeber in ihrer Bestandsaufnahme feststellen, dass in ­wenigen Jahren zahlreiche Angestellte in den Ruhestand gehen, gibt es eine Notlösung: Sie können versuchen, Mitarbeiter zu ­motivieren, länger zu bleiben. Das erscheint sinnvoll, zumal die Persönlichkeiten über Fachwissen verfügen und den Nachwuchs einarbeiten können. Doch der hinausgezögerte Braindrain ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Oberste Priorität muss es haben, konstant die Vorteile des eigenen Unternehmens zu kommunizieren, um Senior-Kandidaten ebenso wie Hochschulabsolventen zu gewinnen. Ein Tipp, den man immer wieder hört, lautet: Man muss Bewerbern Perspektiven und Gestaltungsmöglichkeiten aufzeigen.

Schwer haben es da vermutlich ­Pensionskassen, die für Neuzu­gänge geschlossen worden sind. Ihr Vertragsbestand und ­ihre ­Kapitalanlagen – und damit ihr Kern­geschäft – schmelzen mit der Zeit ab. Gleichzeitig sind sie denselben operationellen und ­finanziellen Risiken wie alle anderen ­Pensionskassen ausgesetzt. Große finanzielle Sprünge sind da ebenso wenig drin wie nicht-­finanzielle Anreize, die an Bedeutung gewinnen.

An geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern mangelt es Investoren ebenso wie Asset Managern und ihren Dienstleistern. „Der Fachkräftemangel ist definitiv im Asset Management angekommen“, berichtet Rita Pfahls im Gespräch mit portfolio institutionell. „An allen Ecken und Enden fehlen hochqualifizierte Fachkräfte“, sagt die Partnerin bei Indigo Headhunters. Pfahls sucht im Auftrag institutioneller Investoren, KVGen, Custodians ebenso wie für Asset Manager und Consultants nach geeigneten Kandidaten.

Der Fachkräftemangel erfordere ein anlageklassenübergreifendes Recruiting, so die Expertin, die selbst auf berufliche Stationen auf der Asset-­Management-Seite zurückblickt. In ihrer Laufbahn war Pfahls ­unter anderem bei Franklin Templeton Investments und Universal Investment. Seit fast einem Jahr ist sie Headhunterin.

Auch Britta Bene ist Headhunterin und spezialisiert auf Private Markets und alternative Investments. Ihre Karriere im Personal­wesen startete sie 2014 bei Indigo. Davor war sie jahrelang auf der Investmentseite tätig. „Mich rufen viele Unternehmen an, die ­einen Eindruck vom Markt bekommen wollen – und zwar losgelöst von aktiven Mandaten“, berichtet Bene im Gespräch mit unserer Redaktion und fährt fort: „Grundsätzlich bewegen wir uns rund um die Asset-Klassen Private Equity, Private Credit, Infrastruktur und Venture Capital. Wir helfen allen Organisationen, die entlang der Wertschöpfungskette dieser Asset-Klassen agieren.“

Neben ihren Aufgaben als Geschäftsführerin von Mainstay Human Capital ­Advisors ist Bene stellvertretende Vorsitzende des Alterna­tives-Verbands BAI. Dort verantwortet sie die Ressorts Personal und Weiterbildung.

Sonderkonjunktur für Headhunter

Der Run institutioneller Investoren auf alternative Anlagen infolge von Null- und Negativzinsen der Notenbanken hat Headhuntern ­eine Sonderkonjunktur beschert. Lang ist die Liste der Versicherungen, Pensionskassen und Versorgungswerke, die auf der Suche nach auskömmlichen Erträgen in illiquide Investments eingestiegen sind und entsprechende Anlageprogramme aufgebaut haben.

Begleitet wurde diese Entwicklung von einem massiven Stellenausbau. „Wir haben an den Private Markets in den vergangenen acht bis zehn Jahren extremes Wachstum gesehen“, konstatiert Britta Bene. „Dadurch, dass die Zinsen niedrig waren, fand bei den ­großen institutionellen Investoren eine Verschiebung statt in Richtung der Private Markets.“

Inzwischen bieten nun auch traditionelle Anleihen wieder ­Renditen, die mit den Ertragszielen vieler institutioneller Investoren kompatibel sind. Wer braucht da noch alternative und vor allem illiquide Assets? Obwohl die Zinswende zu einer Rückbesinnung institutioneller Anleger auf Festverzinsliche geführt hat, sind ­Experten für alternative Anlagen weiterhin gesucht. Headhunterin Pfahls spricht von Nachholeffekten.

Alternatives-Profi Bene räumt ein: „Losgelöst von einer Zinspolitik sind wir jetzt an einem Punkt, wo diese Kurve etwas abflachen würde.“ Denn die Private-Markets-Programme institutioneller Anleger stehen mittlerweile. Und es zeige sich, dass die Aufbauarbeit der vergangenen Jahre in dem Segment, bei der es darum ging, große Portfolios von null auf zu investieren, erledigt sei. Erschwerend hinzu kommt aus Sicht der Endanleger und der Anbieterseite der sogenannte Denominator-­Effekt: Aufgrund des Zinsanstiegs und gesunkener Aktienkurse, haben die traditionellen Asset-Klassen in den Portfolios an Wert eingebüßt. Hohe Bewertungsreserven haben sich ins Gegenteil verkehrt und bilden nun stille Lasten in den Bilanzen.

Anlegern sind die Hände gebunden

Diese für viele Anleger einschneidende Entwicklung hat dazu ­geführt, dass der relative Anteil anderer Anlageklassen – insbesondere der wenig volatilen Private Assets – nach oben gegangen ist. „Obwohl die Kollegen in der Kapitalanlage zum Teil sehr gern ­weiter investieren würden und zum Teil auch sehr gute Investitionsmöglichkeiten sehen, sind ihnen schlicht und ergreifend die Hände gebunden, weil es von der Asset Allocation her ­einfach nicht mehr funktioniert“, sagt Bene mit Blick auf den ­Denominator-Effekt.

Fundraising sei derzeit sehr schwierig für die meisten Häuser. Und für viele General Partner – sowohl auf der Equity- als auch auf der Debt-Seite, sei es nun schwieriger, Deals zu machen. „Wenn ich das Ganze aber historisch vergleiche, komme ich zu dem Ergebnis, dass alternative Investments und Private ­Markets nicht mehr wegzudenken sind.“

Eine Sonderrolle dürfte die Anlageklasse Immobilien einnehmen. Aufgrund hoher Inflation, Transaktionsstarre, steigender Energie- und Baupreise wie auch Nachhaltigkeitsanforderungen befinden sich Asset Manager in einem Umfeld, das sich mit „volatil, unsicher, komplex, mehrdeutig“ beschreiben lässt, erläutert EY Real ­Estate in der aktuellen Asset-Management-Studie 2023.

Abbildung 2: Herausforderungen werden mit bestehendem Personal gemeistert.

 

Mehr als 80 Prozent der Asset Manager investieren vor diesem Hintergrund in diesem Jahr in die Umsetzung von ESG-Strategien. Investitionen in personelles Wachstum hingegen treten nun deutlich in den ­Hintergrund. Nur noch ein Drittel der befragten rund 40 in Deutschland aktiven Asset Manager aller Nutzungsarten möchte in zusätzliche Beschäftigte investieren. Im vergangenen Jahr waren es noch 96 Prozent. Die große Mehrheit setzt stattdessen auf das bestehende Personal (siehe Abbildung 2).

Viele Firmen suchen zunächst auf eigene Faust

Institutionelle Anleger, die Mitarbeiter suchen, stehen im direkten Wettstreit mit anderen Finanzmarktakteuren. Manche Personaler scheinen das zu vergessen, wenn sie sich ohne Headhunter auf die ­Suche begeben. Dadurch sparen sie zwar kurzfristig Kosten, aber führt es auch zum Erfolg? Alternatives-Expertin Britta Bene: „Ich kann keinem Unternehmen verdenken, ­Personal auf eigene Faust suchen zu wollen, um sich die Kosten für einen Personal­berater zu sparen.“

Rita Pfahls sieht die Sache so: „Bevor ein ­Headhunter in eine Suche eingeschaltet oder überhaupt beauftragt wird, versuchen die Investoren natürlich zunächst, Personal aus dem eigenen Netzwerk zu rekrutieren. Wenn das nicht klappt, werden relevante Medien in der Branche eingeschaltet oder auch soziale Medien.“ Ein bedeutendes Argument, das für den Einsatz eines Personal­beraters spricht, ist Zeitersparnis für die Suche und Selektion ­geeigneter Kandidaten. Offene Stellen bleiben oft viel zu lange unbesetzt und wichtige Themen und unternehmensinterne Projekte können so nicht umgesetzt werden.

Gefragt nach den Anforderungen und Qualitätserwartungen von Unternehmen an Bewerber, zeichnet Britta Bene das Bild einer Waage: „Auf der einen Seite liegt Potenzial und auf der anderen ­Erfahrung.“ Je jünger jemand sei und je weniger eine Person ­bereits gearbeitet habe, desto mehr wiege natürlich der Potenzialteil. „Und je älter eine Person ist und je mehr Erfahrungen sie im Job gesammelt hat, desto schwerer wiegt natürlich die Erfahrung. Damit einher geht eine größere Zahl auf dem Preisticket.“

Der Arbeitgeber kauft also mit jedem neuen Mitarbeiter eine ­individuelle Persönlichkeit ein. „Das Unternehmen erwartet, dass der Kandidat den besten Mix aus Potenzial und Erfahrung für ­einen gewissen Preis mitbringt“, so Bene. Dabei kommt es einerseits auf die zu besetzende Stelle und andererseits auf die Erfahrung an, man spricht hierbei auch von Seniorität.

Wenn also ein ­Senior gesucht wird, steht in der Regel das Netzwerk ganz weit vorne und ein belastbarer Track ­Record, der nachvollziehbar ist. Bei einer Junior-Position ist das anders. Denn die Person ist viel zu jung, um einen Erfahrungsschatz vorweisen zu können. Daher muss sie sich andere Gewichte auf die Waage legen und stärker auf der Persönlichkeitsschiene punkten, so Bene. „Sie muss darlegen, dass sie zielstrebig ist, ambitioniert, umtriebig, kreativ in der Art und Weise, wie sie über das Geschäft und den Markt nachdenkt.“ Unternehmen erwarten insbesondere wissbegierige Bewerber, die sich weiterentwickeln wollen und ­lösungsorientiert agieren.

Unternehmen verschenken Ressourcen

Headhunterin Pfahls berichtet im Gespräch mit portfolio insti­tutionell von einer Lücke zwischen der Erwartungshaltung der Kunden und dem Kandidatenmarkt. Auch werden ihr zufolge ­erfahrene Kandidaten bei der Personalsuche nicht hinreichend ­berücksichtigt. „Damit werden Ressourcen verschenkt. Und das können wir uns nicht leisten.“ Deshalb rät Pfahls Unternehmen, einfallsreich zu sein. „Sehr oft haben sie genaue Vorstellungen, wie der ideale Kandidat aussieht. Mit Blick auf den Fachkräftemangel ist es aber ratsam, kreativer zu denken.“

Beispielsweise sollten sie sich überlegen, ob man Bewerber umqualifizieren kann, damit sie für den zu besetzenden Arbeitsplatz noch besser geeignet sind. „Der Fachkräftemangel lässt uns gar ­keine andere Wahl“, so Pfahls. Viele Anknüpfungspunkte gibt es im ­Asset-Management-Umfeld beispielsweise für Kandidaten, die in ihrer beruflichen Laufbahn auf der Administratorenseite tätig ­gewesen sind und die sich für einen Posten im Asset Management interessieren.

Doch das war nicht immer so, erinnert sich Pfahls, die selbst aus dem Bereich kommt: „Die Rolle eines Administrators hat sich sehr stark gewandelt. Dennoch habe ich auch heute noch den Eindruck, dass die Außenwahrnehmung eine andere ist und man vermutet dort zu wenig Know-how. Dabei sei dieses Bild ­veraltet. Das Thema „Administration“ habe sich in den vergangenen Jahren stark geändert, so die Expertin.

Die Regulatorik nimmt für die Investoren und die Branche immer weiter zu. Angefangen bei Reporting-Anforderungen, über Vorgaben an das Risiko­management bis hin zu ESG-Regularien. Diese komplexen ­Themen müssen von ­Service-Dienstleistern inhaltlich ­durchdrungen und umgesetzt werden.

„Vor diesem Hintergrund kann ich es kaum nachvollziehen, ­warum das Skill Set der Mitarbeiter in der Administration so unterschätzt wird“, sagt Pfahls. Ein Administrationsmitarbeiter sei immer ­wieder neuen Themen ausgesetzt, die schnell implementiert ­werden müssen. Denn der Gesetzgeber setze knappe Fristen. „Das sind große Projekte, die bewältigt werden müssen. Und da entsteht ein umfassendes und wertvolles Skill-Set.“ Die Mitarbeiter seien hervorragend ausgebildet, fachlich auf dem aktuellen Stand und daher auch in anderen Funktionen – insbesondere im Asset ­Management – sehr gut einsetzbar. Ihren potenziellen Arbeit­gebern könnten sie echten Mehrwert bieten.

„Vernetzen Sie sich!“

An den Einschätzungen wird deutlich, dass sich die Anforderungen auf der Admin-Seite in den vergangenen Jahren rasant ­verändert haben, wodurch auch die fachlichen Eigenschaften der Mitarbeiter erweitert worden sind. Gilt das auch für die Suche nach Fach- und Führungskräften? „Der Transformationsprozess ist in der Asset-Management-Branche in vollem Gange und macht auch vor dem Headhunting nicht halt“, sagt Rita Pfahls. „Das beginnt schon beim Research und erstreckt sich bis hin zur Ansprache von Kandidaten.“ Hier haben Personaler in den letzten Jahren neue Wege beschritten.

Soziale Netzwerke zur Pflege bestehender Geschäftskontakte (zum Beispiel Linkedin) sind wichtiger denn je. Sie können auch für die ­Suche nach einem neuen Arbeitsplatz – auch wenn das ­aktuell vielleicht (noch) gar kein Thema ist, ein Türöffner sein.

Aber die Zeiten ändern sich. „Und den Fall gesetzt, Sie müssen sich eines Tages doch noch beruflich neu orientieren, kann ein großes Netzwerk ­behilflich sein. Also: Vernetzen Sie sich, und fangen Sie dabei bereits in jungen Jahren an, rät Linkedin-Nutzer „Dr. Blannko“. Der Hedgefondsprofi, Mentor und Buchautor betont: „Verflechten Sie sich nicht nur mit Ihren Kunden, ­sondern auch mit Head­huntern, Industrie-Peers, Vertretern der Medien, Branchenver­bänden, ­Universitäten, Anwälten, Steuer­experten und Wirtschaftsprüfern.“ ­

Ferner rät er, Kontaktanfragen anderer Nutzer nicht „im Gefühl einer scheinbaren Überlegenheit“ abzublocken, sondern sie großzügig anzunehmen. „Nicht immer, aber manchmal werden Sie dabei auch Freunde ­gewinnen, aber ganz sicher gute Beziehungen…und diese sind nie verkehrt.“

Linkedin ist nicht nur für die eigene Karriere ein Sprungbrett, ­sondern auch ideal, wenn man selbst einen Job zu vergeben hat. Das Posten und Teilen der Stellenausschreibung – vorgefertigt von der Personalabteilung – geht schnell. So lässt sich auch eine ­große Reichweite erzielen. Und die bringt geschwind Ergebnisse.

Britta Bene sucht aktuell selbst auf Linkedin nach Verstärkung – und zwar für ihr Team. „Wir erhalten viele Bewerbungen“, sagt sie und man weiß, jetzt folgt ein „aber“. „Aber die Qualität der Bewerber, die über Online-Portale reinkommen, ist extrem breit gestreut. Und ich gehe davon aus, dass viele Unternehmen sagen: ‚Wir ­versuchen es erst mal alleine. Das muss doch irgendwie klappen.‘“ Unternehmen werden den Suchvorgang aber spätestens dann ­abbrechen, wenn sie von einer Flut nicht qualifizierter Bewerber ­erschlagen werden. Ab dann kommt meist ein externer Personal­berater hinzu.

Geld ist nicht alles

Die Redaktion von portfolio institutionell berichtet in ihrem ­montags und mittwochs erscheinenden Newsflash regelmäßig von Stellenausschreibungen bei institutionellen Anlegern. Uns ist ­bekannt, welche Versorgungswerke regelmäßig auf der Suche nach geeigneten Kandidaten für ihre Kapitalanlageabteilungen sind.

Teilweise ist es aber so, dass manche dieser offenen Stellen auch noch nach Monaten unbesetzt ist. Wie kann das sein? „Wenn wir über Versorgungswerke oder generell institutionelle Investoren sprechen, haben wir das große Problem, dass in Deutschland ­weiterhin vergleichbar niedrige Gehälter gezahlt werden für sehr wichtige Positionen“, stellt Britta Bene fest. „Es geht um das Geld von Versicherten und Pensionären. Das ist ein sehr wichtiger Job! Aber am Ende des Tages sind die Gehälter nicht adäquat“, ­konstatiert sie.

Wenn man den Gedanken weiter spinnt, heißt das: Die Kapitalsammelstellen benötigen dringend Mitarbeiter, die qualifiziert sind, um diesen wichtigen Job erfolgreich auszufüllen. „Wenn man aber keine marktgerechten Gehälter bezahlt, gehen die guten Leute ­natürlich zu Unternehmen, wo sie für die gleiche Arbeit mehr Geld bekommen“, weiß Bene aus Erfahrung. „Somit ist es oft schwierig, diese Positionen zu füllen.“

Institutionelle Anleger aus Deutschland zahlen einerseits im Vergleich mit ihren internationalen Peers weniger Gehalt. „Hier liegt Deutschland weit hinten“, sagt die Personalexpertin. Andererseits zahlt die Privatwirtschaft hierzulande deutlich mehr. Vergleichen lässt sich das beispielsweise anhand eines Arbeitsplatzes, bei dem es um Anlageentscheidungen für Private-Equity-Zielfonds geht.

Ein Versorgungswerk investiert ebenso in diese sogenannten ­Primaries wie ein privater Dachfonds. Nach Einschätzung Benes sind die Gehälter aber sehr weit voneinander entfernt.

Um das zu verstehen, muss man die Gehaltsbestandteile aufdröseln: Grundsätzlich gibt es drei Vergütungsvariablen, mit denen man in diesem Geschäft arbeiten kann. Dabei geht es um das Fixgehalt, den Bonus und den Carried Interest (Carry). Letzteres ist neben dem Bonus eine weitere und sehr erfolgsabhängige Vergütungskomponente. „Institutionelle Investoren zahlen in der Regel keinen Carry. Private Unternehmen hingegen schon“, sagt Bene.

Hinzu kommt die Aufteilung zwischen Fixgehalt und Bonus und wie sehr diese Aufteilung prozentual voneinander abhängt. Hier gibt es enorme Unterschiede. So kann der Bonus beispielsweise 20 Prozent oder auch 100 Prozent vom Fixgehalt betragen. Oder auch 200 Prozent.

Ferner geht es beim Thema Gehalt um die Frage, inwiefern der Mitarbeiter diesen Bonus wirklich beeinflussen kann oder ob er als fix anzusehen ist, wie ein 13. oder 14. Monatsgehalt. „Im Großen und Ganzen kann man in der privaten Private-Markets-Investmentwelt für eine Position, die es ähnlich bei einem institutionellen ­Investor gibt, wahrscheinlich das Doppelte verdienen“, sagt Headhunterin Bene.

Und der Fachkräftemangel hat nach Einschätzung von Personalexpertin Pfahls dazu geführt, dass Mitarbeiter mit ­wenig Berufserfahrung im Vergleich zu etablierten Arbeitnehmern vergleichsweise gut vergütet werden. „Aber das Gehalt ist nicht ­alles. Wir nehmen wahr, dass Mitarbeiter andere Werte in den ­Vordergrund stellen. Und ich denke, das kommt auch nach der ­Coronazeit mehr denn je zum Ausdruck: Flexibilität ist ein ganz wichtiges Thema für Arbeitnehmer.“

Vier-Tage-Woche im Homeoffice

Die Führungskraft eines deutschen Versorgungswerkes, die ihren Namen nicht in der Presse lesen möchte, berichtet gegenüber ­unserer Redaktion von der auch für sie schwierigen Suche nach Mitarbeitern – und den Wünschen mancher Bewerber, etwa der „Vier-Tage-Woche im Homeoffice“.

Sie beklagt: Die Kandidaten ­haben Angst vor Wohlstandsverlusten, obwohl sie auf dem Arbeitsmarkt gefragt sind. Die Führungskraft hofft nun, dass das Problem des knappen ­Arbeitsangebots durch die Digitalisierung etwas gemindert wird.

Die Versicherung Hallesche berichtet vor dem Hintergrund der ­Digitalisierung davon, dass sich die Arbeitsbedingungen durch Corona und Heimarbeit grundlegend verändert haben. „Durch das Homeoffice haben viele Mitarbeitende gemerkt, dass Nachhaltigkeit, Achtsamkeit und Work-Life-Integration für sie zu wichtigen Eckpfeilern ihrer beruflichen Arbeitswelt gehören.“

Durch die Veränderung in der Arbeitswelt seien viele einstige Benefits und ­Zusatzleistungen der Unternehmen plötzlich veraltet. „Wer braucht einen Früchtekorb, eine Happy Hour oder einen Tischkicker auf der Sonnenterrasse, wenn er zu Hause arbeitet? Genauso selten benötigt man im Homeoffice einen Dienstwagen“, so die Hallesche.

Für Unternehmen bedeutet das: Sie müssen sich für ihre ­jetzigen und künftigen Mitarbeitenden neu aufstellen. Gefragt seien bessere Benefits und Zusatzleistungen, die zur veränderten ­Arbeitswelt passen. Denn nur so ließen sich Mitarbeitende halten und neue gewinnen.

Britta Bene bringt beim Thema „Personalbindung“ noch einen anderen und den wohl wichtigsten Aspekt ins Spiel: „Das wertvollste Gut, das wir haben, ist unsere gesunde Zeit. Wenn man für ein Unternehmen arbeitet, gibt man ihm sein wertvollstes Asset. Dafür muss man kompensiert werden.“

Kompensation sei ein überaus vielschichtiges Thema. „Geld ist ein Element der Kompensation. Aber es ist eben nur ein Teil.“ Auf die Frage, welche Variablen für Bewerber außerdem von Bedeutung sind, antwortet die Expertin mit einer Fülle von Fragen: „Ist das Team groß oder klein? Ist es sehr kommunikativ? Ist das Büro schön? Ist das Büro nicht schön? Muss man viel reisen? Auch international? Lernt man viel? Bildet man sich weiter oder eher nicht? Und was bedeutet das dann? Und wie wertschätzt eine Person das für sich selbst?“

Bene weiß, dass sich die Antworten auf diese Fragen mit zunehmendem Alter verändern können. Ein junger Mensch mag vom vielen Reisen zunächst fasziniert sein. Ein Familienvater mit Mitte 30 sieht das womöglich ganz anders. „Letztendlich verändert sich also das Bedürfnis einer Person im Zeitverlauf mit der persön­lichen Situation“, sagt die Expertin. „Daher muss auch ein Kompensationsmix dynamisch sein.“

Gehalt und Benefits seien Teile davon. „Aber diese Elemente und Hebel, die man so ziehen kann, gehen nicht unbedingt an den Kern und die Frage, was macht ­einen Menschen in seinem Job glücklich und wie muss so ein Mensch für seine Zeit kompensiert werden?“ Das wiederum ist ein Thema, mit dem Bene sich künftig viel mehr auseinandersetzen möchte.

Von der Pike auf lernen

Der Fachkräftemangel ist definitiv da. Und Bewerber mit Expertise sind ebenso wie Talente rar gesät. Unternehmen sollten sich daher frühzeitig um Kandidaten ­bemühen. Zum Beispiel, indem sie vermehrt Praktika- und ­Trainee-Positionen anbieten. „Vielleicht auch das eine oder andere Forschungsprojekt“, sagt Personalexpertin Pfahls. Sie wünscht sich, dass Hochschulen und die Industrie ­enger zusammen­arbeiten.

Wenn es darum geht, Nachwuchs zu finden und zu fördern, setzen mehr und mehr Firmen auf ein duales Studium; Theorie- und ­Praxisphasen wechseln sich dabei ab. Duale Studenten sind ­direkt beim Unternehmen angestellt und erhalten von Studien­beginn an ein monatliches Gehalt. Zusätzlich zu ihrem Studium können sie beim Arbeitgeber wertvolle Praxiserfahrung sammeln und beruf­liche Netzwerke aufbauen, berichtet die ALH-Gruppe, deren Muttergesellschaften die Alte Leipziger Lebensversicherung a.G. und die Hallesche Krankenversicherung a.G. sind.

Die Versicherungsgruppe setzt das zweigleisige Ausbildungsmodell seit rund 40 Jahren ein und bietet mittlerweile sieben duale Studiengänge an. Zum Beispiel Betriebswirtschaftslehre kombiniert mit spezifischem Wissen aus der Versicherungsbranche. „Wie überall in der Wirtschaft spürt auch die ALH-Gruppe die demographische Entwicklung. Nachwuchs zu gewinnen, wird eine immer größere Herausforderung“, so Peter Klimmt. Nach Ansicht des Bereichsleiters Erstausbildung bei der ALH-Gruppe haben Arbeitgeber durch das duale Modell die Chance, akademisch qualifizierte Nachwuchskräfte für sich zu gewinnen, die sich schon im Betrieb auskennen.

Auch bei der Bayerischen Versorgungskammer, mit einem verwalteten Vermögen von rund 106,8 Milliarden Euro (Stand: Januar 2023) einer der größten institutionellen Investoren Europas, kann man ein duales Studium absolvieren. Darauf hat der ab 2013 amtierende Vorstandschef der „Kammer“, Daniel Just, in seinem Abschiedsinterview mit portfolio institutionell im Mai 2023 hingewiesen.

Die größte öffentlich-rechtliche Versorgungsgruppe Deutschlands bietet Interessierten die Studiengänge Dipl.-Verwaltungswirtin/Verwaltungswirt (FH) sowie Wirtschaftsinformatik (B. Sc.) an. „Unseren IT-Nachwuchskräften ermöglichen wir beispielsweise ein Duales Studium der Wirtschaftsinformatik an der Hochschule München, zudem haben wir eine Kooperation mit dem Lehrstuhl für Finanzmathematik an der TU München“, sagt Just, der sein Amt inzwischen an Nachfolger Axel Uttenreuther übergeben hat.

Eine Junior Investment Managerin der Versorgungskammer, die dort zuvor als ­Trainee tätig gewesen ist, berichtet im Netz von ihren Erfahrungen: „Da die BVK ein großer Player am Kapitalmarkt ist, ist auch das internationale Arbeitsumfeld sehr spannend. Als ­Trainee bekomme ich einen vielseitigen Einblick in die unterschiedlichen Asset-Klassen und die Unternehmensstruktur der BVK.“ An dieser Form von PR wird sehr deutlich: Investoren müssen für sich werben, um geeignete Bewerber zu finden.

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