Statement Artikel
27. März 2020

Wandelanleihen erhöhen Diversifikation

Nachdem die weltweiten Aktienmärkte in 2020 zunächst bereits das zwölfte Jahr in Folge eine Hausse einläuteten, verdeutlicht nun der sogenannte Corona-Crash Anlegern die Wichtigkeit von Absicherungen von Aktienportfolien umso schmerzhafter.

In den vergangenen zehn Jahren führte die Vermögenspreisinflation zu höheren Bewertungen fast aller Asset-Klassen, bis auf das Marktsegment der globalen, ausgewogenen Wandelanleihen, in dem nicht nur die Anzahl der Emittenten zunahm, sondern auch die Ausstattungsmerkmale einzelner Anleihen sehr attraktiv sind. Zusätzlich profitieren Wandelanleihen von erhöhter Volatilität und liefern Diversifikationsvorteile in Wachstumsbranchen.

Besondere Merkmale der Asset-Klasse Wandelanleihen

Wandelanleihen sind hybride Wertpapiere, die Eigenschaften sowohl von traditionellen Anleihen als auch von Aktien aufweisen. Ähnlich wie bei traditionellen Anleihen geben Unternehmen Wandelanleihen aus, mit der Verpflichtung, den Nominalbetrag bei Fälligkeit zurückzuzahlen. Der Anleger kann aber auch die Wandelanleihe bei Fälligkeit gegen Aktien des Unternehmens eintauschen. Angesichts dieser Option ermöglichen Wandelanleihen den Anlegern, an der positiven Entwicklung der Aktie zu partizipieren, während die Anleihekomponente vor Abwärtsrisiken schützt.

Auch wenn Wandelanleihen keine neue Asset-Klasse sind, wurde in den vergangenen Jahren ein erhöhtes Volumen von Neuemissionen beochbachtet. Das Jahr 2019 verzeichnete das höchste globale Emissionsniveau seit 2014, sowie den größten Umfang an US-Emissionen seit 2008. Ohne diesen Anstieg wäre der Wandelanleihemarkt heute nicht so ausgeglichen beziehungsweise würde keine attraktiven technischen Daten einzelner Titel aufweisen. Während sich europäische und US-amerikanische Hochzinsanleihenmärkte seit 2010 im Durchschnitt um 200 Basispunkte verengt haben und die jeweiligen Aktienmärkte eine deutliche Erhöhung des Kurs-Gewinn-Verhältnisses verzeichneten, verfügt der Markt ausgewogener Wandelanleihen nach wie vor über attraktive Bewertungsparameter: Die Prämien der zugrundeliegenden Aktien haben sich im gleichen Zeitraum von nur 28,5 auf 30,7 Prozent erhöht.

Vorteile von Wandelanleihen

Zusätzlich zur Tendenz, in fallenden Märkten nur unterdurchschnittlich an Wert zu verlieren und in Aufwärtsmärkten schnellere Gewinne zu erzielen, ermöglicht die Wandlungsoption den Anlegern, von einer erhöhten Volatilität zu profitieren. Anders als bei den meisten Asset-Klassen, in denen sie als Negativum empfunden wird, kann Volatilität die Bewertung einer Wandelanleihe erhöhen. Auch wenn dieses Phänomen in den vergangenen Jahren aufgrund der unterdurchschnittlichen Aktienvolatilität nicht erkennbar war, dürfte dieses Rendite-Potenzial in der Zukunft deutlicher werden.

Eine Allokation in Wandelanleihen kann auch dazu beitragen, die Branchen innerhalb eines Portfolios zu diversifizieren. Die Neuemissionen von Wandelanleihen konzentrierten sich in den vergangenen Jahren auf Technologie-, Gesundheits- und internetbezogene Konsumgüterunternehmen. Obwohl ein Großteil der globalen Aktienrenditen diesen Unternehmen zugeschrieben werden kann und ihre Fundamentaldaten nach wie vor positiv sind, besteht die berechtigte Sorge einer möglichen Überhitzung in diesen Branchen. Eine Allokation über Wandelanleihen anstelle von Aktien würde dem Anleger ein risikoadjustiertes Investment in weniger zyklische Unternehmen ermöglichen.

Fundamentales Bottom-Up Research wird wichtiger

Wie aus der Grafik hervorgeht, wird aktuell die Mehrzahl der globalen Wandelanleihen von den traditionellen Anleihe-Ratingagenturen nicht bewertet. Von 2002 bis 2019 ist der Anteil des nicht gerateten Segments am globalen Wandelanleihenmarkt von 19 auf 69 Prozent gestiegen. Auch wenn sicherlich einige dieser Emittenten kein Investment lohnen, sind wir bei Shenkman der Ansicht, dass gerade viele nicht geratete Unternehmen einerseits High-Yield-Qualitäten aufweisen und andererseits auch Investment-Grade-ähnliche Kennzahlen liefern. Die richtige Unternehmensauswahl ist daher eines der Schlüsselelemente beim Aufbau eines Wandelanleihen-Portfolios und fundamentales Bottom-Up-Reserach ist ausschlaggebend für dessen nachhaltigen Erfolg.

Der wichtigste Vorteil von Wandelanleihen — geringerer Wertverlust bei fallenden Aktienmärkten — funktioniert nur dann, wenn die zugrunde liegende Bonität unverändert bleibt. Bei Wandelanleihen von Emittenten mit sinkender Bonität und steigendem Konkursrisiko kann es vorkommen, dass der Kapitalschutz nicht greift. Da selbst einige mit Investment-Grade-Rating bewertete Emittenten in den vergangenen Jahren Bonitätsverluste hinnehmen mussten, führte dies zu zusätzlichem Risiko für die Anleger, die sich mehrheitlich auf Rating-Kategorien verlassen haben. Gleichzeitig schafft es jedoch auch Chancen für Investoren mit fundamentalem Research, die von derartigen Marktverschiebungen in beiden Segmenten (rated & non-rated) profitieren können.

Ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche fundamentale Analyse ist unserer Meinung nach der Kontakt zum Unternehmensmanagement sowie der Fokus auf transparente Kommunikation. Angesichts der Anzahl schnell wachsender und jüngerer Unternehmen auf dem Wandelanleihenmarkt, sind sowohl Unternehmensstrukturen als auch die Personaldecke häufig im Wandel. Ein regelmäßiger Austausch mit dem Management, Besuche vor Ort und Wettbewerbsbeobachtung sind wichtige Bestandteile der Analyse. In der Software- und Pharmaindustrie beispielsweise wird derzeit ein erhöhter Fokus auf den Vertrieb gesetzt, nach Jahren von Investitionen für Forschung & Entwicklung.

Das aktive Verfolgen der Unternehmenskulturentwicklung und das Prüfen von Mitarbeiter-Incentive-Programmen hilft, langfristig erfolgreichere Unternehmen zu identifizieren. Ein weiteres Beispiel der Vorteile eines fundamentalen Researchs ist die Titelselektion in Schwellenländern: Obwohl geografisch breit gestreut und teilweise intransparent, gibt es viele Unternehmen, die an Telefon- und Investorenkonferenzen teilnehmen sowie Einzelgespräche mit Analysten ermöglichen. Diese Art von Kontakten kann einem Wandelanleihemanager mit Fokus auf die Anleihenkomponente helfen, Titel zu identifizieren, die bei künftigen Aktienvolatilitäten einen echten anleiheähnlichen Kapitalschutz bieten.

Fazit

Wandelanleihen wurden in den vergangenen Monaten auf Basis ihrer Ausstattungsmerkmale immer attraktiver, trotz des starken Kursanstiegs traditioneller Vermögensklassen und bieten damit Investoren attraktive Möglichkeiten zur Risikodiversifikation. Dennoch sollte man bei der Titelauswahl nach wie vor vorsichtig sein. Shenkman Capital ist der Ansicht, dass eine aktive Managementstrategie, gestützt auf ein starkes, fundamentales Anleihe-Research bei gleichzeitiger Optimierung der technischen Daten von Wandelanleihen in volatilen Marktphasen der beste Ansatz ist, um die impliziten Vorteile der Asset-Klasse Wandelanleihen zu nutzen.

 

Volatilität unterstützt Wandelanleihen

Interview mit Jordan Barrow, CFA, Portfolio Manager, Shenkman Capital Management

Welche besonderen Merkmale weisen aktuelle Emissionen auf?

Der US-Markt bildet mit fast 60 Prozent des gesamten Emissionsvolumens die größte Region weltweit und besteht nach ICE Data Services aus 36 Prozent ertragsorientierten, 34 Prozent ausgewogenen und 30 Prozent aktienähnlichen Titeln. Im Gegensatz dazu findet man im japanischen und europäischen Markt 70 Prozent ertragsorientierte Titel. Die meisten Wandelanleihen sind nicht geratet, aber ihre Bonität reicht von Investment- bis Non-Investment-Grade.

Warum braucht ein Investor, der bereits Anleihen und Aktien hat, Wandelanleihen?

Einer der Vorteile von Wandelanleihen ist die positive Korrelation zur Volatilität. Nach einem jeweils kurzfristigen Anstieg der Volatilität des Dax und S&P500 performten Wandelanleihen in diesen Phasen besser. Wandelanleihen findet man meistens in Branchen, deren Unternehmen in der Regel ein höheres Wachstum aufweisen und die weniger zyklisch sind als der breite Markt. Wandelanleihen stellen weiterhin eine gute Absicherung von Aktienrisiken gegen künftige Volatilität dar und ermöglichen ein anleiheähnliches Investment in wachstumsstarken Branchen.

Wesentliches Argument für Wandler ist die Asymmetrie. Was können Gründe sein, dass es beim Schutz nach unten und bei der Partizipation nach oben doch hakt?

In fallenden Aktienmärkten kann die Bonitätsverschlechterung der Anleihe zu einer übermäßigen negativen Korrelation für die Wandelanleihe führen, da die Asymmetrievorteile der Wandelanleihe nur bei stabiler Bonität der Anleihe greifen. In der Vergangenheit gab es Fälle, in denen Wandelanleihen genauso von fallenden Kursen (downside capture) wie von steigenden Aktienkursen (upside capture) proftiert haben. Im Falle einer positiven Aktienmarkt-Partizipation spielt die Umwandlungsprämie (die Differenz des Preises einer Wandelanleihe und dem Konversionswert) eine große Rolle. Wenn die Ertragskomponente von Wandelanleihen zu hoch ist, kann diese nur begrenzt am Aufwärtspotenzial partizipieren. In solchen Fällen liefern Wandelanleihen-Strategien eine schlechtere Rendite als Anleihen- und Aktienportfolien.

Ist die Kommunikation über die Ausrichtung bei Wandlern besonders wichtig?

Die Performance-Attribution für Wandelanleihen kann sich in manchen Fällen auf einen Faktor konzentrieren. Daher sollten sich Manager und Anleger über die Ausstattungsmerkmale der Titel, sowie die Gewichtung einzelner Emittenten einig sein.

Welchen regulatorischen Vorteil bieten Convertibles für Solvency-II-Investoren?

Aufgrund des Kapitalschutzes von Wandelanleihen im Vergleich zu Aktien wird für Solvency II Berechnungen ein Downside-Stresstest durchgeführt. Dieser führt zu unterproportionalen Anforderungen an die Eigenkapitalunterlegung verglichen mit Aktien, ohne jedoch auf die „upside capture“ zu verzichten.

Was sind für 2020 besonders wichtige Faktoren? Die Volatilität, Zahl und Bonität der Emittenten, der Aktienmarkt?

Ein großes Universum von kreditwürdigen Emittenten ist einer der wichtigsten Faktoren für Asset Manager. Selbst Wandelanleihen ohne attraktive technische Daten können bei künftigem Ertragspotential beziehungsweise zu erwartenden Kursschwankungen des Aktienmarktes investierbar werden.

Grundsätzlich bestimmen Aktienmärkte die Renditen von Wandelanleihen, jedoch haben wir in Zeiten steigender Volatilität beobachtet, dass Wandelanleihen sowohl fallende als auch steigende Aktienmärkte schlagen können.

Convertibles werden von großen Asset Managern und von spezialisierten Boutiquen gemanagt. Was spricht für wen?

Unserer Meinung nach konzentrieren sich große Manager häufig auf die Aktienanalyse, während sich Boutiquen mehr mit den technischen Komponenten der Wandelanleihe beschäftigen. Bei Shenkman sind wir überzeugt, dass ein erfahrenes Research Team, das eigene, fundamentale Kreditanalyse mit externer Aktienbewertung verbindet, die größten Erfolgschancen bietet.

Was ist Ihre Benchmark?

Unsere Performance-Benchmark ist der Thomson Reuters Global Focus Index. Der beste Erfolgsmaßstab für Wandelanleihen ist unserer Einschätzung nach aber der Renditevergleich mit traditionellen Anleihe- und Aktienmärkten, da diese das tatsächliche Anlageuniversum eines Investors abbilden.

Ist wie bei Unternehmens- auch bei Wandelanleihen die Liquidität kritisch?

Nachdem Händler die Möglichkeit besitzen, ihre Position in Wandelanleihen mit entsprechenden Gegenpositionen in Aktien abzusichern, ist die Liquidität auf dem Wandelanleihemarkt deutlich höher als in den traditionellen Anleihemärkten.

 

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